Täglich beginne ich das Stundengebet mit der Bitte: „O Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile mir zu helfen.“ Nur für heute bitte ich um Gottes Hilfe, jeden Tag neu, denn heute brauche ich sie.
Täglich beginne ich das Stundengebet mit der Bitte: „O Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile mir zu helfen.“ Nur für heute bitte ich um Gottes Hilfe, jeden Tag neu, denn heute brauche ich sie.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 1. Jänner 2021.
Zum Neujahrstag gehören die großen Vorsätze. Es ist leichter, sich so manches für das vor uns liegende Jahr vorzunehmen, als es dann auch wirklich zu halten. Das Sprichwort ist bekannt: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Dahinter steht eine oft schmerzliche Erfahrung: Wir nehmen uns Großes vor und schaffen dann nicht einmal kleine Schritte.
Vielleicht ist es einfach zu weit gedacht, gleich für das ganze Jahr sich etwas vorzunehmen. Da ist es wohl besser, bescheidener vorzugehen. Der gütige Papst Johannes XXIII. (1881-1963) hat zehn praktische Regeln für sich selber aufgeschrieben, die alle mit dem Wort beginnen: „Nur für heute“. Die erste Regel lautet: „Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.“
Nur für heute … Das ist ein guter Beginn des Neues Jahres. Gestern ist vergangen, morgen ist noch nicht da, aber heute lebe ich. So könnte dann doch ein Jahresvorsatz lauten, möglichst wach im Heute zu leben, auf das zu achten, was heute dran ist, was ich zu tun habe, was Gott mir schickt und zutraut. Zu dieser Haltung der Aufmerksamkeit hilft mir persönlich sehr, auf das Wort der Bibel zu hören, das heute im Gottesdienst der Kirche gelesen wird. So oft erfahre ich, dass es ein helfendes, wegweisendes Wort gerade für heute ist.
Am heutigen 1. Jänner ist es der kurze Bericht über die Hirten, die zur Krippe eilen. Drei Worte haben mich dabei besonders angesprochen: Die Hirten eilten, sie fanden und sie erzählten…
Oft ist in der Bibel die Rede vom Eilen. Das hat nichts mit Hast zu tun. Auch von Maria heißt es, sie sei zu ihrer schwangeren Verwandten Elisabeth geeilt, um ihr zu helfen. Täglich beginne ich das Stundengebet mit der Bitte: „O Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile mir zu helfen.“ Nur für heute bitte ich um Gottes Hilfe, jeden Tag neu, denn heute brauche ich sie. Die Hirten von Bethlehem eilten, weil es für sie im Moment nichts Wichtigeres gab, als das zu suchen, was ihnen vom Engel gesagt worden war.
Und „sie fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag“. Die Freude des Findens: Jeden Tag gibt es Momente, in denen mitten in allen Sorgen und Mühen die Freude aufleuchtet. Was fanden die Hirten? Ein armes Paar mit einem notdürftig in eine Futterkrippe gelegten Neugeborenen. Wie viel Freude wartet auf uns im Neuen Jahr, wenn wir Gottes Gegenwart in den einfachen, bescheidenen und oft armen Erlebnissen des Alltags zu finden lernen!
Und die Hirten erzählten, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Sie waren voll Freude, das zu erzählen. Heuer werden es zwanzig Jahre, dass ich in der KRONENZEITUNG an allen Sonn- und Feiertagen erzählen darf, was ich von diesem Kind, von Jesus, von Maria und Josef, vom Evangelium gehört, erfahren, erlebt habe. Es ist eine der schönsten Freuden meines Hirtenamtes als Bischof, das tun zu dürfen. Nur für heute, jeden Tag neu, finde ich Freude daran.
So eilten die Hirten hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.
Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.
Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.