In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt.
In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt.
Gedanken zum Sonntagsevangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 18. Februar 2018. (Markus 1,12-15)
Wer führt uns in Versuchung? Über diese Frage ist ein heftiger Streit entbrannt. Das bekannteste Gebet der Christen ist das „Vater Unser“. Jesus selber hat es gelehrt. Überall in der Welt wird es gebetet. Die vorletzte der sieben Bitten dieses Gebetes lautet: „Und führe uns nicht in Versuchung.“
Vor einiger Zeit hat Papst Franziskus diese Übersetzung ausdrücklich kritisiert. Man könne doch nicht sagen, Gott selber führe uns in Versuchung. Man müsse vielmehr Gott bitten: „Lass uns nicht in Versuchung geraten“ oder: „Lass uns nicht der Versuchung erliegen.“
Das entspräche auch genau dem, was im Brief des Jakobus zu lesen ist: „Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung.“ Gott will uns doch von der Versuchung befreien! Wir bitten ihn genau darum, weil wir wissen, dass manche Versuchungen so stark sind, dass wir ihnen kaum entkommen, wenn sie einmal zum Greifen nahe vor uns stehen.
Oft bekomme ich Briefe, in denen darum gebeten wird, die Kirche möge doch den Text dieser Bitte des „Vater Unser“ ändern. In der von Papst Franziskus ausgelösten Diskussion gibt es aber auch Stimmen, die sagen, der Text solle so bleiben, denn Gott lasse doch zu, dass wir versucht werden. Er könnte uns ja davor gänzlich bewahren, indem er uns vor allen Versuchungen behütet. Aber genau das habe er Jesus gegenüber nicht getan. Jesus blieben die Versuchungen nicht erspart. Umso weniger bleiben sie uns erspart! Darum haben wir mit ihnen zu kämpfen.
Am Anfang der Fastenzeit, am ersten Fastensonntag, wird immer das Evangelium von der Versuchung Jesu gelesen. Die Fastenzeit, von Aschermittwoch bis Ostern, ahmt die vierzig Tage nach, die Jesus nach seiner Taufe im Jordan in dieser Gegend allein in der Wüste verbracht hat. Beim Evangelisten Markus heißt es nüchtern und knapp: „Er wurde vom Satan in Versuchung geführt.“ Also doch nicht von Gott!
Aber Jesus hat sich dieser unwirtlichen Umgebung der Wüste ausgesetzt, weil er darin Gottes Willen gesehen hat. Gottes Geist trieb ihn in die Wüste. Gott musste doch wissen, dass das ein harter Test sein wird. Einsamkeit, Hitze am Tag, Kälte in der Nacht, wilde Tiere, wehrlos ausgeliefert an die Macht einer feindlichen Natur. Das allein war schon eine schwere Prüfung, dazu noch Hunger und Durst.
Prüfungen gehören zu jedem Leben. Gott lässt sie zu, weil wir uns in Prüfungen bewähren können. Aber wir dürfen, wir sollen darum bitten, dass die Prüfungen uns nicht überfordern, dass sie nicht zur Versuchung werden, aufzugeben, zu verzweifeln. Paulus hat viel Schweres erlebt, oft bis an die Grenze des Menschenmöglichen. Deshalb hatte er ein so großes Vertrauen, dass Gott ihn niemals hängenlässt. Er schreibt einmal: „Noch ist keine Versuchung über euch gekommen, die den Menschen überfordert. Gott ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch in der Versuchung einen Ausweg schaffen, sodass ihr sie bestehen könnt.“
Es gibt viele Versuchungen, kleine und große. Kleine Lügen als Ausrede, kleine Betrügereien, weil es niemand merkt. Die wirklich große Versuchung hat Jesus bestanden. In ihr geht es nicht um Geld, Sex oder Macht, die alle leicht durchschaubare Fallen im menschlichen Leben sind. Die große Versuchung ist es, zu glauben, dass Gott uns fallen lässt, wenn wir gefallen sind. Diese Versuchung besiegen wir nur durch Gottvertrauen. Wo alles ausweglos scheint, hat er immer noch einen Weg für uns.
In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm. Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
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