"Du musst nicht wissen, wie es einmal im Himmel sein wird. Aber du kannst schon hier auf Erden ein Stück Himmel verwirklichen!"
"Du musst nicht wissen, wie es einmal im Himmel sein wird. Aber du kannst schon hier auf Erden ein Stück Himmel verwirklichen!"
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zur Lesung am Fest Christi Himmelfahrt, 10. Mai 2018 (Apg 1,1-11)
Christi Himmelfahrt – so heißt das heutige Fest. Wo ist der Himmel? Wie sieht er aus? Was heißt: in den Himmel kommen? Alles Fragen, die über unsere Vorstellung hinausgehen. Denn wie es „drüben“ oder „droben“ aussieht, das entzieht sich unserem Begreifen. Zwischen jetzt und dann, zwischen unserem Leben in dieser Welt und dem Leben der kommenden Welt, ist wie eine Wolke, die uns nicht hinübersehen lässt. Aber wie sollen wir uns sonst den Himmel vorstellen? Wie die Auferstehung von den Toten? Wie das ewige Leben?
Mir hilft ein Wort im heutigen Abschnitt aus der Bibel. Es lädt uns ein, den Blick zu wenden, uns nicht in Spekulationen über den Himmel zu verlieren: „Während die Jünger Jesu emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ Und sie verheißen ihnen: „Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“
Was schaut ihr zum Himmel? Kümmert euch um die Erde! Es ist, als wollten diese Himmelsboten sagen: Bringt ein Stück Himmel auf die Erde! Du musst nicht wissen, wie es einmal im Himmel sein wird. Aber du kannst schon hier auf Erden ein Stück Himmel verwirklichen! Du kannst dir nicht vorstellen, wie das ewige Leben im Himmel für dich einmal sein wird. Aber du kannst eine Ahnung des Himmels schon hier in deinem Leben spürbar machen, für dich und andere.
Ich glaube und vertraue dem Bericht des Evangelisten Lukas, der als einziger von der Himmelfahrt Jesu gesprochen hat. Glaubwürdig ist mir sein Bericht, weil er so nüchtern ist. Er enthält einen schlichten und klaren Auftrag: „Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und bis an die Grenzen der Erde.“ Was damals in Jerusalem begonnen hat, ging wirklich bis an die Grenzen der Erde. Von diesem kleinen Anfang aus, damals, vor zweitausend Jahren, gelangte das Evangelium Jesu wirklich in alle Welt, zu allen Menschen. Und überall, wo Menschen die Botschaft Jesu wirklich leben, wird ein wenig vom Himmel auf Erden spürbar: wo Menschen einander verzeihen, wo Arme nicht verachtet, wo Heimatlose aufgenommen werden, wo Frieden gestiftet, wo Güte gelebt wird, wo Kranke umsorgt und Sterbende begleitet werden. Mit einem Wort: Wo die Liebe herrscht, da ist ein Stück Himmel auf Erden angekommen.
Und ich freue mich immer, wenn Kinder neugierige Fragen über den Himmel stellen. Ich gestehe, dass ich selber schon ein wenig neugierig bin, wie es im Himmel sein wird. Ich vertraue darauf, dass Gott uns einen Platz im Himmel zugedacht hat. Das Fest Christi Himmelfahrt hat aber einen ganz praktischen Auftrag: dass wir alle dazu beitragen, jetzt und hier schon etwas vom Himmel erfahrbar zu machen.
Im ersten Buch, lieber Theophilus, habe ich über alles berichtet, was Jesus getan und gelehrt hat, bis zu dem Tag, an dem er (in den Himmel) aufgenommen wurde. Vorher hat er durch den Heiligen Geist den Aposteln, die er sich erwählt hatte, Anweisungen gegeben. Ihnen hat er nach seinem Leiden durch viele Beweise gezeigt, dass er lebt; vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen und hat vom Reich Gottes gesprochen. Beim gemeinsamen Mahl gebot er ihnen: Geht nicht weg von Jerusalem, sondern wartet auf die Verheißung des Vaters, die ihr von mir vernommen habt. Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet schon in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft. Als sie nun beisammen waren, fragten sie ihn: Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? Er sagte zu ihnen: Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde. Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, standen plötzlich zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.
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