So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 18. Oktober 2020 (Matthäus 22,15-21).
Eine seltsame Frage wird im heutigen Evangelium gestellt: „Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht?“ Für uns ist eines klar: Steuern müssen wir zahlen, zumindest die meisten von uns. Die Frage ist nur, wieviel wir zahlen müssen und ob und wie wir Steuerermäßigungen geltend machen können, immer im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten. Hinter der Fangfrage, die Jesus in eine Falle locken soll, steht eine riesige religiöse (und zugleich politische) Frage. Sie hat die Zeitgenossen Jesu zutiefst bewegt und sie ist auch heute nicht vom Tisch.
Damals war das jüdische Volk unter römischer Fremdherrschaft. Ist es mit dem Glauben vereinbar, der Besatzungsmacht Steuern zu zahlen? Fordert die eigene jüdische Religion nicht die Ablehnung des heidnischen Kaisers? Wie verhalten sich überhaupt Religion und Staat zueinander? Steht die Religion nicht über dem Staat? Müssen die Gläubigen zu allen staatlichen Gesetzen und Maßnahmen immer nur Ja und Amen sagen? Wie ist das vor allem, wenn der Staat Gesetze erlässt, die gegen die religiösen Überzeugungen stehen? Muss man auch dann noch gehorchen? Verpflichtet der Glaube an Gott nicht zum Widerstand?
In Coronazeiten tauchen solche Fragen wieder auf. Muss die Kirche, müssen die Religionsgemeinschaften sich all den staatlichen Regeln unterordnen? Manche Gläubige werfen uns Bischöfen vor, wir hätten vorschnell alle die Sicherheitsmaßnahmen des Staates übernommen. Hätten wir nicht mehr auf die Religionsfreiheit pochen sollen?
Die Gegner Jesu fragen nicht in ehrlicher Absicht. Sie wollen ihm bewusst eine Falle stellen. Wie Jesus antwortet, so oder so, auf jeden Fall sitzt er in der Falle. Sagt er, es sei (aus religiösen Gründen) nicht erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, so fordert er zur Rebellion gegen Rom auf und macht sich strafbar. Sagt er, es sei erlaubt, so erweist er sich als Verräter gegen die eigene jüdische Religion. „Jesus aber erkannte ihre böse Absicht“ und entlarvt sie als Heuchler. Das Geld, das sie verwenden, um die Steuer zu bezahlen, sind römische Münzen, die das Bild des Kaisers tragen. Eigentlich darf ein gläubiger Jude eine solche Münze nicht in die Hand nehmen aufgrund des Bilderverbots. Daher Jesu schlichte, klare Antwort: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört.“
Mit dieser berühmten Antwort hat Jesus für alle Zeiten den Weg gewiesen, wie Religion und Staat zueinander stehen sollen. Steuern sind zu zahlen. Das ist die eine Seite der Antwort Jesu. Der Staat braucht die Steuern seiner Bewohner, um für sie sorgen zu können. Als Bürger unseres Staates sehe ich das auch ein, selbst wenn die Steuern recht hoch sind. Mit unser aller Steuern kann Österreich eines der besten Gesundheitswesen der Welt erhalten. Gerade jetzt sollten wir das besonders schätzen. Das öffentliche Verkehrsnetz, die Schulen, die Pensionen, das soziale Netz, alle diese großen Errungenschaften sind nur möglich dank der Steuern von uns allen. Also zahle ich, manchmal murrend, meistens aber dankbar, meinen Steuerbeitrag.
Und die Religion? Jesus hat sie klar vom Staat unterschieden. Er hat sich selber den staatlichen Gesetzen und Vorgaben untergeordnet. Aber der Staat darf sich nicht an Gottes Stelle setzen wollen. Die Seele gehört Gott. Das Gewissen steht über dem Staat und ist nur Gott verantwortlich. Aber der Staat dient unserem (irdischen) Wohl. Dafür darf er Steuern einheben.
Damals kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du die Wahrheit sagst und wahrhaftig den Weg Gottes lehrst und auf niemanden Rücksicht nimmst, denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Was meinst du? Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum versucht ihr mich? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Als sie das hörten, staunten sie, ließen ihn stehen und gingen weg.