Und wenn es doch nicht klappt? Wenn beide das Scheitern ihrer Beziehung erleben? Zwei Dinge habe ich gelernt, auch durch die Scheidung meiner Eltern: Ein Urteil steht mir nicht zu über die Paare, deren Ehe gescheitert ist.
Und wenn es doch nicht klappt? Wenn beide das Scheitern ihrer Beziehung erleben? Zwei Dinge habe ich gelernt, auch durch die Scheidung meiner Eltern: Ein Urteil steht mir nicht zu über die Paare, deren Ehe gescheitert ist.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 3. Oktober 2021 (Markus 10,2-16).
Goldene Hochzeit! Fünfzig Jahre Ehe! Es war ein herzliches und fröhliches Fest, das ich vor kurzem mit dem Jubelpaar, seinen Kindern, Schwiegerkindern und Enkelkindern feiern durfte. Sicher waren die fünfzig Jahre nicht immer ein Honiglecken. Der Rückblick auf all die Jahre des gemeinsamen Weges war vor allem ein Ausdruck tiefer gegenseitiger Dankbarkeit. Nichts auf Erden ist perfekt, aber eine gelungene Ehe ist etwas vom Schönsten, was es in dieser leidvollen Welt geben kann!
Es gibt auch die andere Wirklichkeit. Die Schauspielerin Dolores Schmidinger sagt in ihrem neuen Buch über die Ehe ihrer Eltern: „Es war eine Höllenehe.“ Was tun, wenn alles schiefgeht? Wenn die Ehe, wie Nestroy es einmal nennt, zur „wechselseitigen Lebensverbitterungsanstalt“ wird? Darf man, soll man, muss man sich in solchen Fällen trennen? Wann ist der Schaden für die Kinder größer? Wenn die Eltern im Dauerkonflikt beisammenbleiben? Oder wenn es zur Scheidung kommt? Gibt es auf diese oft quälenden Fragen eine allgemeingültige Antwort?
Diese Frage wurde auch Jesus gestellt: „Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau aus der Ehe zu entlassen?“ Es sind Männer, die von ihm eine Antwort hören wollen. Den Pharisäern kommt gar nicht in den Sinn, auch zu fragen, ob die Frau sich von ihrem Mann trennen darf. Es geht ihnen ganz einseitig nur um Männerrechte. Jesus stellt ihnen eine Gegenfrage: „Was hat euch Mose vorgeschrieben?“ Sie müssen zugeben: Das Gesetz des Mose bietet der Frau einen gewissen Schutz gegen die Willkür des Mannes. Es braucht ein Scheidungsverfahren, das die Rechte der Frau nicht vergisst.
Jesus ist das zu wenig. Ja, Mose und damit das damals gültige jüdische Gesetz haben die Scheidung erlaubt. Aber für Jesus ist das ein Zugeständnis, „weil ihr so hartherzig seid“. Wenn ihr mehr Herz füreinander hättet, bräuchte es nicht die Scheidungsregeln, die Mose im Gesetz festgehalten hat. Und Jesus erinnert an Gottes ursprünglichen Plan mit der Ehe, so wie es „am Anfang der Schöpfung“ war, als Gott den Menschen als Mann und Frau erschaffen hat.
Ich staune immer wieder über die Formulierung am Anfang der Bibel, die Jesus seinen Gegnern in Erinnerung ruft: „Dann wird der Mann Vater und Mutter verlassen und die zwei werden ein Fleisch sein.“ Nicht die Frau, sondern der Mann löst sich von seinen Eltern und bindet sich an seine Frau. Oft gelingt die Ehe nicht, weil der Mann sich nicht von der Mutter lösen kann. „Die zwei werden ein Fleisch sein“, eine neue gemeinsame Wirklichkeit. Sie gehören zusammen, und diese Einheit ist mehr als ein Vertrag auf einem Stück Papier: „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“
Und wenn es doch nicht klappt? Wenn beide das Scheitern ihrer Beziehung erleben? Zwei Dinge habe ich gelernt, auch durch die Scheidung meiner Eltern: Ein Urteil steht mir nicht zu über die Paare, deren Ehe gescheitert ist. Und: Die dringende Bitte an alle Eltern, die einen Ehekonflikt und eine Trennung erleben – in den Worten von Papst Franziskus: „Ihr dürft das Kind nie, nie, nie als Geisel nehmen! … Die Kinder dürfen nicht die Last dieser Trennung tragen, sie dürfen nicht als Geisel gegen den anderen Ehepartner benutzt werden.“ Ihr habt euch getrennt. Bemüht euch, den anderen vor euren Kindern nicht schlecht zu machen. Sie werden es euch für immer danken!
Da kamen Pharisäer zu ihm und fragten: Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau aus der Ehe zu entlassen? Damit wollten sie ihn versuchen. Er antwortete ihnen: Was hat euch Mose vorgeschrieben? Sie sagten: Mose hat gestattet, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen. Jesus entgegnete ihnen: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie männlich und weiblich erschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber. Er antwortete ihnen: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Und wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch. Da brachte man Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Die Jünger aber wiesen die Leute zurecht. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.