Der christliche Glaube verheißt mir, dass es ein leibliches Leben nach dem Tod gibt.Wir können uns nicht vorstellen, wie das aussehen wird. Aber alles, was zum vollen Menschsein gehört, Seele und Leib, wird im ewigen Leben ganz erfüllt da sein.
Der christliche Glaube verheißt mir, dass es ein leibliches Leben nach dem Tod gibt.Wir können uns nicht vorstellen, wie das aussehen wird. Aber alles, was zum vollen Menschsein gehört, Seele und Leib, wird im ewigen Leben ganz erfüllt da sein.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 15. August 2020.
Seit Mitte März habe ich niemandem mehr die Hand gegeben. Corona! Ich gehöre selber eindeutig zur Risikogruppe. Und ich will meinerseits niemanden gefährden. Allmählich wird mir das alles freilich unheimlich. Ich grüße wie unser Herr Bundespräsident auf „asiatische Art“ oder durch ein Zunicken. Inzwischen auch mit dem Ellbogen. Wird das die „neue Normalität“?
Eines ist mir ganz neu bewusst geworden: Wir brauchen körperlichen Kontakt. Und er fehlt uns jetzt im Alltag. Dazu haben wir doch nicht unseren Leib, um nur ständig auf das „Elefantenbaby“ zwischen uns zu achten. Wir sind Menschen, das heißt leibliche Lebewesen. Leibliche Berührung ist lebenswichtig, vom Neugeborenen bis zum Sterbenden: Wir alle brauchen Körperkontakt, Streicheln, Händegeben, Händehalten, Umarmen. Natürlich geht es auch in Coronazeiten, einander nahe zu sein, ohne sich zu nahe zu kommen. Vielleicht werden wir sogar aufmerksamer füreinander: ein herzlicher Blickkontakt, ein bewusstes Zunicken, ein Lächeln. Auch das sind Formen des leiblichen Austausches. Eines ist mir in dieser leider längst noch nicht beendeten Pandemie bewusst geworden: Wie kostbar es ist, einen Leib zu haben.
Um den Leib geht es auch am heutigen Festtag der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Ich finde in diesem Fest eine Antwort auf die Frage, die die Menschheit seit eh und je beschäftigt: Was wird aus unserem Leib nach dem Tod? Ist er einfach eine Hülle, die wir im Sterben ablegen, um dann von aller irdischen Last frei als Seele ewig zu leben? Es stimmt schon: Der Leib ist auch Last. Er wird krank, wird alt, verliert seine Kraft und Schönheit, verfällt. Aber gerade das zeigt uns doch die Coronakrise: Auch der kranke und alte Mensch braucht die leibliche Nähe. Das war ja oft die schmerzliche Situation: die Enkelkinder getrennt von Opa und Oma; die Sterbenden ohne die körperliche Nähe der Liebsten.
Der Leib ist eben mehr als eine Hülle, ein Gewand, das man ablegt. Ich bin mein Leib und nicht nur meine Seele. Und der christliche Glaube verheißt mir, dass es ein leibliches Leben nach dem Tod gibt. Wir können uns nicht vorstellen, wie das aussehen wird. Aber alles, was zum vollen Menschsein gehört, Seele und Leib, wird im ewigen Leben ganz erfüllt da sein.
Darin sehe ich die gute Nachricht, die frohe Botschaft des heutigen Festes. Maria ist jetzt schon „im Himmel“, nicht nur mit ihrer Seele, sondern auch leiblich. Der Himmel ist freilich nicht ein Ort, sondern ein „Zustand“, eine neue Lebensweise, nicht mehr in Zeit und Raum, sondern in der Ewigkeit. Es fehlen uns die Worte, um diese neue Wirklichkeit zu beschreiben. Der Glauben und die Erfahrung lassen uns aber ahnen, was uns mit dem „Himmel“ verheißen ist. Christus ist als Erster von den Toten auferstanden. Sein Leib blieb nicht im Grab. Deshalb glauben wir, dass auch unser Leib leben wird. Was bei uns noch aussteht, ist bei Maria schon geschehen. In einem Lied heißt es: „Ihr Sohn, der Tod und Grab besiegt, er lässt im Tod die Mutter nicht.“
Wie lange wird das Corona-Virus die Welt noch in seinen Fängen halten? Wie lange werden wir noch Abstandsregeln einhalten müssen? Eines haben wir hoffentlich schon gelernt: wie unersetzbar kostbar unser Leib ist.
In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unseren Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.