Seit Gott im Stall von Bethlehem als Kind geboren wurde, ist kein Mensch auf der Flucht, keiner, der kein Dach über dem Kopf hat, für Gott ein Fremder.
Seit Gott im Stall von Bethlehem als Kind geboren wurde, ist kein Mensch auf der Flucht, keiner, der kein Dach über dem Kopf hat, für Gott ein Fremder.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium, 24. Dezember 2016 (Lk 2,1-14)
Die Weltpolitik schiebt die Menschen hin und her und fragt nicht, wie es dabei dem Einzelnen ergeht. Das ist heute so, das war damals nicht anders, als Joseph und Maria sich auf die mühsame Reise nach Bethlehem machen mussten, weil der Kaiser seine Kassen mit dem Steuergeld der unterworfenen Völker füllen wollte.
Die Winterreise von Nazareth nach Bethlehem war alles eher als bequem. Und die große Politik fragte nicht, ob das für eine hochschwangere Frau der beste Moment war.
An diesem Weihnachten kann ich nicht anders, als an die Ähnlichkeit von damals und heute zu denken. Wieder ist es die Weltpolitik, die Millionen Menschen zur Flucht nötigt, weil die Mächtigen dieser Welt ihre Konflikte auf dem Rücken der Kleinen und Wehrlosen austragen. Macht, Erdöl, Geld und Waffen sind wichtiger als das Wohl zahlloser Menschen, Kinder und Ältere, Familien und Freunde. Kriege ohne Ende, weil die Interessen der Großen mehr zählen als das Wohl von Menschen, die einfach in Frieden leben wollen.
In eben diese Welt wollte Gott selber kommen. Das ist das Neue, Überwältigende am Geschehen der Weihnacht. Gott lässt sich herumschieben wie die Flüchtlinge heute, die über Meere gefahrvoll die Freiheit suchen, um dann von Land zu Land abgeschoben zu werden, weil nirgendwo für sie ein Platz ist. Der Kaiser befiehlt – und das Kind, das Maria unter ihrem Herzen trägt, kann nicht zu Hause zur Welt kommen, sondern irgendwo unterwegs, zufällig in einem Stall, in einem Futtertrog als Bettchen, weil sonst kein ordentlicher Platz zu finden war.
So kommt Gott in diese Welt, und seit Gott im Stall von Bethlehem als Kind geboren wurde, ist kein Mensch auf der Flucht, keiner, der kein Dach über dem Kopf hat, für Gott ein Fremder. Gott selbst hat sich wirklich arm gemacht, hat auf alle Macht und allen Glanz der Großen verzichtet. Mit Nichts ist er in diese Welt gekommen. Arme Hirten sind die ersten, die ihn verehren, weil sie sich nicht schrecken vor so viel Armut.
Doch genau über dieser Not von Bethlehem tut sich der Himmel auf. Den Hirten, die Nachtwache halten bei ihren Herden, leuchtet helles Licht auf. „Die Herrlichkeit des Herrn“ zeigt sich ihnen. Nicht in weltlichem Prunk und irdischer Macht, sondern als eine Freude, die in ihren dunklen Alltag hineinstrahlt. „Ich verkünde euch eine ganz große Freude: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, Christus, der Herr.“
Und nun das Erstaunliche: Diese große Ankündigung wird mit einem Zeichen verknüpft: „Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ Diese einfachen Hirten fanden es dann auch so, wie der Engel es gesagt hatte: ein Kind in einem Futtertrog.
Wer Weihnachten wirklich erleben will, muss sich auf diese „Logik“ Gottes einlassen. Auch heute ist er dort zu finden, wo Menschen von den Mächten dieser Welt hin- und hergeschoben werden. Gott ist in dem armen Kind in der Krippe unter uns erschienen. Wer ihn dort sucht, über dem wird der Himmel heute Nacht offenstehen.
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In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.
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