Jesus will uns nicht nur fromme Worte sagen, sondern sich selber schenken.
Jesus will uns nicht nur fromme Worte sagen, sondern sich selber schenken.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 19. August 2018 (Joh 6, 51-58)
Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Dass ein Wort wie dieses Streit und Unverständnis auslöst, ist nicht verwunderlich: "Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch. Ich gebe es hin für das Leben der Welt." Wie soll Menschenfleisch gegessen werden? Von Anfang an gab es um dieses Wort Jesu heftige Auseinandersetzungen. Wie hat er es selber verstanden? Und wie wurde es von seinen Anhängern ausgelegt? Ist es wörtlich zu verstehen? Oder hat es mehr einen symbolischen Sinn?
Bis heute ist die Frage umstritten. Sie gehört zu den Punkten, über die sich die Christen nicht einig sind. Ist das Brot, das Jesus beim letzten Abendmahl gereicht hat, wirklich sein Fleisch? Ist der Becher mit Wein, den er seinen Jüngern zu trinken gab, wirklich sein Blut? Oder hat er es einfach so gemeint: Brot und Wein bei diesem gemeinsamen Mahl, das er in der Nacht vor seinem Tod mit seinen Freunden hielt, zeigen den Sinn seines bevorstehenden Leidens. Er schenkt sein Leben für uns, so wie er uns Brot und Wein reicht. Dann wären seine Gaben ein Zeichen, ein Symbol, ein Hinweis, nicht mehr.
Die Worte Jesu über das Essen und Trinken von seinem Fleisch und Blut haben nicht nur damals unter seinen jüdischen Zuhörern heftige Diskussionen ausgelöst. Sie haben auch die Christenheit gespalten. Katholiken und Protestanten vertreten in dieser Frage unterschiedliche Ansichten.
Das zeigt sich wieder einmal im aktuellen "Kommunionstreit" in Deutschland. Dürfen evangelische Christen mit ihrem katholischen Ehepartner zur (katholischen) Kommunion gehen? Wieso nicht? So fragen sich die meisten Zeitgenossen. Andere wenden ein: Gerade über diese Frage kam es - unter anderem - zur Kirchenspaltung vor fünfhundert Jahren. Ist dieser Trennungsgrund schon wirklich überwunden?
Was tun, um diesen unseligen "Kommunionstreit" beizulegen, der bei vielen nur Kopfschütteln auslöst? Das heutige Evangelium lädt uns ein, einfach zu fragen, was Jesus selber gesagt hat.
Eines ist sicher: Jesus hat keinen Zweifel daran gelassen, dass wir sein Fleisch essen, sein Blut trinken sollen: "Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank." Aber wie soll das vor sich gehen? Man hat den frühen Christen vorgeworfen, sie hätten einen geheimen Ritus, bei dem Menschenfleisch gegessen, Menschenblut getrunken würde. So wurde die Feier der Messe, die Kommunion mit Brot und Wein von den Außenstehenden missdeutet.
Aber wie hat es Jesus selber gemeint, das Essen seines Fleisches, das Trinken seines Blutes? Mir hilft da das Wort "Kommunion". So nennen wir ja den Empfang des heiligen Brotes in der Feier der Messe. "Kommunion" hat mit "Kommunizieren" zu tun, mit Begegnung, Gemeinschaft, Austausch. Unsere Kommunikation ist heute oft äußerst oberflächlich, per SMS, Twitter, Facebook.
Selten wird es ein wirklicher, tiefer Austausch. Jesus will mit uns so kommunizieren, dass er in uns bleibt und wir in ihm, also mit Fleisch und Blut, lebendig, echt und tief. Er will uns nicht nur fromme Worte sagen, sondern sich selber schenken. Wer so mit ihm kommuniziert, empfängt wirkliches, volles Leben, eben ihn selber, den lebendigen Jesus. Das ist der Sinn der Kommunion.
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.
Die Geschichte Feier der Eucharistie und der Heiligen Messe
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