Jeder von uns macht sich ein Leben lang auf den Weg. Jahrelang jeden Morgen zur Arbeit, Hausfrauen auf den Weg zum Einkaufen.Man macht sich auf den Weg zu einem Besuch In einem letzten Sinn macht man sich auf den Weg, wenn es zum Sterben kommt.
Jeder von uns macht sich ein Leben lang auf den Weg. Jahrelang jeden Morgen zur Arbeit, Hausfrauen auf den Weg zum Einkaufen.Man macht sich auf den Weg zu einem Besuch In einem letzten Sinn macht man sich auf den Weg, wenn es zum Sterben kommt.
Gedanken zum Evangelium, von Kardinal Christoph Schönborn, am Sonntag, 19.Dezember 2021
Peter Mathei ist seit 25 Jahren Pfarrer im Bregenzer Wald. Wir sind Schulkollegen und seit langem befreundet. Heuer wurde er 75, ein Jahr jünger als ich. Man spürt ihm an, dass er immer noch mit Freude Pfarrer ist, und seine Gemeinde dankt es ihm. Ich liebe seine Kommentare zum Evangelium. Sie sind immer lebensnahe und regen zum persönlichen Nachdenken an. Heute widerstehe ich nicht der Versuchung, einiges zu zitieren, was er zum Evangelium vom vierten Adventsonntag schreibt.
„In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg“ – „Sich auf den Weg machen … Jeder von uns macht sich ein Leben lang auf den Weg. Jahrelang jeden Morgen zur Arbeit, Tausende Male im Leben. Hausfrauen machen sich auf den Weg zum Einkaufen … Man macht sich auf den Weg zu einem Besuch, ähnlich wie Maria. Man macht sich auf den Weg zur Kirche … In einem letzten Sinn macht man sich auf den Weg, wenn es zum Sterben kommt. In einem Sterbegebet der Kirche heißt es: Mache dich auf den Weg, Bruder, Schwester in Christus!“
Peter Mathei versteht es, ein kleines Wort des Evangeliums ganz einfach mit unserem Alltag zu verbinden. So auch den nächsten Satz des Evangeliums: Maria „eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.“ Er schreibt dazu: „Sie eilte … Das erinnert an die Aufforderung, das Wichtige und Dringliche nicht aufzuschieben, sondern unverzüglich und schnell, also mit Eile zu erledigen … Dabei ist es ein unendlicher Unterschied zwischen Hetze und Eile.“
Es tut gut, über jedes einzelne Wort des Evangeliums nachzudenken. Immer aber geh es nicht nur um Worte, sondern um Ereignisse, die mit diesen Worten benannt werden. Das große Ereignis des heutigen Evangeliums ist die Begegnung der beiden schwangeren Frauen. Maria hat eben erst empfangen, ihre ältere Verwandte Elisabeth ist schon im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft. Dazu mein Freund und Mitbruder Peter: „Wir alle sind auch einmal so getragen worden von unserer Mutter … Und sie hat uns ganz sicher so manches Mal zu anderen Frauen getragen. Sie trägt uns auch nach der Geburt noch unter ihrem Herzen, selbst wenn wir auf die schiefe Bahn kämen … Und sie trägt uns, wenn sie schon nicht mehr hier ist, sondern dort … Beim Begräbnis einer Mutter betet die Kirche: … Lass sie ihren Angehörigen nahe bleiben durch ihre Fürbitte bei dir.“
„Als Elisabeth Marias Gruß hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.“ Peter Mathei dazu: „Elisabeth spürt, wie ihr Kind Johannes die Nähe von Jesus fühlt. Ob Kinder schon in der Schwangerschaft besonders tiefe Begegnungen der Mutter mitfühlen? Gar das Beten der Mutter zu Gott spüren? Frauen haben es zu allen Zeiten gewusst: Dass die Monate der Schwangerschaft einen großen, vielleicht entscheidenden Einfluss haben auf das Kind.“
Elisabeth ruft Maria zu: „Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ In jedem „Gegrüßet seist du, Maria“ wird dieser Gruß der Elisabeth wiederholt, in der sprachlich älteren Form: „Gebenedeit bist du ... und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes.“ Benedeien kommt vom lateinischen „benedicere“, segnen. Im Rosenkranzgebet werden diese Worte unermüdlich wiederholt. Peter Mathei kennt die Kritik am Rosenkranz: Er sei ein monotones, geistloses Geplapper. Dem hält er entgegen: „Die tieferen Dinge in unserem Leben muss man selber erfahren … oder zumindest denen glauben, die dieser Erfahrungen machen und es besser wissen als ich.“
Hineinhorchen in die Erfahrungen, von denen das Evangelium spricht: Ich danke meinem Schulkollegen und Freund, dem Pfarrer Peter, dass er ein solcher Horchender ist, der für viele das Evangelium zum Klingen bringt.
Lukas 1,39-45
In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.