Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.
Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am 4. Adventsonntag, 20. Dezember 2020 (Lukas 1,26-38).
Die vierte Kerze brennt am Adventkranz. Viele treffen die letzten Vorbereitungen auf das Fest, das heuer von der Corona-Pandemie überschattet ist. Weihnachten – einmal stiller, vielleicht ruhiger, sogar besinnlicher?
In Stille, fern vom lauten Treiben der Märkte und Geschäfte, hat sich das ereignet, was zu Weihnachten gefeiert wird: die Geburt des Christkinds, des Christus Jesus.
Heute führt uns das Evangelium neun Monate zurück, zu dem Moment, da dieses Kind empfangen, seine Mutter mit ihm schwanger wurde. Empfängnis, Schwangerschaft, Geburt: Die Ereignisse, denen wir alle unser Dasein, unser Leben verdanken. Auch bei uns geschahen diese Schritte vermutlich in aller Stille, nicht auf den großen Schauplätzen der Öffentlichkeit. Alles Große beginnt in der Stille. Und es gibt nichts Größeres als das Entstehen und Werden eines neuen Menschenlebens. Das ist wohl auch der Grund, warum gerade Weihnachten einen Zauber hat wie kaum ein anderes Fest. „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt“, heißt es schon Jahrhunderte vor Jesu Geburt staunend beim Propheten Jesaja.
Kein Kind wird geboren ohne die Mutter, und von ihr ist im heutigen Evangelium die Rede. „Der Name der Jungfrau war Maria.“ Sie war verlobt, aber noch nicht verheiratet. Und nach den damals strengen Regeln lebte sie noch nicht mit Josef, ihrem Verlobten, zusammen. Zum Weihnachtsfest gehören die Engel, als Schmuck, als Gestalten, die in den Weihnachtsliedern vorkommen. Im Alltag sind wir nicht gewohnt, dass sie sich direkt bei uns bemerkbar machen. Wir wären wohl eher erschrocken, wenn, wie bei Maria, der Engel bei uns eintreten würde. Dass sie erschrak, lag vor allem an der Botschaft des Engels. Was ihr da angekündigt wird, ist nicht nur, dass sie mit einem Sohn schwanger werden soll. Aus den Worten des Engels muss ihr klar geworden sein, dass dieser Sohn der Messias sein werde.
Die Erwartung des Messias prägt seit langem und bis heute das jüdische Glaubensleben. Die Propheten haben so oft von dem Kommenden, dem Verheißenen gesprochen, vom Messias, der den Frieden bringen werde, das Ende aller Kriege und Gewalttaten, das Reich der Gerechtigkeit und Güte. Maria hatte alle diese großen Worte voller Hoffnung von Kind an gehört. Und nun soll sie die Mutter des Ersehnten werden. Wir ahnen kaum, was das für eine junge jüdische Frau an Gedanken, an Freuden, aber auch an Sorgen auslösen musste: „Er wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben … und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“
„Wie soll das geschehen?“ Diese Frage Marias ist doppelt verständlich. Sie ist ja noch nicht verheiratet. Und wie soll sie überhaupt mit einer solchen gewaltigen Aufgabe zurechtkommen? Die Antwort des Engels ist zugleich ermutigend und herausfordernd: „Für Gott ist nichts unmöglich.“ Für mich ist das Geheimnisvollste an diesem stillen, ganz verborgenen Geschehen, dass Gott Maria nicht zwingt, ihr nicht ein unerträglich schweres Joch auflädt, sondern sie ganz frei entscheiden lässt. Und ganz frei spricht Maria ihr Ja-Wort zu dem, was Gott ihr zugesagt hat: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Gott wollte nicht Mensch werden ohne die Zustimmung, die Maria für sich und für uns alle gegeben hat. So hoch achtet Gott unsere Freiheit. Er wartet auf unser Ja-Wort.
Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Gedanken zum Evangelium von Kardinal Christoph Schönborn