Barbara Pachl-Eberharts Lebensmotto: „Gib der Angst nicht zu viel Gewicht - höre sie, aber folge ihr nicht unbedingt“.
Barbara Pachl-Eberharts Lebensmotto: „Gib der Angst nicht zu viel Gewicht - höre sie, aber folge ihr nicht unbedingt“.
2008 verlor Barbara Pachl-Eberhart bei einem Unfall ihren Mann und ihre Kinder. Heute ist sie wieder verheiratet und Mutter einer Tochter. Ein Gespräch über Lebensfreude.
Vor zehn Jahren zu Ostern 2008 verlor Barbara Pachl-Eberhart ihre Familie. An einer Eisenbahnkreuzung wurde das Auto vom Zug erfasst und Ehemann Helmut und die beiden Kinder Thimo und Fini verloren bei dem tragischen Unfall ihr Leben. Nur Barbara selbst saß nicht im Unglücksauto.
Bald danach schrieb sie im Buch „vier minus drei“ ihre Erinnerungen an die Familie nieder. Es wird ein Bestseller! Zwei weitere Bücher folgen, darunter eines über kreatives Schreiben.
Heute ist Barbara Pachl-Eberhart in zweiter Ehe mit dem Schauspieler Ulrich Reinthaller verheiratet und seit März 2017 wieder Mutter der kleinen Erika. Der SONNTAG will von ihr wissen, wie es ihr geht: „Ich bin eine Frau, die heute wieder sagen kann, dass sie sehr glücklich ist, am Leben zu sein.“
Wie leben Sie mit der Erinnerung?
Das gemeinsame Leben, die Trauer ist für mich nicht ständig präsent, aber als ständiges Wissen in mir. In manchen Lebenssituationen ist das sehr relevant, und manchmal macht man sich auch Gedanken darüber, was das bedeutet.
Wie waren Sie denn als Mädchen?
Wenn ich meiner Mutter glauben darf, dürfte ich meiner Tochter Erika sehr ähnlich gewesen sein. Sie hat dieses leicht hämische Grinsen, will alles gleichzeitig und ist unglaublich interessiert. Diese Neugier ist mir bis heute geblieben.
Sie haben als Kind schon Talent gezeigt, sich mit Mimik auszudrücken?
Mein Vater hatte einen Lieblingsclown, den Charlie Rivel. Den hat er mir immer wieder im Fernsehen gezeigt. Was sich für mich da übertragen hat, war ein Mensch, der sein Herz im Gesicht trägt, in den Augen, der Zunge, dem Mund. Nichts versteckt, nichts verborgen. Das kommt meinem Wesen entgegen.
Ich bin eine, die glaubt, dass die Welt eine bessere ist, wenn wir uns verschenken, mit dem, was wir sind.
Sie haben durch das Clownsein auch ihren ersten Mann Helmut kennen gelernt - nicht wahr?
Ja: Auf der Straße beim Clowntheater in Graz. Er holte mich drei mal auf die Bühne. Danach sagte ich ihm, ich bin auch Clown und suche einen Partner. Er sagte, ja das merkt man. Wir wurden Clown- und Lebenspartner.
Sie haben geheiratet und wurden Eltern. Mit einem Schlag war durch den Unfall dann alles anders ...
Man könnte fast sagen, dass unser Familienleben mit dem Clowntheater herum auch so etwas war wie ein wunderbares Theaterstück. Ein Stück ohne große Sorgen und Probleme.
Aber mit großem Knalleffekt hat es sich dann gewendet und mein Mann ist direkt per Aufzug in den Himmel gefahren, meine Kinder sind wenige Tage danach nachgekommen.
Wie kam es zu ihrem ersten Buch „vier minus drei“?
Ich schreibe immer an andere. So begann das auch. Ich habe es niedergeschrieben, für Ulrich, den ich liebe, warum ich die bin, die ich heute bin.
40 Seiten waren es. Mein heutiger Mann zeigte es einem Verleger. Der weinte in der S-Bahn. Er sagte: Wollen Sie es probieren?
Ziel für mich war, meine Geschichte zu erzählen und sie eines Tages in den Kasten stellen zu können, ihr Platz zu geben. Als das Buch zum Bestseller wurde, war mir klar, dass es nicht so sein wird.
