Jesus sagt: "Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt."
Jesus sagt: "Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt."
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag,
14. Oktober 2018 (Mk 10,17-30)
Warum sieht man in armen Ländern mehr lachende Menschen als in reichen Ländern? Diese Frage stellen sich viele, die andere Länder bereisen. Mir ist das besonders auf den Philippinen aufgefallen, aber auch in den Ländern Afrikas, in denen ich zu Besuch war. Arme haben doch nichts zu lachen, würde man meinen. Reichen geht es gut, also hätten sie allen Grund, fröhlich zu sein. Warum ist das so oft nicht der Fall? Macht Jesus den Reichtum madig? Hat er etwas gegen Erfolg im Leben? Gehört er zu denen, die den Reichen neidig sind?
Schauen wir uns die Szene an: Ein Mann kommt voll Vertrauen zu Jesus mit einer Frage, die ihn sympathisch macht. Er fragt Jesus ganz ehrlich: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Ihn bewegt die Frage: Wie komme ich in den Himmel? Er will nicht wissen, wie er im Leben Erfolg haben kann, sondern was er tun soll, damit sein Leben über den Tod hinaus ein Erfolg bleibt.
Ohne den Tod genannt zu haben, geht es ihm doch unausgesprochen um diese Frage: Was macht mein Leben nachhaltig sinnvoll? Die Antwort Jesu ist denkbar einfach: Halte die Zehn Gebote! Lebe danach, dann wird dein Leben gelingen! Es klingt berührend ehrlich, wenn der Mann darauf erwidert: Von Jugend an habe ich mich treu an die Gebote Gottes gehalten. Jesus hat das nicht belächelt oder als Angeberei abgetan. Liebevoll sagt er ihm, was offensichtlich diesen Mann selber bewegt: Es geht um mehr als um ein anständiges Leben! „Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.“
Alles loslassen! Das war ihm zu viel. Diese Aufforderung war ihm zu steil. Warum ging er aber traurig weg? Er hatte doch ein großes Vermögen. Darüber müsste er eigentlich froh sein. Er war es nicht. Als er weggegangen war, beginnt Jesus mit seinen berühmt gewordenen Worten über das Elend des Reichtums: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Im Klartext heißt das: Kein Reicher kommt in den Himmel!
Völlig verständlich, dass ein so hartes Wort Jesu bei seinen Leuten Entsetzen auslöst: Wenn das so ist, dann kommt niemand in den Himmel: „Wer kann dann noch gerettet werden?“ Ist Jesus nicht zu radikal? Unmenschlich anspruchsvoll sind seine Worte! Aber worum geht es? Nicht von allen hat Jesus erwartet, dass sie alles hergeben und ihm in Armut nachfolgen.
Vor zehn Tagen, am 4. Oktober, war das Fest des heiligen Franz von Assisi. Auch er hat einen Ruf Jesu verspürt, wie der reiche Mann im heutigen Evangelium. Er hat alles verlassen, sein Erbe, seinen Reichtum, und wollte nur mehr in völliger Armut Jesus nachfolgen und für die Menschen da sein. Alle, die ihn erlebt haben, bezeugen seine Fröhlichkeit. Was war sein Geheimnis?
Nicht alle sind zu einem so radikalen Weg gerufen wie Franziskus von Assisi. Aber alle müssen wir uns die Frage stellen, wie unser Leben gelingen kann, was wirklich zählt und hält. Und da sind Jesu harte Worte über den Reichtum sehr realistisch. Sie erinnern uns daran, dass wir kein Geld auf die letzte Reise mitnehmen können. „Drüben“ zählt nur das Gute, das wir – auch mit dem Geld – getan haben. Wer engherzig, knausrig, habgierig, geizig, herzlos gegen die Armen ist, für den wird das Tor zum Himmel eng sein wie ein Nadelöhr.
In jener Zeit lief ein Mann auf Jesus zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich. Da sagte Petrus zu ihm: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.
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