Die Sterndeuter aus dem Osten: "In Wirklichkeit geht es um den Anfang eines großen Suchens und Findens, das bis heute immer wieder neu geschieht", sagt Kardinal Christoph Schönborn.
Die Sterndeuter aus dem Osten: "In Wirklichkeit geht es um den Anfang eines großen Suchens und Findens, das bis heute immer wieder neu geschieht", sagt Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Festtagssevangelium am
6. Jänner 2018 (Mt 2,1-12).
Sie sind wieder unterwegs. Die Sternsinger ziehen von Tür zu Tür, von Haus zu Haus. In ganz Österreich sind 85.000 Kinder und Jugendliche unterwegs. Sie sind als „Heilige Drei Könige“ gekleidet. Sie bringen die gute Nachricht von dem Königskind, das sie in Bethlehem gefunden haben. Und sie sammeln Gaben für arme Kinder in notleidenden Ländern. Immer noch ist die „Dreikönigsaktion“ der Katholischen Jungschar die erfolgreichste Spendensammlung unseres Landes. So wundert es nicht, dass bei uns in Österreich die „Heiligen Drei Könige“ besonders beliebte biblische Figuren sind. Sie dürfen in keiner Krippe fehlen. Auf vielen Wohnungen und Häusern ist, jedes Jahr neu, der Segen geschrieben, mit den bekannten Buchstaben "C + M + B" und der Jahreszahl. „Christus mansionem benedicat“, „Christus segne dieses Haus“! Aus den drei Buchstaben wurden die Namen der „Drei Könige“, Caspar, Melchior und Balthasar.
Hinter diesem religiösen Brauchtum steht ein bis heute rätselhaftes Ereignis. Manche wollen es einfach dem Bereich der Legende zuweisen, wollen es als fromme Erfindung abtun. In Wirklichkeit geht es um den Anfang eines großen Suchens und Findens, das bis heute immer wieder neu geschieht.
Die „Sterndeuter aus dem Osten“ waren offensichtlich Menschen, die den Mut hatten, sich auf einen langen, mühsamen Weg des Suchens zumachen. Sie gehören zu den Menschen, denen die Schöpfung etwas von Gott sagt. Sie lassen sich von den Zeichen des Himmels ansprechen. Sie betreiben keine Astrologie, sie sind auch keine Astronomen, Wissenschaftler der Gestirne. Sie sind Suchende, die sich von Gottes Zeichen führen lassen.
Solche Menschen gibt es bis heute. Das Verwunderliche ist nicht, dass es sie gibt, sondern eher, dass es nicht mehr von ihnen gibt. Warum sehen sie den Stern, der sie nach Bethlehem führt, zu Christus? Warum nur sie? Warum nicht viele andere auch? Haben nicht auch andere diesen Stern gesehen? Warum haben nur diese Sterndeuter sich auf den Weg gemacht, während alle anderen zu Hause in ihrem Alltag blieben? Was haben die Leute in ihrem Land im Osten (wahrscheinlich Persien, der heutige Iran) gesagt, als diese sich auf den weiten Weg bis nach Jerusalem machten? Hielt man sie für Spinner, für Träumer, die nicht ganz bei Sinnen sind?
Ich glaube, wir dürfen in diesen Leuten aus dem Osten die ersten einer nie endenden Reihe von Menschen sehen, die irgendwie und irgendwann in ihrem Leben eine Spur gefunden haben, die sie schließlich zu Gott, zu Jesus geführt hat. Es waren immer Einzelne. Aber sie haben oft viele nach sich gezogen. Sie sind eine Art Pioniere der Gottsuche, Wegbereiter für andere, Vorbilder, wie wir in einer wirren Welt den Sinn des Lebens finden können.
Wie haben diese Sinnsucher ihren Weg zu Jesus gefunden? Auf ganz unterschiedliche Weise. Durch ein Naturerlebnis, durch schmerzliche Ereignisse, durch menschliche Begegnungen, durch innere Erfahrungen. Darum ist es so spannend, die Lebensgeschichten solcher Menschen kennen zu lernen. Die „Heiligen Drei Könige“ weisen uns bis heute den Weg dahin. Sie laden ein, uns selber auf den Weg der Suche nach Jesus zu machen.
Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten: Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.
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