Zum Gottvertrauen gibt es keinen so sicheren Weg als Jesus selber.
Zum Gottvertrauen gibt es keinen so sicheren Weg als Jesus selber.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 10. Mai 2020 (Joh 14,1-12)
Euer Herz lasse sich nicht verwirren! Mit diesen Worten wendet sich Jesus, heute wie damals, an seine verunsicherten, von Sorgen erschütterten Jünger. Denn damals wussten sie nicht, wie es weitergehen soll. Und heute ist es nicht viel anders. Damals, im Jerusalem des Jahres 30, schien alles zusammenzubrechen, worauf sie ihre Zuversicht gesetzt hatten: dass die Geschichte mit Jesus ein voller Erfolg werden würde. Stattdessen stand sein scheinbares Scheitern unmittelbar bevor. Schon wenige Stunden später wurde er festgenommen und tags darauf zum Tod am Kreuz verurteilt. Verständlich, dass die Stimmung an diesem Abend von Angst und Sorge bestimmt war.
Auch heute sind wir nicht gerade in einer Hochstimmung. Zwar gibt es Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Aber niemand weiß, wie es wirklich weitergeht. Wird die Wirtschaft sich wieder erholen? Wird die Arbeitslosigkeit aufgefangen werden? Wie sieht für die vielen in Krise geratenen Betriebe, Geschäfte, kleineren und großen Unternehmen die Zukunft aus? Was erwartet noch die armen Länder, wenn die Corona-Krise sie voll erfasst? Dazu kommen die Klima-Sorgen, die extreme Trockenheit usw. Genug, um verwirrt und besorgt zu sein, damals wie heute.
Jesus bietet etwas an, das Festigkeit und Zuversicht schenken soll, das Halt und innere Ruhe verspricht. Ist sein Angebot nicht zu einfach? Ist es nicht ein bisschen naiv? „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Lassen sich damit alle Probleme lösen, alle Sorgen überwinden? Vielleicht hilft es uns, daran zu erinnern, dass in den semitischen Sprachen, also auch in der Muttersprache Jesu, dem Aramäischen, das Zeitwort „glauben“ auf die Wurzel „amen“ zurückgeht, die „tragend“, „tragfähig“ bedeutet. Glauben an Gott, das ist ein tragfähiges Fundament des Lebens. Ohne Glauben gibt es keine echte Sicherheit. In der großen Verunsicherung, damals wie heute, lädt Jesus dazu ein, auf dieses Fundament zu setzen: Glaubt an Gott und glaubt an mich!
Was aber sollen wir glauben? Worauf sollen wir vertrauen? Das erste, was Jesus nennt, spricht ein elementares Bedürfnis jedes Menschen an: ein Dach über dem Kopf! Ein Zuhause! „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ Es ist, als wollte Jesus jedem von uns sagen: Diese Sorge nimmt dir Gott ab. Es wartet auf dich ein Zuhause! Es ist bereits ein Platz für dich bereitet! Jesus tröstet an diesem Abend vor seinem Leiden die bestürzten Jünger: Ja, ich gehe jetzt weg von euch, aber „ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten“. Und später „komme ich wieder und werde euch zu mir holen“.
Ist das ein Trost für die vielen Corona-Sorgen von heute? Es ist nicht die Lösung aller praktischen Probleme, die sich für viele von uns unausweichlich stellen. Aber es macht einen Unterschied zu wissen, dass es ein gutes und sicheres Ziel gibt, ein Zuhause bei Gott. Oft wird die Frage gestellt: Hilft der Glaube an eine himmlische Heimat auch im Umgang mit den ganz realen irdischen Nöten? Ist der Glaube an Gott und an Jesus ein Weg durch die Mühen dieser Welt?
Darauf gibt Jesus eine starke Antwort, als der Apostel Thomas ihn bittet: Zeig uns diesen Weg! „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Jesus zeigt nicht nur den Weg. Er selber ist der Weg. Wie kann ein Mensch so etwas von sich sagen? Maßlose Anmaßung? Völlige Selbstüberschätzung? Oder schlicht die Wahrheit? Letztlich muss jeder selber darauf die eigene Antwort finden. Aber eine Erfahrung haben zahllose Menschen gemacht: Auf Gott zu vertrauen gibt in bedrängten Zeiten einen Halt und eine Hoffnung, die keine weltliche Sicherheit bieten kann. Und zu diesem Gottvertrauen gibt es keinen so sicheren Weg als Jesus selber.
Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr. Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke! Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.