Eines ist sicher: Jesus hat uns ermutigt, zu beten und darauf zu vertrauen, dass das Gebet von Gott gehört wird, dass Gott darauf eingeht und es erhört.
Eines ist sicher: Jesus hat uns ermutigt, zu beten und darauf zu vertrauen, dass das Gebet von Gott gehört wird, dass Gott darauf eingeht und es erhört.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 24. Mai 2020 (Joh 17,1-11a)
Wenn alles menschliche Tun und Können am Ende ist, gebrauchen wir diesen bekannten Spruch. Angesichts der bei uns schon so lange anhaltenden Trockenheit sage ich ihn selber immer wieder und bitte täglich im Wettersegen um den so notwendigen Regen. Bei Schwerstkranken kommt dieses Wort auch manchem Arzt über die Lippen, wenn er zugeben muss, dass seine ärztliche Kunst am Ende ist. Und im bangen Blick auf die Zeit nach der Coronakrise haben wohl viele schon an das Gebet als die letzte Möglichkeit gedacht, wenn wir schmerzlich erfahren: Wir haben nicht alles im Griff. So geben wir uns wenigstens in Gottes Hand und bitten ihn um Hilfe, wo wir unsere Hilflosigkeit eingestehen müssen.
Aber hilft das Beten wirklich? Was ändert sich am Wetter durch meinen Wettersegen? Kann unser Gebet den Klimawandel aufhalten oder gar wenden? Wird ein Sterbenskranker, den die Ärzte aufgegeben haben, durch Gebet gesund? Und werden die Folgen der Coronakrise sich einfach „wegbeten“ lassen, wenn, wie am vergangenen 14. Mai, weltweit die Religionen darum beten?
Eines ist sicher: Jesus hat uns ermutigt, zu beten und darauf zu vertrauen, dass das Gebet von Gott gehört wird, dass Gott darauf eingeht und es erhört. Sicher ist auch, dass Jesus selber viel gebetet hat, oft nächtelang, und dass seine Jünger ihn als Beter erlebt haben. Sie haben ihn immer wieder beim Beten „ertappt“, wenn er sich in die Einsamkeit eines Berges, in die Stille der Nacht zurückgezogen hatte, um mit seinem Gott alleine zu sein. Deshalb haben sie ihn auch gebeten, ihnen das Beten beizubringen, und er hat sie oft gelehrt, wie und um was sie beten sollen. Bis heute beten Christen weltweit das Gebet, das sie ihm verdanken, das Vaterunser.
Heute dürfen wir einen Blick in Jesu persönliches Beten tun. Am Ende des Abendmahls, ehe er in die Nacht der Gefangennahme hinausging, hat Jesus offen vor den Seinen gebetet. Er lässt sie teilnehmen an dem, was in dieser Stunde sein Herz bewegt. Deshalb hat man dieses Gebet auch das Testament Jesu genannt. Was lehrt uns dieses Gebet Jesu für unser eigenes Beten? Und antwortet es auf die eingangs gestellte Frage, ob und wie das Gebet hilft?
Ein Erstes überrascht an Jesu Gebet: Er betet zuerst für sich selber: „Vater, verherrliche deinen Sohn.“ Damit ermutigt er uns: Wir dürfen für uns selber beten! Wenige Stunden nach diesem Gebet wird Jesus im Garten Getsemani in höchster Bedrängnis seinen Vater bitten, dass ihm der bittere Kelch des Leidens erspart bleibe. Aber er stimmt dann mit freiem Herzen zu, dass nicht sein Wille geschehe, sondern der Wille Gottes. Das Gebet stärkt unser Vertrauen in Gottes Willen. Das schenkt Frieden in der Bedrängnis.
Dann aber betet Jesus für die Seinen. Es ist gut, für die zu beten, die uns nahestehen und uns anvertraut sind. Jesus bittet den Vater vor allem, dass sie eins seien und er sie vor dem Bösen bewahre.
Hat das Gebet Jesu gewirkt? Wer betet, vertraut darauf, dass Gott wirklich helfen kann. Wir dürfen um ein Ende von Corona bitten. Wir dürfen um Regen beten. Meist beten wir erst, wenn die Not groß wird. Jesu Beten ist eine dauernde Haltung: sein inneres Einssein mit dem Vater. Schön wäre es, wenn unser Beten nicht nur ein Notnagel wäre, sondern ein Grundvertrauen unseres ganzen Lebens.
Johannes 17,1-11a
Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.
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