Die Hirten eilten zur Krippe. (El Greco, um 1569)
Die Hirten eilten zur Krippe. (El Greco, um 1569)
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Weltfriedenstag, 1. Jänner 2019 (Lk 2,16-21)
Das neue Jahr beginnt mit vielen guten Wünschen, einigen guten Vorsätzen und einer großen Hoffnung. Die eine große Hoffnung heißt Frieden. Frieden in den vielen Krisen- und Kriegsgebieten der Erde. Frieden in unserem Land. Und Frieden unter uns, in Ehe, Familie und Beruf. Nicht zufällig ist der 1. Jänner der „Weltfriedenstag“. Denn ohne Frieden sind alle guten Wünsche für das Jahr 2019 vergeblich.
Papst Franziskus hat in seiner Botschaft zum heutigen Weltfriedenstag die Rolle der Politik angesprochen, um dem Frieden zu dienen. Gute Politik ist ein Segen für die Menschen. Schlechte, korrupte, egoistische Politik kann ein Land in den Ruin treiben. Ein Klima des Misstrauens, der gegenseitigen Beschuldigungen, der Vorurteile und der Vorverurteilungen fördert nicht den Frieden. Eine besondere Gefahr für den Frieden ist es, zu glauben, dass wir selber nichts für den Frieden tun können. Dann wird auf „die da oben“ geschimpft, aber selber nichts getan, um ein Stück Frieden zu schaffen. Es stimmt schon, dass einen vielfach ein Gefühl der Ohnmacht packt angesichts der Mächte, die das Spiel von Politik, Wirtschaft und Finanzen weltweit bestimmen. Der Klimawandel verstärkt noch diesen Eindruck, dass wir wehrlos den Entwicklungen ausgeliefert sind. Was kann der Einzelne dagegen ausrichten?
Das Evangelium vom Neujahrstag spricht die Sprache der Hoffnung. Von den Hirten ist die Rede. Sie haben eine Botschaft erhalten, die sie mit Hoffnung erfüllt: „Heute ist euch in der Stadt Davids (in Bethlehem) der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.“ An einem unscheinbaren Ort, in einem kaum bekannten Land, erhalten „unbedeutende“, einfache Menschen eine Nachricht, die einmal für alle Menschen zur großen Hoffnung werden soll. Und noch erstaunlicher: Woran werden sie dieses Zeichen der Hoffnung erkennen? „Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt“, also in einem Futtertrog, in einem Stall.
Was ist ohnmächtiger als ein Baby armer Leute, die ihr Kind in einem Viehstall zur Welt bringen müssen? Das soll das Zeichen der großen Hoffnung sein? „Christus der Retter ist da!“ – so singen wir im „Stille Nacht, heilige Nacht“, dem vor 200 Jahren geschaffenen Lied, das die Welt erobert hat, nicht mit Waffen, Geld und Politik, sondern mit seiner Botschaft des Friedens.
Was kann der Einzelne schon erreichen? Die Hirten machten sich auf den Weg, suchten und fanden das Kind mit Maria und Josef. Sich aufmachen, Zeichen der Hoffnung suchen! Wer sie sucht, wird sie finden. Jedes kleine Kind ist ein Zeichen der Hoffnung, ohne Macht, aber voller Leben. Die Hirten erzählten, was sie erlebt, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Wir können es ihnen nachmachen: Erzählen, was wir Positives erleben! Es ist nicht alles nur negativ. Überall gibt es kleine Zeichen der Hoffnung. Und was macht Maria? Sie bewahrt alles im Herzen und denkt darüber nach. Es gibt so viel zum Staunen und zum Danken. Dankbarkeit ist konkrete Friedensarbeit. Die guten Dinge erinnern und bedenken, das öffnet das Herz für Gott und für den Nächsten. Bauen wir aktiv mit an einem friedlichen Jahr 2019!
So eilten die Hirten hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war. Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.
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