Kann unser Bitten und Beten bei Gott etwas erreichen? Jesus hat sich durch Bitten umstimmen lassen. Das heutige Evangelium ist dafür ein berührendes Beispiel.
Kann unser Bitten und Beten bei Gott etwas erreichen? Jesus hat sich durch Bitten umstimmen lassen. Das heutige Evangelium ist dafür ein berührendes Beispiel.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 20. August 2017 (Mt 15, 21-28)
Kann unser Bitten und Beten bei Gott etwas erreichen? Die Frage mag überraschen. Beten heißt doch Gott um etwas bitten. Zum Beispiel um Gesundheit bei schwerer Erkrankung. Oder um Hilfe in großer materieller Not. Oder um gutes Gelingen in einer schwierigen Situation. Seit jeher beten Menschen zu Gott um Hilfe. Aber genau das wird auch immer wieder in Frage gestellt. Ist es etwa sinnvoll, um gutes Wetter zu beten? Oder um Regen? Dann beten die einen um Sonnenschein und die anderen um Niederschlag. Ist Gott eine Art Wettergott, der je nach Laune das Barometer steigen oder fallen lässt? Wird das nicht alles einfach von der Natur geregelt? Und all unser Bitten um Gesundheit, Glück und Wohlergehen, hängt das nicht mehr vom Zufall, von unserem eigenen Bemühen oder einfach vom Schicksal ab? Kann unser Beten den Lauf der Dinge ändern?
Eines ist sicher: Unser Bitten kann Menschen umstimmen. Meine Bitte kann das Herz der anderen bewegen. Ein glaubwürdiger Bettler kann mich umstimmen. Eigentlich wollte ich nichts geben. Seine Not hat meine Einstellung geändert und entgegen meiner ursprünglichen Absicht, ihm nichts zu geben, öffne ich meine Geldbörse und gebe ihm das Erbetene.
Jesus hat sich durch Bitten umstimmen lassen. Das heutige Evangelium ist dafür ein berührendes Beispiel. Jesus ist mit seinen Jüngern im heidnischen Gebiet am Mittelmeer, den Hafenstädten Tyros und Sidon. Er will eigentlich unbekannt bleiben. Aber eine heidnische Frau dieser Gegend erkennt ihn und beginnt, ihn mit Bitten zu bestürmen, nicht für sich, sondern für ihre leidende Tochter.
Jesus will ganz offensichtlich nicht. Er gibt ihr keine Antwort. Die Begleiter Jesu scheinen barmherziger. Sie bitten Jesus, ihr doch zu helfen. Jesus weist sie ab. Es sei nicht sein Auftrag, sich auch noch um die Heiden zu kümmern. Seine Sendung sei es, sich nur um die Juden, um sein eigenes Volk zu kümmern.
Die Frau lässt nicht locker. Sie wird richtig lästig, aufdringlich. Jesus wird noch klarer. Barsch und fast brutal weist er sie ab mit einem beleidigendem Wort: „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.“ Er nennt die Heiden mit dem Schimpfwort „Hunde“! Eigentlich nicht das, was wir von Jesus erwarten würden. Selbst jetzt lässt sich die energische Frau nicht entmutigen. Sie regt sich nicht über die unfreundliche Haltung Jesu auf. Im Gegenteil: Sie gibt ihm Recht. Ja, Brot ist für die Kinder, nicht für die Hunde! Aber die Brotreste, die unter den Tisch fallen, die dürfen die Hunde doch essen!
Sie hat Jesu Herz berührt. Er ist von ihrem Zutrauen, ihrem Mut und ihrem Nicht-Lockerlassen beeindruckt. Er ändert seine abweisende Haltung. Sie bekommt um was sie bittet. Ihre Tochter ist geheilt! Und Jesus lobt ihren Glauben. Warum soll das mit Gott nicht auch so sein? Könnte Gott nicht Freude haben an unserem Vertrauen? Vielleicht war Jesus in seinem Herzen gar nicht so abweisend. Vielleicht wollte er nur das Vertrauen dieser Frau herausfinden. Wer bittet, vertraut. Beten heißt ja einfach: auf Gott vertrauen und alles in seine Hand legen!
In jener Zeit zog Jesus sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Befrei sie von ihrer Sorge, denn sie schreit hinter uns her. Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. Da entgegnete sie: Ja, du hast Recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen. Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.
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