"Simeon sieht in diesem Kind armer Eltern die Erfüllung seiner Hoffnung. Er nennt ihn „ein Licht, das die Heiden erleuchtet“. Jesus wird allen Völkern das Licht der Erlösung bringen", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Simeon sieht in diesem Kind armer Eltern die Erfüllung seiner Hoffnung. Er nennt ihn „ein Licht, das die Heiden erleuchtet“. Jesus wird allen Völkern das Licht der Erlösung bringen", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 31. Dezember 2017.
Der letzte Tag des Jahres fällt heuer auf einen Sonntag. Die Kirche feiert den Sonntag nach Weihnachten als Fest der Heiligen Familie, Jesus, Maria und Joseph. Und mit der Heiligen Familie geht es auch um alle Familien. Was macht eigentlich die Familie aus? Warum ist sie, trotz aller Konflikte und Wunden, die haltbarste, wichtigste Einrichtung der Welt? Die Soziologen sagen, dass die Familie das „Überlebensnetzwerk“ ist. Gerade in Zeiten der Not zeigt sich, wie richtig diese Beobachtung ist.
Das Besondere an der Familie sind die Generationen. Wir haben alle Eltern. Und unsere Eltern hatten ihre Eltern, unsere Großeltern. Und so geht es zurück, bis sich die Spuren unserer Vorfahren im Unbekannten verlieren, in fernen Vorzeiten. Alle haben wir Eltern, aber nicht alle haben wir Kinder. Jesus selbst ist kinderlos geblieben. Aber nicht ohne Familie. Denn so wichtig und unersetzlich die Familie ist, es gibt auch die Wahlfamilie. Jesus hat eine neue Familie gegründet, die nicht an die Blutsbande gebunden ist. Diese Familie kennt keine Grenzen, ist offen für alle. Sie betrachtet alle Menschen als Geschwister. Es ist die große Familie Gottes, die Jesus zu sammeln und zu vereinen gekommen ist.
Der Traum von der einen, geeinten Menschheitsfamilie, ist keine Spinnerei. Auch wenn die Wirklichkeit oft so anders aussieht, die Hoffnung auf eine versöhnte Menschheit wird nicht sterben. Das heutige Evangelium ist dafür ein bewegendes Zeugnis. Joseph und Maria bringen Jesus vierzig Tage nach seiner Geburt nach damaligem jüdischem Brauch in den Tempel in Jerusalem. Zwei alte Menschen begegnen ihnen, Simeon und Hanna. Simeon nimmt das Kind in die Arme und sagt diese berührenden Worte: „Nun lässt du Herr, deinen Knecht … in Frieden scheiden.“ Simeon kann jetzt getröstet sterben. Er kann Abschied nehmen von dieser Welt, „denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast“.
Simeon sieht in diesem Kind armer Eltern die Erfüllung seiner Hoffnung. Er nennt ihn „ein Licht, das die Heiden erleuchtet“. Jesus wird allen Völkern das Licht der Erlösung bringen. Und seinem eigenen Volk Israel, dem jüdischen Volk, die Erfüllung seiner Erwartungen. Aber der alte Mann schaut auch, dass dieser Weg voller Schwierigkeiten und Schmerzen sein wird. Jesus wird ein Zeichen des Widerspruchs sein. Doch am Ende wird das Heil siegen. Jesus wird das alles gut machen.
Fest der Heiligen Familie. Fest der Familie. Eine Generation kommt, eine geht. Drei Generationen begegnen uns im heutigen Evangelium. Die beiden Alten, die Eltern, das Kind. Wie tröstlich ist das Bild des alten Simeon, der das neugeborene Kind in den Armen hält und dankbar Abschied nimmt, weil dieses Kind das neue Leben bedeutet.
Es kam für die Eltern Jesu der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäß dem Gesetz des Herrn, in dem es heißt: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht sein. Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel. Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selber aber wird ein Schwert durch die Seele dringen. Damals lebte auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Pénuels, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. In diesem Augenblick nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm.
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