Das ist alles nichts Neues. So war es immer und so bleibt es. Und das ist gut so. Und doch ist es jedes Mal von Neuem ein Wunder. Und es zeigt uns, wie Gott überall am Werk ist, geduldig mit uns allen, auch mit mir.
Das ist alles nichts Neues. So war es immer und so bleibt es. Und das ist gut so. Und doch ist es jedes Mal von Neuem ein Wunder. Und es zeigt uns, wie Gott überall am Werk ist, geduldig mit uns allen, auch mit mir.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium vom 13. Juni 2021.
„Es gibt nichts Neues unter der Sonne!“ Berühmt ist dieses Wort eines Weisen der Bibel. Er meint: „Zwar gibt es bisweilen ein Ding, von dem es heißt: Sieh dir das an, das ist etwas Neues – aber auch das gab es schon in den Zeiten, die vor uns gewesen sind. Nur gibt es kein Erinnern an das Frühere und auch an die Späteren, die erst kommen werden, auch an sie wird es keine Erinnerung geben bei denen, die noch später kommen werden…“ So zu lesen im Buch Kohelet im Alten Testament der Bibel.
Aber Jesus hat doch Neues gebracht! Seine Botschaft wird als das Neue Testament bezeichnet. Und im letzten Buch der Bibel, der Apokalypse oder Offenbarung des Johannes, sagt Jesus: „Sieh, ich mache alles neu.“ Gibt es „Neues unter der Sonne“? Zweifellos! Mit jedem neugeborenen Menschen kommt etwas Einmaliges in die Welt. Und gewiss gibt es Neues in der Forschung, der Wissenschaft. Und jede Liebe, die zwischen zwei Menschen erwacht, hat den Zauber des Neuen. Wer hat also recht, der Weise des Alten Testaments, für den alles schon einmal da war, oder die Stimmen des Neuen Testaments, die voll Hoffnung auf das Neue blicken, das kommen soll?
Für Jesus war das Neue, das er kommen sah, das Reich Gottes. Von ihm hat er ständig gesprochen. „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.“ Viele sprachen damals vom kommenden Reich Gottes. Es sollte eine Zeit des Friedens sein, der Gerechtigkeit und Freiheit. Gott werde alles neu machen. Es werde kein Leid und keinen Tod mehr geben. Und Jesus schien diesen Traum endlich zu verwirklichen. Tatsächlich geschahen viele Heilungen, Wunder, die Jesus zum großen Hoffnungsträger machten. Aber bald regten sich auch kritische Stimmen: Wann kommt die große Veränderung der Welt? Alles bleibt letztlich doch beim Alten. Menschen sterben. Arme werden unterdrückt. Kriege gibt es weiter. Und Jesus selber wird am Ende wehrlos umgebracht.
Auf diese scheinbare Ohnmacht des Reiches Gottes antwortet Jesus mit den beiden Gleichnissen des heutigen Evangeliums. Mit ihnen lädt er ein, einfach die Natur zu beobachten. Da herrscht überall das Gesetz des Wachsens. Alles in der Natur braucht Zeit und daher Geduld. Du kannst die Natur nicht zwingen. Sie hat ihre eigene Ordnung,
Jesus lädt uns ein, das Samenkorn zu betrachten. Es ist winzig klein, aber es enthält schon das ganze Programm des Wachsens. Aus einem Samenkorn wird ein großer Strauch, ein ganzer Baum. Wir können ergänzen: Jedes samentragende Gewächs produziert unzählige Samenkörner. Nur eines von ihnen wird wachsen und eine neue Pflanze werden. Von den Millionen Spermien und den zahllosen Eizellen meiner Eltern hat nur je eines zum anderen gefunden, und daraus wurde ich, dankbar für das Geschenk des Lebens.
Jesus will uns zum Staunen bewegen. Das Reich Gottes ist schon da, wie ein Samenkorn, und es wächst. Immer wieder erliegen wir der Versuchung, Dinge erzwingen zu wollen, die Geduld zu verlieren. Zum Warten-Können lädt Jesus ein durch das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat. Was kann der Landwirt machen, wenn er ausgesät hat? Ob er wacht oder schläft, er kann dem Getreide nicht befehlen, schneller zu wachsen: „Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.“ Erst dann kann geerntet werden.
Das ist alles nichts Neues. So war es immer und so bleibt es. Und das ist gut so. Und doch ist es jedes Mal von Neuem ein Wunder. Und es zeigt uns, wie Gott überall am Werk ist, geduldig mit uns allen, auch mit mir.
Jesus sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da. Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten.Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.