Wie kann kleine weiße Brotscheibe so viele Menschen bewegen? Die Antwort ist einfach und zugleich ganz geheimnisvoll: Es geht nicht um etwas, sondern um jemanden. Wir verehren nicht ein Stück Brot, sondern den Leib Christi.
Wie kann kleine weiße Brotscheibe so viele Menschen bewegen? Die Antwort ist einfach und zugleich ganz geheimnisvoll: Es geht nicht um etwas, sondern um jemanden. Wir verehren nicht ein Stück Brot, sondern den Leib Christi.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Fest Fronleichnam, 31. Mai 2018 (Mk 14,12-16.22-26)
Ich freue mich auf die Fronleichnamsprozession. Dem „großen Umgang“ durch den 1. Bezirk in Wien folgen viele Menschen. Gute zwei Stunden werden wir unterwegs sein. Während der lange Zug sich durch die Straßen bewegt, begleitet von Gesang und Gebet, geht mein Blick immer wieder auf die kleine weiße Scheibe in der Monstranz, die ich trage. Kein Zweifel, die Hostie ist der Mittelpunkt des ganzen Geschehens. Alles dreht sich um dieses kleine Stück Brot. Was bewegt mich und die vielen Menschen, die die Prozession bilden, eine kleine weiße Brotscheibe mit so viel Feierlichkeit zu umgeben?
Die Antwort ist einfach und zugleich ganz geheimnisvoll: Es geht nicht um etwas, sondern um Jemanden. Wir verehren nicht ein Stück Brot, sondern den Leib Christi. Das Wort Fronleichnam ist zusammengesetzt aus dem mittelhochdeutschen Wort „vron“, das „Herr“ bedeutet, und „lichnam“, das nicht unseren Sinn von „Leichnam“, toter menschlicher Leib, hat, sondern im Gegenteil „lebendiger Leib“ bedeutet. Wir feiern den lebendigen Leib des Herrn. Und wir glauben, dass diese Oblate, diese weiße Brot-Hostie, durch die Wandlung wirklich zum lebendigen Leib Jesu geworden ist. Ich sehe nicht, dass Jesus wirklich da ist, aber im Glauben weiß ich, dass es so ist. Nur so hat die Fronleichnamsprozession einen Sinn. Sonst wäre sie ein seltsames und eigentlich sinnloses Spektakel.
Und so geht mein Blick immer wieder auf das kleine weiße Brot und ich bitte Jesus, all die vielen Menschen zu segnen, die da auf den Straßen und Plätzen die Prozession erleben. An den drei Stationen des Umgangs darf ich mit der Monstranz den Segen geben. Da werden zuerst die Felder und Wälder gesegnet, die Gärten und die Früchte der Erde. Wie nötig ist dieser Segen in Zeiten des Klimawandels! Da wird unser Land gesegnet und alle Menschen, die hier leben, gleich welcher Herkunft und Religion, weil alle Kinder Gottes sind. Den Segen erbitte ich besonders für die Leidenden und die Kranken und für die Sterbenden. Denn die Prozession erinnert uns daran, dass das Leben ein Weg, eine Pilgerschaft auf ein letztes Ziel hin ist. Besonders bewegt mich der Segen für die Länder der Erde, die unter Krieg und Katastrophen leiden. Ihnen erbitten wir Frieden und Hilfe.
Ich freue mich jedes Jahr auf Fronleichnam. Für mich ist die Prozession ein starkes Zeichen, ein Ausdruck dafür, dass Gott bei uns Menschen angekommen ist. Er ist wirklich mitten unter uns.
Am ersten Tag des Festes der Ungesäuerten Brote, an dem man das Paschalamm schlachtete, sagten die Jünger zu Jesus: Wo sollen wir das Paschamahl für dich vorbereiten? Da schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in die Stadt; dort wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm, bis er in ein Haus hineingeht; dann sagt zu dem Herrn des Hauses: Der Meister lässt dich fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Paschalamm essen kann? Und der Hausherr wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen, der schon für das Festmahl hergerichtet und mit Polstern ausgestattet ist. Dort bereitet alles für uns vor! Die Jünger machten sich auf den Weg und kamen in die Stadt. Sie fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl vor. Als es Abend wurde, kam Jesus mit den Zwölf. Während sie nun bei Tisch waren und aßen, sagte er: Amen, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten und ausliefern, einer von denen, die zusammen mit mir essen. Da wurden sie traurig, und einer nach dem andern fragte ihn: Doch nicht etwa ich? Er sagte zu ihnen: Einer von euch Zwölf, der mit mir aus derselben Schüssel isst. Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre. Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt, das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, reichte ihn den Jüngern, und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von neuem davon trinke im Reich Gottes. Nach dem Lobgesang gingen sie zum Ölberg hinaus.
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