Freude und ehrliche Kommunikation braucht es in der Kirche: Davon ist P. Karl Wallner überzeugt.
Freude und ehrliche Kommunikation braucht es in der Kirche: Davon ist P. Karl Wallner überzeugt.
Missionar, Medienmacher und Mensch mit ganz bestimmten Vorstellungen. P. Karl Wallner OCist bewegt die Kirche von Österreich seit rund 20 Jahren. Projekte gehen dem neuen Missio-Nationaldirektor nicht aus. Er nimmt die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts an, wie er sagt.
Stille in der Klosterkirche von Heiligenkreuz. Das erste der täglichen Gebete der Zisterzienser, die Vigil, ist zu Ende. Einige Bänke des Chorgestühls mit den 30 Mönchen knarren. Pater Karl Wallner zückt seinen Kalender. Es ist 5:57 Uhr in der Früh. Seit mehr als einer Stunde ist er schon wach und nützt die Zeit zwischen den Gebeten. „Struktur und Einteilung ist alles – sonst funktionieren die vielen Aufgaben nicht. Alles aber immer mit Blick auf Gott“, sagt Wallner. Der geregelte Ablauf im klösterlichen Leben zwischen Gebet und Arbeit gibt ihm Klarheit und Gelassenheit.
Ins Kloster eingetreten ist P. Karl vor 35 Jahren. Direkt nach der Matura hat der heute 54-jährige gebürtige Niederösterreicher eine Entscheidung fürs Leben getroffen: „Ich bereue es bis heute überhaupt nicht.“ Nach dem Theologiestudium in Heiligenkreuz und Wien und seiner Priesterweihe hat P. Karl in den 1990er-Jahren als Pfarrer im Wienerwald und als Jugendseelsorger gewirkt. Mit Begeisterung, wie er sagt.
Der Kalender von P. Karl Wallner ist wieder in der Seitentasche seines schwarz-weißen Ordensgewandes verschwunden, das er unter dem weißen Gebetsgewand der Zisterzienser trägt. Die Glocken läuten, der Abt klopft gegen das dunkle Holz des Chorgestühls. Die Mönche beten die Laudes, das zweite Gebet des Tages.
Wallner ist als Zisterzienser Teil eines kontemplativen Ordens, einer klösterlichen Gemeinschaft, die ihren Schwerpunkt auf den Rhythmus zwischen Gebet und Arbeit legt. Dass ihm schon als junger Priester gute Öffentlichkeitsarbeit ein Anliegen war, steht für den großgewachsenen P. Karl dazu in keinem Gegensatz: „Unsere Gottesdienste bauen auf – und das schon seit der Gründung unseres Klosters im Jahr 1133. Unsere Gemeinschaft ist harmonisch. Ich habe mich immer danach gesehnt, dass die Menschen draußen das auch so wahrnehmen.“
P. Karl verneigt sich vor dem Allerheiligsten, vor Jesus, und beendet mit seinen Mitbrüdern das Morgengebet, die Laudes. Schnellen Schrittes eilt er in die Sakristei. Er legt das weite Gebetsgewand, die Kukulle, ab und bereitet sich auf die Eucharistiefeier vor. Das Messgewand ist übergeworfen. Er stellt sich mit den anderen Mönchen vor ein kleines Kreuz, er schließt die Augen. Stille.
Vor fast 20 Jahren wurde P. Wallner mit der Öffentlichkeitsarbeit des Stiftes beauftragt. Er hat an das Potential des Klosters geglaubt: „Damals 1999 hat der digitale Aufbruch in Heiligenkreuz begonnen. Gleich ein Jahr später habe ich eine Homepage aufgebaut, die fast wie eine Tageszeitung funktionierte.“ Geistliche Berufungen und Nachwuchs für das Ordensleben ließen nicht lange auf sich warten, erzählt Wallner.
Ein Höhepunkt seines Wirkens war die erste CD der „singenden Mönche von Heiligenkreuz“ im Jahr 2008. Sie erntete Weltruhm: „Das war ein Wunder. Wir konnten mit unserem 900 Jahre alten Gesang vielen Menschen Kraft und Freude schenken. Dafür bin ich unglaublich dankbar.“ Die Orgel setzt ein. P. Karl zieht mit acht anderen Priestern in die hohe, kahle Klosterkirche von Heiligenkreuz ein. Die Hände gefaltet. Er singt mit ausdrucksstarker Mimik. Seine Stimme ist unüberhörbar.
Dass er viel in der Öffentlichkeit steht und auch immer wieder auf Kritiker stößt, stört P. Karl nicht: „Es gibt Menschen, die mich als Projektionsfläche verwenden und dann sagen: Der Pater Karl ist ja nur mediengeil. Aber: Ich muss vor Gott einmal recht dastehen, nicht vor den Menschen.“
Medien machen verwundbar, sind aber ein „unglaublicher Schatz“, um den christlichen Glauben zu verkünden, sagt der Zisterzienser: „So wie Jesus damals die frohe Botschaft verkündet hat, sollen auch wir das heute tun: Im 21. Jahrhundert sind dabei die sozialen Medien und das Internet zentrale Bausteine. Ohne diese Welt funktioniert Glaubensverkündigung nicht.“
„Der Herr sei mit euch“, singt P. Karl. Er verkündet das Evangelium, die frohe Botschaft. Seine Mitbrüder und die Menschen, die zum Gottesdienst um 6:20 nach Heiligenkreuz gekommen sind, lauschen mit überraschend wachem Gesichtsausdruck. Immer wieder blickt P. Karl die Menschen durch seine randlose Brille an. Bestimmt, aber herzlich.
