Jesus löst unsere Zweifel nicht durch irgendwelche Schauwunder. Aber wer sich auf ihn und seinen Weg einlässt, dessen Zweifel werden sich lösen wie der Nebel in der Sonne.
Jesus löst unsere Zweifel nicht durch irgendwelche Schauwunder. Aber wer sich auf ihn und seinen Weg einlässt, dessen Zweifel werden sich lösen wie der Nebel in der Sonne.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 11. Dezember 2016 (Mt 11,2-11)
Zweifel kann plagen. Zweifel an einer Entscheidung. War sie richtig? Zweifel an einer Person. Ist sie zuverlässig? Zweifel an Gott. Hat er mich verlassen. Habe ich mich getäuscht? Hat Gott mich enttäuscht? Wenn solche Zweifel in unserer Seele aufkommen, kann das wie ein nagender Schmerz sein.
Wie aber muss der Zweifel im Herzen des Johannes des Täufers gebrannt haben! Er war im Gefängnis. Aus Rache und böser Willkür wurde er eingesperrt. Er hatte den Mut gehabt, für die Wahrheit einzutreten. Dem König hatte er offen ins Angesicht widerstanden, weil er sich die Frau seines Bruders „geschnappt“ hatte. Johannes war beim Volk überaus beliebt. Die Menschen hielten ihn für einen Propheten. Sein Leben war ganz glaubwürdig. Seine Predigt bewegte, erschütterte die Scharen. Alle ließen sich von ihm taufen, viele bekehrten sich. Aber alles Bemühen des Johannes galt nur einem: dem, der nach ihm kommen sollte. Ihm wollte er den Weg bereiten. Denn er werde der wahre Befreier, der Messias sein. Johannes sah sich als Wegbereiter für Jesus.
Und nun ist Jesus da. Und Johannes im Gefängnis. Und da befällt ihn der schreckliche Zweifel: habe ich mich getäuscht? Habe ich mich von Gott täuschen lassen? Und in seiner Not schickt er seine Anhänger zu Jesus mit der direkten Frage: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?
Was löste diesen dramatischen Zweifel im Herzen des Johannes aus? Was kann bei uns, bei mir, Zweifel an Gott, Zweifel an Jesus auslösen? Offensichtlich immer wieder dasselbe! Warum schweigt Gott zu unserer Not? Wo ist Jesu Macht, wenn es mir schlecht geht? Warum tritt Jesus nicht entschiedener auf? Warum befreit er mich nicht aus dem Kerker? Vielleicht hat diese Frage den Johannes geplagt. Warum darf ein König Herodes ihn ins Gefängnis werfen, und Jesus tut nichts, um ihn daraus zu befreien?
Und nun wird uns deutlich, dass nicht nur Johannes solche Zweifel an Jesus hatte. Auch die engsten Begleiter Jesu hatten damit zu kämpfen. Warum macht ihr Meister nicht mehr aus seinem Erfolg? Warum nützt er ihn nicht, um die Macht zu ergreifen? Sollte er nicht auf Erden Ordnung schaffen? Alle Apostel haben sich an Jesu scheinbarer Ohnmacht und Untätigkeit gestoßen. Musste man sich da nicht fragen, ob auch Jesus selber nur ein weiterer Vorläufer war, für einen wirklich Starken, der dann endgültig alles ins Lot bringt?
Der Islam geht davon aus, dass Jesus zwar ein großer Prophet war, aber eben doch nicht „der da kommen soll“. Erst mit dem Koran und Mohammed sei dann die endgültige Antwort Gottes gegeben worden.
Hat Jesus dem zweifelnden Johannes eine befriedigende Antwort gegeben? Es ist dieselbe Antwort, die er auch auf unsere Zweifel gibt: „Geht und berichtet dem Johannes, was ihr seht und hört!“ „Sehen, was Jesus tut, und hören, was Jesus sagt, ist der einzige Weg, der zum Glauben führt“ (Adolf Schlatter). Hinschauen, hinhören! Jesus löst unsere Zweifel nicht durch irgendwelche Schauwunder. Aber wer sich auf ihn und seinen Weg einlässt, dessen Zweifel werden sich lösen wie der Nebel in der Sonne.
In jener Zeit hörte Johannes im Gefängnis von den Taten Christi. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten? Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten. Er ist der, von dem es in der Schrift heißt: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. Amen, das sage ich euch: Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.
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