Die vier Adventsonntage bereiten auf das Kommen von Jesus vor, dessen Geburt zu Weihnachten gefeiert wird. Immer mehr wird dieser eigentliche Sinn von Advent und Weihnachten vergessen.
Die vier Adventsonntage bereiten auf das Kommen von Jesus vor, dessen Geburt zu Weihnachten gefeiert wird. Immer mehr wird dieser eigentliche Sinn von Advent und Weihnachten vergessen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 27. November 2016 (Mt 24,37-44)
Heute beginnt der Advent. Die Weihnachtsmärkte haben an vielen Orten bereits Mitte November geöffnet. Aber heute fängt wirklich der Advent an. „Advent“ kommt aus dem Lateinischen und heißt „Ankunft“. Groß ist inzwischen die Verwirrung über den Sinn des Advent. Was oder wer soll ankommen? Die Antwort war früher allen klar: Die vier Adventsonntage bereiten auf das Kommen von Jesus vor, dessen Geburt zu Weihnachten gefeiert wird. Immer mehr wird dieser eigentliche Sinn von Advent und Weihnachten vergessen. Übrig bleiben das Weihnachtsgeschäft, die Geschenke und die Adventstimmung – und meistens eine recht hektische Zeit, unter der viele stöhnen.
Das Evangelium vom ersten Adventsonntag spricht von einer ganz anderen Ankunft: „Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“ Jesus hat sich selber oft als „Menschensohn“ bezeichnet. Meist nennt er sich so, wenn er von einer anderen Ankunft spricht. Nicht von Weihnachten, seiner Geburt, sondern von seiner „Wiederkunft“, seinem letzten, endgültigen Kommen.
Dieser „zweite Advent“ ist alles eher als gemütlich. Er kündigt sich an durch dramatische Ereignisse, Kriege, Erdbeben, Naturkatastrophen. Aber gleichzeitig sagt Jesus, dass sich sein zweites Kommen nicht voraussagen lässt. Keiner kennt den Tag und die Stunde. Wann Weihnachten kommt, wissen wir alle. Es steht fest im Kalender. Wann Christus wiederkommt, weiß niemand.
Die frühen Christen haben diesen Tag „X“ schon bald erwartet. Sie dachten, es werde nicht lange dauern, bis Christus wiederkommt. Als aber eine Generation nach der anderen verging, begannen viele zu zweifeln, ob das überhaupt stimmt mit der Ankündigung des zweiten und endgültigen Advent.
Deshalb warnt Jesus. Er vergleicht den Tag seines Wiederkommens mit einem Dieb. Kein Dieb kündigt an, wann er einbrechen und stehlen wird. Deshalb müssen wir wachsam sein, damit der Dieb uns nicht überrascht. Jesus hat im Voraus davor gewarnt: Lebt nicht unbekümmert in den Tag hinein! Das taten die Menschen zur Zeit des Noach. Sie gingen ihrem Leben nach „und ahnten nichts, bis die Flut hereinbrach und alle hinwegraffte“. Daher rät Jesus: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.“
Will Jesus Panik verbreiten? Ist das Angstmache? Wir können doch nicht ständig in Alarmbereitschaft sein. Dass muss die Feuerwehr. Und auch die Rettung. Dazu sind sie da. Aber in unserem Alltag? Alle gehen ihrer Arbeit nach, leben ihr Leben. Was heißt da wachsam sein? Die vielen Nachrichten von Einbrüchen und Überfällen sorgen schon genug für Unruhe und Sorge.
Wie lernen wir die Wachsamkeit, von der Jesus spricht? Mir kommt da ein Wort in den Sinn, das ein Onkel uns Kindern gesagt hat und das ich nie vergesse: „Nehmt nichts als selbstverständlich!“ Wie wahr! Nichts ist selbstverständlich, Gesundheit, Arbeit, Frieden, Wohlergehen. Also: Für alles immer wieder danken! Das macht wachsam. Und bereit für den Tag, da Gott an unsere Tür klopft.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
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