Seit letztem Jahr hat P. Karl Wallner eine neue Funktion. Er ist Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke „Missio“. Die Verkündigung der frohen Botschaft ist ihm ein Herzensanliegen. Der Auftrag von Papst Franziskus fordert ihn dabei heraus: „Bei einer Audienz im Vatikan hat der Papst gesagt: Ihr müsst in euren Heimatländern für eine missionarische Gesinnung sorgen. Das ist harte Arbeit.“
Seine Aufgabe bei Missio sieht Wallner vor allem darin, für Aufbruchsstimmung zu sorgen, außerdem die Jugend neu für den christlichen Glauben zu gewinnen. Mit neuen Projekten und guter Präsenz in den sozialen Medien will P. Karl zeigen, wie wichtig die Päpstlichen Missionswerke sind: „Wenn Missio bekannter wird, können wir mehr Spenden generieren und damit mehr Menschen helfen. Das muss das Ziel sein.“
Klick. P. Karl öffnet den Kofferraum seines Autos. Direkt nach der Messe geht es nach Mayerling. Dort feiert er mit den dort ansässigen Karmelitinnen Gottesdienst. Danach geht es wieder zurück nach Heiligenkreuz. Besprechung in der Hochschule.
Bestimmte Talente hat P. Karl vom lieben Gott bekommen, die Stärke und Stigma zugleich sind, wie er sagt: „Ich erkenne nicht nur, wenn etwas schlecht läuft und versuche es zu ändern, sondern ich sehe auch Dinge, die sein könnten.“ Ein Beispiel dafür ist die Philosophisch-Theologische Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz, mittlerweile eine Hochschule päpstlichen Rechts, deren Rektor Wallner seit 2007 ist. Von Anfang an hat er großes Potential in der Hochschule gesehen: „Dass die Hochschule in der Weise wächst und wir jetzt so großflächig umbauen konnten, ist nicht mein Verdienst. Das ist von Gott gefügt.“
Das Telefon läutet. P. Karl bleibt vor dem Besprechungszimmer stehen. Ein Mensch braucht seine Hilfe als Priester. Dafür muss Zeit sein. Das sieht der Zisterzienser als seine wichtigste und schönste Aufgabe: Seelsorger zu sein. Für Menschen da zu sein.
P. Karl pendelt zwischen Wien und Heiligenkreuz, seinem Büro in der Hochschule und der Missio-Nationaldirektion im 1. Wiener Gemeindebezirk. „Bei uns im Kloster heißen die ganz frisch Eingetretenen Novizen. So fühle ich mich auch gerade bei Missio. Ich lerne viel Neues kennen, lasse mich einschulen und schaue, wie das alles zusammen funktioniert.“
Vor einigen Monaten hat der Zisterzienser den Senegal und Haiti besucht. Beeindruckt hat ihn dort vor allem der selbstverständliche Glauben, den die Menschen leben: „Da verbindet sich gelebte Spiritualität mit gottesdienstlichen Feiern und selbstlosem, karitativem Engagement.“
Aber jetzt: „Guten Morgen!“ P. Karl begrüßt seine Mitarbeiter mit einem freundlichen Lächeln. Schritt für Schritt wird das Tagesprogramm durchbesprochen. Termine vereinbart. Projekte geplant. Kooperationen abgesprochen. Weit in die Zukunft plant P. Karl nicht: „In einem Management-Seminar hat man mich einmal gefragt, wo ich die Hochschule in 10 Jahren sehe. Darüber denke ich nicht nach, das macht mich nur verrückt.“
Konkrete Ziele und Vorstellungen hat er dennoch, wenn er auch bei vielem auf die Hilfe von oben angewiesen ist, wie er sagt: „Wir müssen Gott viel mehr in unser Leben lassen und dürfen uns in der Kirche nicht in ideologische Debatten verstricken. Der Papst lebt eine unglaubliche missionarische Dynamik vor.“ Wallner hofft auf eine innere Erneuerung in der Kirche, die eine Weite hat und tolerant gegenüber verschiedenen Bewegungen innerhalb der katholischen Kirche ist. Ob das lateinische Messen sind oder Menschen, die nach Medjugorje pilgern.
Ein arbeitsreicher Vormittag neigt sich dem Ende zu. P. Karl Wallner ist im Missio-Büro in Wien angekommen. 12 Uhr – Messe mit den Mitarbeitern in einer kleinen Kapelle.
Der Zisterzienser kommt sehr pünktlich, erst kurz vor Beginn. Eine Minute vor dem Glockenschlag nimmt er sich aber dennoch Zeit zur Vorbereitung – um auf Gott zu schauen. In der Stille.
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zur Person
Das gemeinsame Chorgebet und die tägliche Messe sind für P. Karl eine Kraftquelle.
Dr. theol., Mag. theol., Rektor der Hochschule,
Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke,
Professor für Dogmatik und Sakramententheologie,
Mitglied des Instituts für Dogmatik und Fundamentaltheologie
Adresse:
A-2532 Heiligenkreuz, Markgraf-Leopold-Platz 1,
Tel. +43-2258-8703-177, Fax: -327;
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