Es gibt nicht nur das Böse, sondern auch den Bösen, den Versucher und Verführer. Manche spotten darüber und halten den Teufel für eine Erfindung der Menschen. Ich vertraue hier mehr der Bibel, die oft von dieser dunklen Wirklichkeit spricht.
Es gibt nicht nur das Böse, sondern auch den Bösen, den Versucher und Verführer. Manche spotten darüber und halten den Teufel für eine Erfindung der Menschen. Ich vertraue hier mehr der Bibel, die oft von dieser dunklen Wirklichkeit spricht.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Fest Maria Empfängnis am 8. Dezember 2017
Seit Urzeiten rätseln wir Menschen, warum es das Böse gibt, wo es herkommt, wie es in die Welt kam. Und seit jeher sehnen wir uns danach, dass das Gute siegt, und nicht das Böse herrscht. Der Kampf gegen die vielen Übel dieser Welt scheint aussichtslos zu sein. Kaum ist ein Übel besiegt, zeigen sich unerwartet neue Übel. Ein Beispiel: Endlich ist es gelungen, dank der modernen Chemie, massiv Pflanzenschädlinge zu bekämpfen. Das hat zur enormen Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge geführt. Das hilft, Hungersnöte zu vermeiden. Doch bringt dieser Fortschritt neue Übel: Vergiftung der Böden, Gefährdung der Gesundheit. Es sieht wie eine unausweichliche Spirale aus: Wir kämpfen für das Gute, aber die Übel wachsen wie Unkraut nach.
Noch rätselhafter ist die Frage, woher die Neigung zum Bösen im eigenen Herzen kommt. Der heilige Paulus listet eine ganze Serie von solchen Haltungen auf, die alle aus dem menschlichen Herzen entspringen: „Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Egoismus, Spaltungen, Parteiungen, Neid, Missgunst…“ Niemand wird leugnen können, dass alle diese Übel in unserer Welt reichlich vorhanden sind, und dass wir alle ein wenig daran Anteil haben.
Woher kommt das Böse? Die Bibel antwortet auf diese Frage mit den kräftigen Bildern vom „Sündenfall“. Adam und Eva im Paradies, der verbotene Baum, die verführerische Schlange, die verlockende Frucht, der Biss in den Apfel und das bittere Erwachen nach der sündigen Tat. Diese Bilder haben sich tief eingeprägt. Was sagen sie über den Ursprung des Bösen?
Zuerst, dass wir uns verstecken, wenn wir Böses getan haben. Scham folgt auf die Schuld. Wir erröten, wenn wir ertappt werden. Schlimm wird es, wenn Menschen schamlos Böses tun. Oder wenn sie so verblendet sind, dass sie Böses für gut halten, wie etwa die Selbstmordattentäter, die glauben, dafür noch das Paradies zu verdienen.
Die zweite Folge böser Taten ist der Versuch, die Schuld auf andere zu schieben und sich selber für unschuldig zu erklären. Adam beschuldigt Gott, weil er ihm die Frau gegeben hat, die ihn verführt hat. Dieses Spiel treiben wir bis heute: Immer sind die anderen schuld!
Ein Drittes sagt der alte Text der Bibel: Es gibt nicht nur das Böse, sondern auch den Bösen, den Versucher und Verführer. Manche spotten darüber und halten den Teufel für eine Erfindung der Menschen. Ich vertraue hier mehr der Bibel, die oft von dieser dunklen Wirklichkeit spricht. Mit dem Bild der verführerischen Schlange sagt die Bibel: Der Mensch ist nicht alleine schuld an all dem Bösen in der Welt. Es gibt die Macht des Bösen. Sie ist kräftig am Werk!
Doch was hat das alles mit Maria und dem heutigen Fest zu tun? Heute geht es um den Tag ihrer Empfängnis durch Joachim und Anna, ihre Eltern, neun Monate vor ihrer Geburt am 8. September. Die Anfänge der Menschheit liegen im Dunkel der Urgeschichte. Am Anfang, so sagt die Bibel, steht Eva, „denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen“. In dieser Geschichte voll Leid und Tränen setzt Gott einen Neuanfang, wieder durch eine Frau, Maria, die die Mutter Jesu wurde. Diese Frau wird überall in der Welt geliebt und verehrt. Viele suchen ihre Hilfe. Noch ist die alte Last des Bösen nicht überwunden. Aber der Name Marias ist die Hoffnung, dass das Böse nicht das letzte Wort hat.
Nachdem Adam von Baum gegessen hatte, rief Gott, der Herr, ihm zu und sprach: Wo bist du? Er antwortete: Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Adam antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben, und so habe ich gegessen. Gott, der Herr, sprach zu der Frau: Was hast du da getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt, und so habe ich gegessen. Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf, und du triffst ihn an der Ferse. Adam nannte seine Frau Eva - Leben -, denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen.
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