Am 2. Februar werden Kerzen geweiht und entzündet, die Lichterprozession bezeugt, dass Christus das Licht in der Finsternis ist.
Am 2. Februar werden Kerzen geweiht und entzündet, die Lichterprozession bezeugt, dass Christus das Licht in der Finsternis ist.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 2. Februar 2020 (Lk 2,22-32)
Ein neugeborenes Kind Gott „darstellen“, es ihm „weihen“: Was bedeutet ein solcher Ritus? Im Judentum gibt es dazu genaue Regeln, die in der Tora, im „Gesetz des Mose“ festgelegt sind. Als gläubige Juden haben sich die Eltern Jesu daran gehalten. Vierzig Tage nach der Geburt eines Sohnes (achtzig Tage nach der Geburt einer Tochter) muss die Mutter ein „Reinigungsopfer“ darbringen. Handelt es sich um den Erstgeborenen, dann muss dieser zusätzlich gewissermaßen „losgekauft“ werden, weil alles Erstgeborene bei Mensch und Tier nach biblischer Vorschrift Gott gehört und ihm geweiht sein soll.
Das alles klingt für heutige Ohren reichlich fremd. Es gehört wohl kaum zu den Sorgen der Mutter, der Eltern eines neugeborenen Kindes, solche oder ähnliche Riten zu vollziehen. Was also kann für heute die Bedeutung des Festes sein, das dieses Jahr auf einen Sonntag fällt? Der 2. Februar heißt im Volksmund „Maria Lichtmess“, in der kirchlichen Sprache „Darstellung des Herrn“. Gefeiert wird der Moment, als Maria und Josef vierzig Tage nach der Geburt Jesu das Kind nach dem „Gesetz des Mose“ von Bethlehem nach Jerusalem in den Tempel brachten, „um es dem Herrn darzustellen“ und das dafür vorgeschriebene Opfer darzubringen.
Vielleicht ist der Sinn dieser uralten jüdischen Riten, die auch mit dem Kind Jesus vollzogen wurden, gar nicht so fremd, wie es scheinen mag. Das Neugeborene „Gott weihen“, bedeutet das nicht, dass jedes Kind zuerst ein Geschenk Gottes ist? Es hat ja einen tiefen Sinn zu sagen, eine Frau habe „empfangen“, wenn eine Schwangerschaft begonnen hat. Die jüdischen Riten nach der Geburt bringen zum Ausdruck, dass das neugeborene Kind Gott „zurückgegeben“ wird. Die Eltern sind nicht die Eigentümer ihres Kindes, es ist ihnen anvertraut, aber es gehört ihnen nicht.
Auch Maria und Josef mussten lernen, das Kind, das ihnen geschenkt wurde, loszulassen, freizulassen, bis hin zum größten Opfer, als Maria zusehen musste, wie ihr Sohn gekreuzigt wurde. Eine Ahnung von diesem schweren Loslassen bekommen die Eltern Jesu durch die Begegnung mit dem alten Simeon, der ihnen im Tempel in Jerusalem entgegenkommt.
Ich versuche mir diese Szene lebhaft vorzustellen. In der Menschenmenge, die täglich im Tempel ein- und ausgeht, kommt auch ein armes Paar mit seinem Kind, um unter vielen anderen ihr Opfer (zwei junge Tauben, mehr konnten sie nicht bezahlen) darzubringen. Wie hat der alte Mann sie erkannt? Wie konnte er spüren, dass gerade dieses Kind eine unvergleichliche Bedeutung hat? Er muss einer starken inneren Eingebung vertraut haben. Was er über das Kind sagt, das er in seine Arme nahm, ist Teil des täglichen Gebetsschatzes der Kirche geworden. Im Nachtgebet der Kirche (der sogenannten Komplet) bete ich es mit vielen anderen in der Welt jeden Abend zum Abschluss des Tages. Es ist mir seit Jahrzehnten ein liebes, vertrautes Gebet: „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast…“
Simeon sieht in Jesus das Heil. Das kleine Kind ist die Hoffnung der Welt, „ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für sein Volk Israel“. In diese Worte großer Verheißung mischt sich die schmerzliche Note: Jesus wird „ein Zeichen des Widerspruchs“ sein und Maria wird schmerzlich zu leiden haben. Aber das Licht wird stärker sein, es wird siegen. Deshalb ist der 2. Februar auch ein Fest des Lichtes. Kerzen werden geweiht und entzündet, die Lichterprozession bezeugt, dass Christus das Licht in der Finsternis ist. Wie Simeon ihn in die Arme nahm, so soll Christus jedem, der ihn aufnimmt, Licht ins Leben bringen.
Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden. Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. Und siehe, in Jerusalem lebte ein Mann namens Simeon. Dieser Mann war gerecht und fromm und wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. Er wurde vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.