Es geht im Advent auch um das Ende der Zeit, die zweite Ankunft Christi, sein anderes, letztes Kommen. Da geht es nicht mehr um die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem, sondern um das Ende der Welt.
Es geht im Advent auch um das Ende der Zeit, die zweite Ankunft Christi, sein anderes, letztes Kommen. Da geht es nicht mehr um die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem, sondern um das Ende der Welt.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 3. Dezember 2017 (Mk 13,24-37)
Überall hat der Advent bereits begonnen. Längst sind die Weihnachtsmärkte in Betrieb. Punschstände, Weihnachtsbeleuchtung, geschäftiges Treiben. Dass der Advent das Geburtsfest Jesu vorbereitet, wird dabei fast vergessen. Advent heißt Ankunft. Um Jesu Kommen geht es. Seine Geburt in Bethlehem ist der Anfang unserer Zeitrechnung. Das zweitausendsiebzehnte Jahr seit Christi Geburt geht seinem Ende entgegen.
Es geht aber auch um einen anderen Advent. Von ihm spricht das Evangelium des heutigen ersten Adventsonntags. Es geht um das Ende der Zeit, die zweite Ankunft Christi, sein anderes, letztes Kommen. Da geht es nicht mehr um die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem, sondern um das Ende der Welt. Wir wissen, wann Weihnachten ist. Wir wissen nicht, wann der andere, der zweite Advent sein wird.
Vom Weltuntergang wird seit eh und je gesprochen. In allen Generationen gab es „Propheten“, die das Ende der Welt angekündigt haben. Manche meinten, genaue Zeitangaben machen zu können. Bisher hat keine gestimmt. Jesus ist da anders. Er hat zwar immer wieder vom Ende der Welt gesprochen, auch von seinem Wiederkommen. Er hat es aber immer strikt abgelehnt, genaue Zeitangaben zu machen: „Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.“ Gott allein weiß, wann diese Weltzeit zu Ende sein wird. Daher sollten wir uns vor „Prophezeiungen“ hüten, die alles genau zu wissen behaupten, was da kommen wird.
Aber Jesus nennt doch Zeichen, die auf das Ende der Welt hindeuten. Wie ist das zu verstehen? Er spricht von großen Kriegen, „Volk gegen Volk“, von kosmischen Katastrophen. Er gebraucht dafür den Vergleich mit dem Feigenbaum: „Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr alles das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.“
Wie nahe ist das Ende? Steht es schon vor der Tür? Eines ist sicher: Kosmische Katastrophen können jederzeit über uns hereinbrechen. Der Ausbruch eines Riesenvulkans kann unermessliche Folgen für uns alle haben. Ein Atomkrieg kann ganze Länder vernichten, ganze Kontinente vergiften. Ist also Angst angesagt? Verbreitet Jesus Weltuntergangsstimmung?
Jesu Antwort ist erfrischen nüchtern, wohltuend vernünftig: „Seht euch also vor, und bleibt wach!“ Nicht Panik, sondern Wachsamkeit. Keine Angstmache, sondern Bereitschaft.
Wir wissen nicht, wann die Welt untergeht. Wir wissen auch nicht, wann unsere Stunde schlägt. Niemand ist gegen Unerwartetes gewappnet. Aber wach sein, das ist uns allen möglich. Wach sein – worauf? Natürlich sollen wir aufpassen, dass uns nichts passiert. Aber Jesus meint ein anderes Wachsein. Um dieses geht es im Advent. Einmal hat Jesus gesagt: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Achtsam sein auf die leisen Klopfzeichen Gottes in meinem Leben: Das ist der eigentliche Sinn des Advent.
Jesus sprach zu seinen Jüngern: In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!
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