Eine echte Freundschaft fragt nicht zuerst nach dem Nutzen, den der Andere mir bringt. Sie freut sich einfach am Freund.
Eine echte Freundschaft fragt nicht zuerst nach dem Nutzen, den der Andere mir bringt. Sie freut sich einfach am Freund.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 1. August 2021 (Johannes 6,24-35).
Das erste Wort Jesu, das das Johannesevangelium überliefert, ist eine Frage: „Was sucht ihr?“ Jesus merkt, dass zwei junge Männer hinter ihm hergehen. Er wendet sich um und stellt ihnen eine Frage: „Was sucht ihr?“ Sie ist wohl ganz praktisch gemeint: Habt ihr ein Anliegen? Sucht ihr etwas? Kann ich euch helfen? Dahinter verbirgt sich aber eine tiefere Frage: Was bewegt euch, hinter mir herzugehen? Was wollt ihr von mir? Sucht ihr etwas oder sucht ihr mich?
Beides erleben wir oft im Alltag. Ich suche in einer fremden Stadt eine Straße. Ich wende mich an einen Passanten und bitte ihn um Auskunft. Ich suche nicht diese Person, sondern den Weg, um die Straße zu finden. Hoffentlich vergesse ich nicht, mich zu bedanken, wenn ich Hilfe für meine Suche bekommen habe. Anders ist die Situation, wenn ich jemandem zufällig begegne, der gestürzt ist und am Boden liegt. Da geht es mir um diesen Menschen. Ich wende mich ihm zu und versuche zu helfen.
Um diesen Unterschied geht es auch im heutigen Evangelium: Suche ich etwas oder suche ich jemanden? Jesus hat einer großen Menschenmenge Brot zum Essen gegeben. Alle habe gesehen, dass es ein Wunder war. Jesus hatte nicht mehr als fünf Brote zur Verfügung. Aber fünftausend Menschen wurden davon satt. Und jetzt suchen diese Menschen Jesus. Was wollen sie von ihm? Sehr nüchtern sagt ihnen Jesus: „Ihr sucht mich, … weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.“ Und er erinnert sie daran, dass es nicht nur die Nahrung gibt, die verdirbt, sondern dass wir Menschen auch eine andere Speise brauchen, „die für das ewige Leben bleibt“. „Der Mensch lebt nicht von Brot allein“, heißt es anderswo in der Bibel. So schrecklich der Hunger ist, so sehr er bekämpft werden muss, es braucht dennoch mehr als nur das notwendige tägliche Brot.
Die Leute fragen Jesus, was sie tun müssen, um dieses „Mehr“ zu erlangen: „Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?“ Was gibt dem Leben einen Sinn, der über Essen, Arbeiten, Schlafen hinausgeht? Die Antwort Jesu ist denkbar einfach: Glaubt an den, den Gott gesandt hat. Glaubt an mich! Und Jesus wird noch deutlicher: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“
Jesus spricht von einer Speise, die dem Leben Sinn und Ziel gibt. Diese Speise ist der Glaube an ihn. Mich bewegt ein Wort des heiligen Augustinus: „Kaum einmal wird Jesus um Jesu willen gesucht.“ Geht es mir nicht oft wie den vielen Menschen, die damals Jesus gesucht haben? Was will ich von ihm? Was suche ich, wenn ich Gott suche? Meistens komme ich mit vielen Bitten, Sorgen, Wünschen. Und das ist auch berechtigt! Jesus hat dazu eingeladen, dass wir ihn jederzeit bitten dürfen. Aber wichtiger noch als alle Bitten ist es, ihn selber zu suchen.
So ist es schon in unseren menschlichen Beziehungen. Geht es uns um das, was ein Anderer mir geben kann, was ich von ihm haben und profitieren kann, oder geht es mir auch und vor allem um den Anderen als Person? Eine echte Freundschaft fragt nicht zuerst nach dem Nutzen, den der Andere mir bringt. Sie freut sich einfach am Freund. „Was sucht ihr?“ Diese Frage stellt uns Gott durch Jesus. Sucht ihr mich, um etwas zu bekommen? Oder sucht ihr MICH? Die ehrliche Antwort können wir nur selber geben.
Als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger dort waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafarnaum und suchten Jesus. Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierhergekommen? Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! Denn ihn hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel beglaubigt. Da fragten sie ihn: Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen? Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Sie sagten zu ihm: Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen. Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.