"Wenn die Seele bei Jesus zur Ruhe kommt, wie Maria von Bethanien es erfahren durfte, dann wird der Urlaub zur wahren Erholung. Das wünsche ich allen, die jetzt Urlaub machen", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Wenn die Seele bei Jesus zur Ruhe kommt, wie Maria von Bethanien es erfahren durfte, dann wird der Urlaub zur wahren Erholung. Das wünsche ich allen, die jetzt Urlaub machen", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 21. Juli 2019 (Lukas 10, 38-42).
Das Evangelium vom heutigen Sonntag ist wie maßgeschneidert für die Ferienzeit. Es zeigt uns Jesus, der sich bei Freunden ausruht, sich also Zeit zur Erholung nimmt. Wir sehen auch die Gastgeber, die Jesus in ihrem Haus aufnehmen und sich bemühen, ihm den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Er soll sich im Haus der Marta und ihrer jüngeren Schwester Maria wohlfühlen. Von Lazarus, dem Bruder der beiden, ist nicht die Rede. Wir wissen aber, dass Jesus auch ihn als Freund besonders schätzte. Später einmal, als Lazarus schwer erkrankte und schließlich starb, kam Jesus wieder zu seinen Freunden, die in Bethanien, nahe bei Jerusalem lebten. Damals geschah, was ungeheuer viel Aufsehen erregte: Jesus rief Lazarus, der schon vier Tage im Grab lag, ins Leben zurück. Die Auferweckung des Lazarus wurde zum Anlass, dass der Hohepriester und sein Rat den Beschluss fassten, Jesus zu töten.
Für mein Bild von Jesus ist es sehr wichtig, dass er Freunde hatte, bei denen er gerne zu Gast war und die ihm Zeiten des Ausruhens und der Geborgenheit schenkten. In den drei Jahren seines öffentlichen Wirkens war Jesus ständig unterwegs, natürlich zu Fuß, und sein Alltag war höchst anstrengend, ohne fixen Wohnsitz, mit dem großen Andrang der Menschen, die alle etwas von ihm wollten, mit den Anfeindungen seiner Gegner, mit den Mühen, seinen Jüngerkreis zu schulen, sie für ihre Aufgabe auszubilden.
Da war das Haus seiner Freunde in Bethanien wie eine Oase, ein Ort, wo man nichts von ihm wollte, wo er einfach er selber sein konnte. So verstehen wir, warum er gerade in den letzten Tagen vor seinem Leiden und Tod am Abend immer zu ihnen zum Übernachten ging, um dort etwas Ruhe und wohl auch menschlichen Trost zu finden. Glücklich, wem es im Leben geschenkt ist, solche gastfreundlichen Freunde zu haben.
Die Szene, die der Evangelist Lukas schildert, ist berühmt geworden: Marta sorgt für das leibliche Wohl Jesu. Sie kocht, tischt auf, eilt hin und her. Maria hat sich einfach zu Jesus hingesetzt und hört ihm zu. Sie lässt Marta allein mit der Arbeit des Bewirtens ihres so geschätzten Gastes und Freundes.
Wer tut das Richtige? Wer tut, was dem Gast am besten entspricht? Nur bei ihm sitzen und zuhören? Davon wird er nicht satt! Aber nur herumwirbeln, um möglichst viel und gut aufzuwarten, ist das für den Gast so erholsam? Seit Jahrhunderten haben unsere christlichen Vorfahren darüber nachgedacht, wie die richtige Balance, das ausgewogene Verhältnis von Ruhen und Tun, von Rasten und Arbeiten, von Aktivität und Ausspannen aussieht.
Jesus gibt die Antwort, die in jeder Generation neu bedacht werden muss: „Nur eines ist notwendig!“ Was nützen alle Mühen und Sorgen, alle Aktivitäten und Aktionen, wenn die innere Ruhe fehlt. Praktisch auf die Ferien angewendet: Sich hinsetzen und einander zuhören ist wichtiger als ein gestresster Eventurlaub, der einen seelisch nicht erfrischt. Und wenn die Seele bei Jesus zur Ruhe kommt, wie Maria von Bethanien es erfahren durfte, dann wird der Urlaub zur wahren Erholung. Das wünsche ich allen, die jetzt Urlaub machen. Und ich denke dabei auch besonders an alle, denen es nicht vergönnt ist, Urlaub zu haben. Gerade ihnen wünsche ich, dass sie trotzdem inneren Frieden erfahren dürfen.
Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.
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Die "Gedanken zum Evangelium" jeden Sonntag auf "radio klassik Stephansdom" zum Nachhören: