Fürchte dich nicht! - Wie sehr hilft dieses Jesus-Wort, das er so oft gesagt hat.
Fürchte dich nicht! - Wie sehr hilft dieses Jesus-Wort, das er so oft gesagt hat.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 10. Februar 2019 (Lk 5,1-11)
Im Evangelium gibt es viele Worte Jesu, die „alltagstauglich“ sind. Sie passen nicht nur in die Situation von damals. Sie lassen sich auch heute auf unser tägliches Leben anwenden. Unter Worten Jesu verstehe ich nicht nur das, was Jesus damals gesagt hat, sondern auch, was er getan hat, und vor allem, wie er es getan hat. Jesus ist eben in seinem Sprechen und Handeln selber das Wort Gottes, das „Fleisch geworden ist“, sichtbares und hörbares, greifbares Wort, das Gott zu uns Menschen spricht. Und dieses Wort ist heute noch genauso treffend wie damals.
Im heutigen Evangelium finde ich gleich mehrere Worte, die für unseren Alltag passen. Das erste war ein Lieblingswort von Papst Johannes Paul II. Er hat es gerne in der lateinischen Fassung gebraucht: „Duc in altum!“ - „Fahr hinaus, wo es tief ist“, fahr hinaus ins Weite des Sees! Jesus ermutigt Petrus, in dessen Boot er sitzt, vom Ufer abzufahren, hinaus auf den See, um die Netze zum Fischen auszuwerfen. Papst Johannes Paul II. sah in dieser Aufforderung Jesu eine Ermutigung, es noch einmal zu wagen, nicht aufzugeben: Trau dich! Auch wenn du erfolglos warst, bleib nicht beim Misserfolg stehen! Das Bild vom neuerlichen Hinausfahren kann in vielen Situationen ein guter Anstoß sein.
Ein besonders „alltagstaugliches“ Wort ist die Antwort des Petrus: „Auf dein Wort hin…“ Zuerst weist er Jesus darauf hin, dass die Fischer die ganze Nacht völlig vergeblich gearbeitet haben: Wir haben nichts gefangen! Wer kennt nicht solche Momente, wo einfach nichts zu klappen scheint: Man hat sich ganz umsonst geplagt. Nichts ist gelungen. Jetzt sind sie übernächtigt. Da kommt am Morgen Jesus, steigt ins Boot des Petrus, der wohl nach einer durcharbeiteten Nacht lieber schlafen gegangen wäre. Jesus redet von seinem Boot aus zu den vielen Menschen, die sich am Seeufer angesammelt haben. Als Jesus schließlich seine Rede beendet, gibt er Petrus den Rat, noch einmal zum Fischen hinauszufahren. Was versteht dieser Zimmermann aus Nazareth vom Fischen, mag Petrus sich gedacht haben. Er müsste doch wissen, dass es keinen Sinn macht, am helllichten Tag zu fischen. Und trotzdem sagt er: „Auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen.“ Gegen allen Augenschein, entgegen aller Erfahrung als Berufsfischer, vertraut Petrus dem Wort Jesu und wagt es nochmals. „Auf dein Wort hin“ versuche ich es noch einmal, zum Beispiel einen Schritt hin zur Versöhnung, auch wenn es aussichtslos scheint…
Der Fischfang ist völlig unerwartet, riesig groß. Petrus ist erschüttert: „Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch.“ Auch dieses Wort ist „alltagstauglich“. Wer kennt nicht dieses Gefühl, sich zu schämen vor jemandem, den man als gut erlebt! Ich habe schlecht über dich gedacht, geredet – und erlebe, dass du mir von Herzen gut bist! Ich war dir neidig – und du bist zu mir großzügig! Sich selber als Sünder zu erkennen und zu bekennen, das erst macht uns zu menschlichen Menschen.
Und schließlich das Wort Jesu: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen.“ Wie sehr hilft dieses Wort, das er so oft gesagt hat: „Fürchte dich nicht!“ Menschenfischer soll Petrus werden. Nicht durch List, Druck, Zwang, Gewalt, sondern durch seine Güte, sein Verständnis, seine Liebenswürdigkeit. Solche Menschenfischer sucht Jesus auch heute!
Es geschah aber: Als die Volksmenge Jesus bedrängte und das Wort Gottes hören wollte, da stand er am See Gennesaret und sah zwei Boote am See liegen. Die Fischer waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in eines der Boote, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!
Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie und sie fingen eine große Menge Fische; ihre Netze aber drohten zu reißen. Und sie gaben ihren Gefährten im anderen Boot ein Zeichen, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen und füllten beide Boote, sodass sie fast versanken. Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr! Denn Schrecken hatte ihn und alle seine Begleiter ergriffen über den Fang der Fische, den sie gemacht hatten; ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, verließen alles und folgten ihm nach.
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