Der Petersdom ist über dem Grab des Apostels Petrus gebaut, und die gewaltige Kuppel, von Michelangelo entworfen, ist genau über dem Punkt errichtet, an dem sich das Grab befindet.
Der Petersdom ist über dem Grab des Apostels Petrus gebaut, und die gewaltige Kuppel, von Michelangelo entworfen, ist genau über dem Punkt errichtet, an dem sich das Grab befindet.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 23. August 2020 (Mt 16,13-20).
Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen! Diese Worte prangen in riesigen Buchstaben auf Griechisch und Lateinisch im Petersdom in Rom. Ein Schriftband, in Mosaik gestaltet, zieht sich in großer Höhe, deutlich sichtbar, um den ganzen Innenraum des Petersdoms. Alle Besucher der größten Kirche der Christenheit sollen diese Worte Jesu an Petrus sehen und lesen. Denn der Petersdom ist über dem Grab des Apostels Petrus gebaut, und die gewaltige Kuppel, von Michelangelo entworfen, ist genau über dem Punkt errichtet, an dem sich das Grab befindet.
Es kann heute nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass Petrus tatsächlich nach Rom gekommen ist, nachdem er aus Jerusalem im Jahr 42 flüchten musste, dass er unter Kaiser Nero im Jahr 67 im Zirkus, der sich an der Stelle des heutigen Domes befand, mit anderen Christen gekreuzigt worden ist und dass man ihn außerhalb des Zirkus bestattet hat. Die Ausgrabungen unter dem Petersdom bezeugen die Glaubwürdigkeit dieser Überlieferung aus frühchristlicher Zeit. Diesem Petrus, der Simon hieß, dessen Vater ein gewisser Jona war, von Beruf Fischer, hat Jesus damals das „Felsenwort“ gesagt, das heute noch im Petersdom zu lesen ist. Aber was hat das mit dem Papst zu tun? Der Papst ist der Nachfolger des Apostels Petrus. Auch das kann historisch nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die Liste seiner Nachfolger ist bestens überliefert. Die ersten drei waren Linus, Cletus und Clemens. Der jetzige Papst, Franziskus, ist der 266. in der langen Liste der Bischöfe von Rom, der Päpste.
Soweit so gut. Dennoch stellt sich eine große Frage: Gelten die Worte, die Jesus damals in der Nähe von Cäsarea Philippi, bei den Jordanquellen im Norden von Galiläa, dem Fischer Simon gesagt hat, einfach wie selbstverständlich auch für alle seine Nachfolger? Hat Jesu Verheißung nur dem Simon gegolten, dem er den Beinamen Kephas, Fels, auf Griechisch Petros, gegeben hat? Darf diese Verheißung ohne Weiteres auf alle seine Nachfolger ausgedehnt werden? Und was bedeutet es, dass Jesus dem Simon Barjona „die Schlüssel des Himmelreichs“ gegeben hat, mit der Vollmacht, auf Erden zu binden und zu lösen, mit der Wirkung, dass das sogar dann im Himmel rechtskräftig gilt? Darf das alles einfach eins zu eins auf alle nachfolgenden Päpste übertragen werden?
Um darauf zu antworten, hilft ein einfacher Blick auf die Worte des Evangeliums. Jesus will wissen, was die Leute über ihn denken und sagen. Viele halten ihn für einen Propheten, einen Mann Gottes. Das ist auch heute nicht anders. Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten Menschen in Österreich Jesus für eine große, vorbildliche Gestalt halten. Glauben sie deshalb schon, dass Jesus der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes ist? Petrus glaubt das und er spricht es offen aus. Aber Jesus sagt ihm klar: Das hast du nicht aus dir! Das hat dir Gott, mein Vater, zu glauben ins Herz gelegt.
Und nun das entscheidende Wort Jesu: „…und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ In einem Kirchenlied heißt es: „Die Kirche ist erbaut auf Jesus Christ allein.“ Nicht der Papst ist das Fundament der Kirche, sondern Jesus Christus. Der Glaube an Jesus Christus ist der Fels, auf den Jesus durch alle Jahrhunderte seine Kirche baut. Der Nachfolger des Petrus, der Papst, hat von Jesus den Auftrag, uns alle daran zu erinnern und in diesem Glauben zu stärken.
In jener Zeit, als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.