Jede auch noch so „kleine" Vergebung lässt einen Strahl der Sonne des Ostermorgens aufblitzen.
Jede auch noch so „kleine" Vergebung lässt einen Strahl der Sonne des Ostermorgens aufblitzen.
Gemeinsames Priestertum: P. Elmar Mitterstieler SJ über die Versöhnung in allen Facetten eines Christenlebens.
Das Priestertum Jesu ist ein Priestertum der Versöhnung, endgültig, „ein für alle Mal“. Er hat „in seinem eigenen Blut … eine ewige Erlösung bewirkt“ und „sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt“ (Hebr 9,12; 10,12.). Durch den Glauben an ihn und die Taufe auf seinen Namen gibt er uns Teil an diesem seinem Priestertum.
Jesus ist unser Bruder geworden, um alle Barrieren zu Gott hin und zwischen uns Menschen zu beseitigen. Er zeigt uns die überbordende Freude Gottes über alles Verlorene, das er wiederfindet, das Ausschauhalten des Vaters, die Umarmung und das Fest mit Mastkalb, Musik und Tanz (Lk 15). Er zeigt uns, wie leidenschaftlich und ohne Maß Gott vergibt, ganz so, wie der Himmel sich über uns spannt. Denn Gott will – auch um den Preis seiner selbst – unser Leben und weiß, dass es ohne Vergebung, ja ohne eine grenzenlose Vergebung kein wahrhaft menschliches Leben geben kann.
Und er sagt uns, unüberhörbar, dass Gott dasselbe grenzenlos („siebenundsiebzigmal“ [Mt 18,22]!) von uns erwartet. Als Menschen nach seinem Bild, getauft auf seinen Namen, sind wir alle, priesterlich wie Jesus selbst, dazu berufen und ermächtigt. Nicht um ein Versöhnen Gottes geht es da, sondern darum, uns durch ihn versöhnen zu lassen und die „Bitte an Christi Statt“ vergebend weiterzutragen: „Lasst Euch versöhnen mit Gott!“ (2 Kor 5,20).
Kirche ist nicht für sich selbst da, sondern dazu, die Freude des Evangeliums zu verkünden, die Hindernisse, die uns von Gott und von einander trennen, zu überwinden und, großherzig wie Jesus, phantasievoll den je ersten versöhnenden Schritt zu tun. Obwohl selbst, wie wir wohl wissen, in allen ihren Gliedern ständig auf Vergebung angewiesen, ist die Kirche österliches Zeichen und Sakrament der Versöhnung in der Welt. Sie ist eine priesterliche Gemeinschaft. Daher ist uns allen in ihr, Gemeinden wie Einzelnen, aufgetragen, in unserem Alltag überall mit allen Menschen das so dringend benötigte Brot der Vergebung zu teilen, das wir tagtäglich von Gott erbitten und erhalten.
Im Sakrament der Buße tut die Kirche, mittels des priesterlichen Dienstamtes, einen wichtigen Dienst an unserem gemeinsamen Priestertum. Die liebevolle, vergebende Umarmung Gottes, durch den Dienst der Kirche uns zugesagt, ist nicht nur eine persönliche Zusage, sondern erneuert zugleich unsere priesterliche Sendung. Denn, wenn Gott so an uns handelt, dann kann daraus nur folgen, dass auch wir unserem Nächsten ebenso „von ganzem Herzen verzeihen“ (vgl. Mt 5,23f; 6,14f; 18,23-35). Davon kann und will uns das Sakrament der Versöhnung niemals lossprechen. Im Gegenteil! Die Kirche hilft uns, unser Priestertum der Vergebung und Versöhnung aus der Quelle der Taufe zu erneuern und auszuüben: lebendig, je füreinander, für die Kirche selbst und für die Welt.
Mit dem Auftrag, gemeinsam Versöhnung zu leben, verbindet Jesus ein Wort der Bevollmächtigung, gleich dem Wort an Petrus, jedoch an seine ganze Gemeinde gerichtet: „Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.“ (Mt 18,18; vgl. auch Joh 20,22ff)
Jede auch noch so „kleine“ Vergebung lässt einen Strahl der Sonne des Ostermorgens aufblitzen, ist ein österliches Beben, das Gräber öffnet und durch die ganze Kirche, ja durch die Menschheit geht. Jede Vergebung ist ein Osterfest, ein Fest neuen Lebens aus dem Friedensgruß des Auferstandenen, ein Fest, das ich uns allen wünsche.
P. Dr. Elmar Mitterstieler SJ
P. Dr. Elmar Mitterstieler SJ, Autor des Buches „Das wunderbare Licht, in dem wir leben. Gleichheit, Würde und Priestertum aller in der Kirche“.