Sie haben ihren Mann Ulrich knapp nach dem Tod ihrer Familie kennen gelernt. Auch er hatte einen persönlichen Verlust.
Wir wurden von meiner besten Freundin verkuppelt. Es hat auch gefunkt, aber es war nicht leicht. Es hat mich schon sehr beschäftigt: Ist das zu früh? Sein Vater verstarb kurz davor, er hat ihn dabei begleitet. Wir haben gemerkt, dass wir viel Gesprächsstoff haben. Daraus wurde Lebensstoff.
Sie sind seit einem Jahr wieder Mutter. Wie geht es ihrem Mann damit? Er ist aus seiner ersten Ehe Vater zweier erwachsener Töchter?
Unsere Tochter ist sehr auf mich fixiert. Wir sind eine starke Symbiose. Das hat natürlich auch mit meinem Glucke-Sein zu tun. Ich finde das gut an meinem Mann, dass er auch weiß, wo seine Grenzen sind.
Wie möchten Sie Erika erziehen?
Ich glaube, wenn es ein Kind gibt, das dringend einfordert, seinen Weg gehen zu dürfen und alles selber zu machen, die größten Abenteuer erleben will, dann ist es unsere Tochter. Meine beiden anderen Kinder waren nicht so selbstständig wie sie.
Erika hat mir vom ersten Tag an gesagt: ,Mama, ich kann das.’ Sie macht das und geht ihren Weg. Ich bin keine ,Helikopter-Mama’. Vielleicht sogar auch wegen dem, was 2008 geschehen ist. Meine Tochter Fini hätte diesen Unfall fast überlebt. Deshalb habe ich vielleicht sogar weniger Angst als andere Mütter.
Wie und wann werden sie ihrer Tochter Erika von ihrem Familienschicksal erzählen?
Noch ist es mir ein bisschen zu früh. Was ich mir schon überlegt habe und sich für mich richtig anfühlt, ist nicht zu sagen, schau mal, das ist dein Bruder, das ist deine Schwester, sondern das sind die Kinder und der Mann, die ich früher gehabt habe.
Was glauben Sie, wird ihre Tochter Erika einmal beruflich machen?
Sie hört jeder Musik zu wie ein Luchs, tanzt, dirigiert und singt teilweise mit. Ich hoffe, dass sie ein Instrument lernt und in einem Chor singt. Darstellerisch, schauspielerisch ist sie sicher auch.
Erika wird einmal in die Pubertät kommen und sie beide herausfordern.
Es ist spannend, weil ich Pubertät noch nicht erleben musste. Ich habe ja sozusagen die Rosinenzeit aus der Kindheit gehabt. Mein Sohn war fast sieben, als er gestorben ist, und meine Tochter nicht ganz zwei Jahre.
Ja, diese heftige Zeit der Auseinandersetzung mit einem jungen Menschen in seiner aufblühenden Kraft, auf die freue ich mich.
zur Person
Barbara Pachl-Eberhart
Geboren am 31. März 1974 in Wien
LEBENSMOTTO:
„Gib der Angst nicht zu viel Gewicht - höre sie, aber folge ihr nicht unbedingt“.
Leben ist …
für mich ein Spielraum mit unendlichen Möglichkeiten und vor dem Hintergrund eines sehr sicheren Fangnetzes. Ein aufregender Spielraum, in dem uns im Grunde, auf einer seelischen Ebene nichts passieren kann. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist der Tod. Aber der ist auch nicht so schlimm, glaube ich.
Sonntag ist …
Gott sei Dank bei uns Familientag. Auch wenn wir freiberuflich sind, wir nehmen uns diesen Sonntag ganz bewusst dafür, das Leben in Gemeinschaft, in Beziehung zu zelebrieren.
Glaube ist …
für mich einerseits ein Sicherheitsnetz in das ich fallen kann, andererseits immer wieder ein Vorschusskredit, den ich gebe. Ich handle im Geist des Glaubens und dadurch kann ich mutiger sein und mich auf Dinge einlassen, die Vertrauen brauchen.
Heyne Verlag
ISBN: 978-3453702035
Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand.
Heyne Verlag
ISBN: 978-3453703391
Persönliche Antworten auf die großen Fragen der Trauer
Verlag: Integral
ISBN: 978-3778792797
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