Freundschaft ist für mich ein Schlüsselwort im Leben. Freunde zu haben, Freunde zu werden ist etwas vom Kostbarsten im Leben. Aber was macht Freundschaft wirklich aus?
Freundschaft ist für mich ein Schlüsselwort im Leben. Freunde zu haben, Freunde zu werden ist etwas vom Kostbarsten im Leben. Aber was macht Freundschaft wirklich aus?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 6. Mai 2018 (Joh 15,9-17)
Jesus nennt seine Jünger Freunde: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“
Freundschaft ist für mich ein Schlüsselwort im Leben. Freunde zu haben, Freunde zu werden ist etwas vom Kostbarsten im Leben. Aber was macht Freundschaft wirklich aus? Kann man im Leben viele Freunde haben? Wann ist jemand einfach ein guter Bekannter, wann wird jemand zu einem wirklichen Freund? Was braucht es, damit aus einer Bekanntschaft eine Freundschaft wird? Wie sieht es aus mit Freundschaft zwischen sehr ungleichen Menschen, zum Beispiel zwischen Alten und Jungen? Oder zwischen Menschen ganz unterschiedlicher Kulturen? Und wie ist es mit der Freundschaft zwischen Mann und Frau? Wir spüren: Das Thema Freundschaft berührt das Herz. Es geht um etwas Kostbares, das gehütet und gepflegt werden muss. Verletzungen einer echten Freundschaft schmerzen tief. Versöhnung zwischen Freunden, die in Konflikt geraten sind, gehört zu den schönsten Erfahrungen.
Freundschaft mit Jesus, wie sieht das aus? Gibt es Freundschaft mit Gott? Ist der Abstand zwischen uns und Gott nicht viel zu groß, um eine echte Freundschaft zu ermöglichen?
Ein Wort Jesu beunruhigt mich: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.“ Heißt das: Du bist mein Freund, wenn du tust, was ich will? Ich fürchte, diese Vorstellung sitzt tief in unseren Herzen: Gott mag mich, wenn ich brav bin. Gott straft mich, wenn ich etwas falsch mache! Freundschaft mit Gott, das hängt davon ab, ob ich genau das tue, was Gott von mir erwartet. Dieses Gottesbild hat viele Menschen vom Glauben an Gott weggebracht. Es ist das Bild von einem Gott, der ständig damit droht, uns seine Liebe und Zuwendung zu entziehen. Es ist das Bild eines launischen, tyrannischen, kleinlichen Gottes, der alles kontrolliert und kritisiert, dem wir Menschen im Grunde es nie recht machen können.
Wie anders ist das, was Jesus sagt und tut! „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!“ Jesus schenkt seine Freundschaft nicht mit Vorbehalt. Seine Freundschaft zu uns hängt nicht davon ab, ob wir immer alles richtig machen. Sie ist bedingungslos, sie ist sein Geschenk an uns, ohne Vorleistung von unserer Seite. Der Grund dafür ist sehr einfach: Er hat uns zuerst geliebt! Deshalb können wir ihn „zurücklieben“.
Freundschaft braucht Pflege. Wer für seine Freunde nie Zeit hat, dem werden die Freunde fremd. Wer nie von sich aus Zeichen der Freundschaft setzt, dem wird die Beziehung zu den Freunden verwelken. Papst Franziskus sagt es mit einfachen Worten: „Merkmale einer guten Freundschaft sind: Streben nach dem Wohl des anderen, Gegenseitigkeit, Vertrautheit, Zärtlichkeit, Festigkeit…“ Wenn eine Freundschaft sich viele Jahre bewährt hat, wächst zwischen den Freunden die Ähnlichkeit.
Freundschaft mit Jesus kann nur wachsen, wenn sie gepflegt wird. Es braucht Zeit, Aufmerksamkeit und vor allem Liebe. Denn die Freundschaft ist eine Antwort auf jemanden, der uns seine ganze Liebe geschenkt hat.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. Dies trage ich euch auf: Liebt einander!
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