"Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!"Jesus lässt sich eine Münze zeigen, einen Denar der damaligen Währung. Sie zeigt Bild und Namen des Kaisers. (Bild: Silber-Denar des Augustus, Zeitenwende)
"Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!"Jesus lässt sich eine Münze zeigen, einen Denar der damaligen Währung. Sie zeigt Bild und Namen des Kaisers. (Bild: Silber-Denar des Augustus, Zeitenwende)
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 22. Oktober 2017 (Mt 22,15-21)
Für uns ist es selbstverständlich, dass Politik und Religion zu unterscheiden sind. Staat und Kirche sind getrennt. Es gibt viele Bereiche, wo sie zusammenarbeiten. Aber sie dürfen nicht verwechselt oder vermischt werden. „Eine freie Kirche im freien Staat“, so lautet die berühmte Formel des Katholikentages von Mariazell 1952. Zu schmerzlich waren die Erinnerungen an die Zwischenkriegszeit, als Politik und Religion, Staat und Kirche zu eng verknüpft waren. Aber auch die andere Gefahr war noch allen in Erinnerung: die blutige Verfolgung der Religion durch den totalitären Hitler-Staat.
Wie ist das Verhältnis von Religion und Politik richtig zu bestimmen? Die Diskussion wird stark angeheizt durch die Frage, wie der Islam mit diesem Verhältnis umgeht. Die Religion soll das Leben prägen, aber es nicht durch den Staat beherrschen wollen. Denn zur Religion gehört an oberster Stelle die Freiheit des Gewissens. Kein Staat darf Menschen zum Glauben zwingen oder sie am Glauben hindern. Kein Staat darf den Menschen vorschreiben, welchen Glauben sie haben müssen. Und die Religion darf nicht versuchen, dem Staat ihre Sichtweise vorzuschreiben. Was uns heute als selbstverständlich erscheint, ist es bei weitem nicht.
Kein Wort hat mehr Einfluss auf diese Sicht gehabt als das berühmte Wort Jesu im heutigen Evangelium: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ Erinnern wir uns an den Zusammenhang. Man will Jesus eine Falle stellen: Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht? Jesus erkennt ihre List und stellt sie bloß. Er lässt sich eine Münze zeigen, einen Denar der damaligen Währung. Sie zeigt Bild und Namen des Kaisers. Für einen gläubigen Juden waren Bilder von Personen verboten. Denn die Bibel hatte ein strenges Bilderverbot gelehrt. Dennoch benutzten die Menschen damals die römische Währung mit dem Bild des Kaisers, so wie es auch bei uns auf den Geldmünzen üblich war. Also gebt das Geld dem Kaiser, dessen Bild es trägt!
Und was bedeutet „Gebt Gott, was Gott gehört“? Die Bibel gibt auf der ersten Seite die Antwort. Bei der Erschaffung des Menschen sagt Gott: „Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich!“ Wir sind als Gottes Bild erschaffen, sind sein Abbild. Was sollen wir Gott geben? Uns selber! Denn wir gehören Gott, und nicht dem Kaiser. Der Kaiser mag unsere Steuern kassieren, aber unsere Seelen gehören nicht ihm, sondern Gott.
Mit diesem Wort hat Jesus die Unterscheidung in die Welt gebracht, von der wir heute unsere Freiheit haben: Dem Kaiser müssen wir unsere Steuern zahlen, und seinem Nachfolger, dem Staat. Aber auf unsere Seelen hat kein Herrscher, kein Regime, keine Regierung einen Anspruch. Jesus lehrt, dass wir die achten sollen, die uns regieren. Wir sollen für sie beten, damit wir eine gute Regierung haben, die das Wohl aller fördert. Aber anbeten dürfen wir nur Gott. Und keine irdische Macht darf sich an Gottes Stelle setzen wollen. Mit einem einfachen Wort hat Jesus das klargestellt. Es hat Weltgeschichte gemacht.
In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
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