"Jesus 'wurde vor ihren Augen verwandelt'. Nur drei der zwölf Apostel hatten das Glück, dieses Erlebnis geschenkt zu bekommen, 'nur sie allein'", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Jesus 'wurde vor ihren Augen verwandelt'. Nur drei der zwölf Apostel hatten das Glück, dieses Erlebnis geschenkt zu bekommen, 'nur sie allein'", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 25. Februar 2018 (Markus 9,2-10)
Es gibt Momente im Leben, von denen wir wünschen, dass sie nicht vergehen. Zu solchen Momenten möchten wir sagen: „Verweile doch! Du bist so schön!“ – wie es in Gothes „Faust“ heißt. Aber zugleich spüren wir, dass wir solche Augenblicke nicht festhalten können. Darum nennen wir sie ja „Augenblicke“, weil sie nicht andauern können. Sie dauern eben nur „einen Moment“. Das ist so mit allen großen Glückserfahrungen. Wir können sie nicht fixieren, können uns nicht in ihnen einrichten. Wir können sie nur als Geschenk annehmen und müssen sie auch wieder loslassen.
Von einer solchen starken Glückserfahrung spricht das heutige Evangelium. Nur drei der zwölf Apostel hatten das Glück, dieses Erlebnis geschenkt zu bekommen, „nur sie allein“. Und als dieser so ganz besondere Augenblick vorüber war, verbot ihnen Jesus, vorerst „irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten“. Ich bezweifle, ob sie sich wirklich an dieses Verbot gehalten haben. Denn wer von uns kann es für sich behalten, wenn er ein großes Glück erlebt, eine starke Erfahrung gemacht hat?
Billig war dieses Glückserlebnis nicht zu haben. Zuerst mussten die drei mit Jesus einen steilen langen Aufstieg „auf einen hohen Berg“ schaffen. Ich kann das nachempfinden. Eine meiner stärksten Glückserfahrungen in meinem Leben hatte ich nach einem für mich äußerst anstrengenden Aufstieg mit Schiern und Fellen auf den „Großen Sankt Bernhard“. Beim Hospiz angekommen, ließ ich mich erschöpft in der warmen Wirtsstube nieder. Ein Humpen heißer Tee – und plötzlich überkam mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Es ist mir unvergesslich, auch wenn es nur einen Augenblick gedauert hat. Manche Bergliebhaber werden von einem ähnlichen Glück berichten können, das sie nach langem Aufstieg am Berggipfel verspürt haben.
Trotz aller Vergleiche ist das, was die drei Apostel nun auf dem hohen Berg erleben, etwas Einzigartiges. Jesus „wurde vor ihren Augen verwandelt“. So haben sie Jesus nie zuvor oder danach erlebt. Mit keinem Licht ist das Leuchten vergleichbar, das von Jesus ausgeht. Zugleich sehen sie mit Jesus zwei Gestalten, in denen sie die großen Gottesmänner der Bibel erkennen, Elija und Mose.
Kein Wunder also, dass Petrus diesen Augenblick festhalten will. Er soll nicht vergehen. Schnell drei Hütten bauen, damit das andauern kann, was sie eben erleben. Petrus war wie benommen und irgendwie waren alle drei von diesem Erlebnis auch erschrocken.
Lang hat dieses Ereignis wohl nicht gedauert. „Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus.“ War alles wieder wie zuvor? War das ganze nur eine Täuschung? Ist das Glück nur eine Einbildung, weil es nicht andauert? Ich habe meine Glückserfahrung vom „Großen Sankt Bernhard“ nie vergessen, auch wenn sie schon viele Jahre zurückliegt. Umso weniger konnten die drei Apostel je vergessen, wie sie Jesus in seinem unbeschreiblichen Lichtglanz gesehen haben. Sie konnten nicht auf dem Berg bleiben, wie wir alle nicht immer oben sein können. Die Niederungen des Alltags erwarten uns. Aber eines hat die drei Jünger Jesu für immer begleitet: die Stimme Gottes, die sie auf dem Berg gehört haben: Jesus „ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören“.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Dieses Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.
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