Ich glaube, da liegt der Schlüssel zum Verstehen, warum Jesus über seine Misserfolge nicht bitter geworden ist. Das Geheimnis seiner Freude liegt in seinem Herzen: „Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig.“
Ich glaube, da liegt der Schlüssel zum Verstehen, warum Jesus über seine Misserfolge nicht bitter geworden ist. Das Geheimnis seiner Freude liegt in seinem Herzen: „Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig.“
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 9. Juli 2017 (Mt 11,25-30).
Enttäuschungen können bitter machen. Wer viel Ablehnung erfährt, ist in Gefahr, sich selber abzulehnen. Wer anderen Gutes tut und dafür nur Kritik erlebt, kann mit der Zeit zum Menschenfeind werden. In jedem Leben gibt es negative Erfahrungen. Die Frage ist immer, wie wir mit ihnen umgehen, ob sie uns selber zu einer negativen Einstellung bringen, oder ob es uns gelingt, sie irgendwie positiv zu verarbeiten, ohne durch sie bitter zu werden.
Das heutige Evangelium zeigt uns auf besonders eindrucksvolle Weise, wie Jesus mit negativen Erlebnissen umgegangen ist, wie er sie in positive Kraft umgewandelt hat.
Jesus hatte damals sehr schmerzliche Erfahrungen gemacht. Er hat in den Städten und Dörfern um den See Genesareth so vielen Menschen Gutes getan. Kranke hat er geheilt, sogar Tote zum Leben erweckt, und überall hat er von der Güte Gottes gesprochen, vom Verzeihen, von der Barmherzigkeit, und vor allem, dass es auf die Liebe ankommt und nicht auf ein äußerliches Erfüllen aller Vorschriften. Die Menschen kamen in Scharen, aber die besonders Frommen, die Pharisäer und die „Fachleute der Religion“, die Schriftgelehrten, lehnten Jesus ab, ja sie begannen ihn zu hassen. Am liebsten hätten sie ihn schon damals umgebracht.
Diese Ablehnung hat Jesus geschmerzt. Im Abschnitt vor dem heutigen Evangelium kommt zum Ausdruck, wie traurig und zornig Jesus über die Herzenshärte der Menschen war. Aber das hat ihn nicht bitter gemacht. Im Gegenteil. In seinen Worten ist tiefe Freude zu spüren. Etwas Strahlendes und Zuversichtliches klingt durch sein Gebet, das er an Gott richtet: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde.“ Und der Grund seiner Freude? Weil Gott „all das den Weisen und Klugen verborgen“ hat. Die, die alles besser wissen, verstehen ihn nicht. Die Obergescheiten und die Überfrommen stoßen sich an ihm. Gott selber hat vor ihnen verborgen, was die einfachen Leute verstehen. Darüber freut sich Jesus. Dafür dankt er Gott. Die „Unmündigen“ verstehen, was den „Klugen und Weisen“ verhüllt bleibt.
Wer sind diese „Unmündigen“? Muss man ungebildet sein, um Jesus zu verstehen? Nicht die Bildung hält Menschen von Jesus ab, sondern die Einbildung. Wer von sich selbst so überzeugt ist, dass er die anderen verachtet, der wird schwer Zugang finden zu Jesus. Gott selber öffnet die Herzen für das, was Jesus will. Aber er öffnet die Herzen, die ehrlich suchen. Und verschließt die Herzen, die nur für sich selber leben und nur um sich selber kreisen.
Ich glaube, da liegt der Schlüssel zum Verstehen, warum Jesus über seine Misserfolge nicht bitter geworden ist. Das Geheimnis seiner Freude liegt in seinem Herzen: „Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig.“ Und er verspricht allen, die sich ihn zum Vorbild nehmen: „Ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“ Was können wir von Jesus lernen, um über Enttäuschungen nicht bitter zu werden? Jesus hat alles Gute, aber auch alles Negative, das er erlebt hat, aus Gottes Hand angenommen. Und darin hat er seinen Herzensfrieden gefunden. Und deshalb kann er alle, die Not und Leid zu tragen haben, einladen, bei ihm Frieden zu suchen: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.“ Alleine werden wir mit den Enttäuschungen des Lebens nicht fertig. Mit Jesus kommen Frieden und Freude ins Leben.
In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.
Mehr über Kardinal Christoph Schönborn