Jesus spricht Thomas an: Schau meine Wunden an! Berühre sie! „Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Thomas ist erschüttert und bekennt: „Mein Herr und mein Gott.“ Uns allen aber sagt Jesus: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Jesus spricht Thomas an: Schau meine Wunden an! Berühre sie! „Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Thomas ist erschüttert und bekennt: „Mein Herr und mein Gott.“ Uns allen aber sagt Jesus: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Weißen Sonntag, 11. April 2021 (Johannes 20,19-31).
Thomas will es genau wissen. Seine Apostelkollegen behaupten: „Wir haben den Herrn gesehen!“ Vorgestern erst ist er ins Grab gelegt worden. Jetzt soll er leben? Thomas kann es nicht glauben. Er kann es sich einfach nicht vorstellen, dass ein Toter wieder zum Leben kommt. Können wir uns vorstellen, wie das „funktioniert“, die Auferstehung? Seine Kollegen sind vielleicht einer Täuschung aufgesessen. In ihrer Trauer über den Tod ihres geliebten Meisters haben sie womöglich phantasiert, dass er am Leben sei.
Thomas sucht Sicherheit. Wer kann ihm das übelnehmen? Sicher sein, dass sie wirklich Jesus gesehen haben, das sieht Thomas nur durch ein klares Indiz garantiert. Jesus ist gekreuzigt worden. Man muss also an seinen Händen die Nägelspuren sehen können. Ein Soldat hat mit seiner Lanze den Brustkorb Jesu durchstochen, bis ins Herz hinein, um sicher zu sein, dass er wirklich tot ist. Also muss die klaffende Seitenwunde sichtbar sein, sonst ist es nicht Jesus, der angeblich seinen Kollegen erschienen ist. Diese bis ins Herz hineinreichende Wunde will Thomas nicht nur sehen. Er möchte mit seiner Hand hineingreifen. Erst dann wäre er gewiss, dass sie wirklich Jesus gesehen haben.
Kann man es dem Thomas verdenken, dass er sich nur überzeugen lässt, wenn er die Sache selber überprüfen darf? Jesus gibt ihm diese Chance. Acht Tage sind seit Ostern vergangen. Plötzlich ist Jesus da, trotz verschlossener Türen. Er spricht Thomas an: Schau meine Wunden an! Berühre sie! „Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Thomas ist erschüttert und bekennt: „Mein Herr und mein Gott.“ Uns allen aber sagt Jesus: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Sollen wir also blindlings glauben? Wir sind zur Zeit in einer riesigen Vertrauenskrise. Seit über einem Jahr hören wir ständig (fast) nur über das Coronavirus, Ansteckungen, Tote, Impfen. Sollten wir einfach all das glauben, was da von den Experten gesagt, von den Politikern entschieden, von den Behörden gefordert wird? Wer kann all das überprüfen? Zu jeder Entscheidung gibt es in der bunten, wirren Welt des Internets anderslautende Überzeugungen.
Verschwörungstheorien haben Hochsaison. Maßnahmen der Regierung werden kritisiert. Sie seien zu locker oder zu eng. Impfungen seien abzulehnen, sagen die einen. Den anderen gehen sie viel zu langsam.
Aber meint Jesus überhaupt diesen allgemeinen Alltagsglauben? Thomas hat seinen Apostelkollegen nicht geglaubt, obwohl sie glaubwürdig erzählt haben, dass Jesus ihnen erschienen ist. Unser Glaube beruht immer auch auf dem Zeugnis anderer. Ich glaube den Ärzten und Krankenschwestern, die auf der Intensivstation um das Leben von (mehr und mehr jüngeren) Corona-Patienten ringen. Sie lügen uns nicht an mit der Bitte, die Corona-Maßnahmen mitzutragen. Wer ist vertrauenswürdig? Die, die vor Ort die Wirklichkeit erleben! Die, die ehrlich mit der Not umgehen, weil sie sie kennen. Wir können nicht alles selber überprüfen. Aber wir dürfen denen vertrauen, die echte Zeugen sind.
Unser Glaube an die Auferstehung Jesu lebt vom Zeugnis derer, die ihn nach Ostern gesehen haben. Ihnen hat Jesus gesagt: „Ich bin bei euch, alle Tage bis ans Ende der Zeit.“ Die ersten Augenzeugen sind längst gestorben. Aber immer noch machen Menschen die Erfahrung, dass Jesus lebt und bei uns ist, alle Tage…
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten. Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.
Gedanken zum Evangelium von Kardinal Christoph Schönborn