Johannes Gutmann kommt in seiner berühmten Lederhose zum radio klassik Stephansdom-Sommergespräch.
Johannes Gutmann kommt in seiner berühmten Lederhose zum radio klassik Stephansdom-Sommergespräch.
Mit Anfang zwanzig stand Johannes Gutmann in seiner Lederhose auf Bauernmärkten und verkaufte Bio-Kräuter. Er war rundum glücklich, auch wenn man ihm den Vogel zeigte. Heute verkauft er immer noch Bio-Kräuter, mit einem Umsatz von rund 45 Millionen Euro.
Wie man der Versuchung des Geldes widersteht, warum jeder Unzufriedene eine Krise braucht und was ihn trägt, erzählt er im Sommergespräch.
Als er den Stephansdom über den Dächern des Deutschordenshauses aufragen sieht, macht Johannes Gutmann einen Luftsprung. Er hat die Gabe, sich so richtig über etwas freuen zu können.
Die Freude war für ihn auch das maßgebliche Kriterium für seine Berufswahl, nicht Geld, nicht Ansehen. Deshalb ist das Logo seines Bio-Unternehmens Sonnentor eine lachende Sonne. Es war kein geradliniger Weg, der ihn da hin geführt hat. Trotzdem, wenn er sein Leben noch einmal von vorne beginnen sollte, würde er alles wieder genauso machen. Das kann nur ein glücklicher Mensch sagen.
Sie stammen aus einer Bauernfamilie, wollten selbst aber kein Bauer sein. Warum nicht?
Ich hab’ sehr schnell gemerkt, wie es bei den Landwirten zugeht. Schon als Kleinkind lernt man mitzujammern. Das Wetter is’ nix, die Preise sind schlecht, die Erträge sind schlecht. Ich hab’ von dieser Jammerei wenig gehalten und gewusst, ich werde nicht den Bauernhof übernehmen. Mein Vater hat mich ziehen lassen, dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Nach zwei Wochen an der Wirtschaftsuniversität haben Sie Wien den Rücken gekehrt. Zwei Jobs haben Sie hingeschmissen, bei drei weiteren wurden Sie gekündigt. Wie haben Sie aus dieser Krise herausgefunden?
Ich wünsche allen, die unzufrieden sind, Krisen. Wenn sie in der Krise sind und sehen, da geht’s nicht weiter, müssen sie den Weg ändern. Und jede Krise ist eine Riesenchance, von vorne und etwas Neues anzufangen. Diese Krisen des Rausschmisses habe ich nie empfunden als ein Versagt-haben, nein, es hat einfach nicht gepasst für mich.
Die einzige Verzweifelte war meine Mutter, die gesagt hat: „Mein Gott, blöder Bua, jetzt weißt noch immer nicht, was du werden willst?“ Als ich das letzte Mal rausgeschmissen wurde, hab’ ich gewusst, was ich machen möchte: mich selbständig machen mit Kräutern, mit Bio-Bauern. Dort hängt mein Herz bis heute und ich bin überglücklich, dass ich das gewählt habe.
Inspiriert haben Sie die vielfältigen Kräuter, die auf den Feldern wuchsen, aber von den Bauern ausgerupft wurden...
Totgespritzt wurden die. Die Bauern haben das einfach nicht verstanden. Die hatten den Hang zu Kartoffeln, Getreide – zu dem Zeug, das eigentlich eh nix bringt. Das ist immer mehr geworden und die Spritzerei wurde auch immer mehr.
Ich hab’ gewusst, das kann’s doch nicht sein, dass die Bauern die Lebensmittel mit Gift behandeln. Ich war total geschockt und hab’ sie gefragt: Esst ihr das selber? „Na, wir ham eh unser Gartenackerl, dort bauen wir das an, was wir selber essen. Und die Schweinderl kriegen keine Hormone, die füttern wir mit den Abfällen von unserem Gartenackerl.“ Das ist schon doppelbödig und doppelmoralisch und ich wusste: Das möchte ich nicht.
1988 haben Sie Ihre Firma Sonnentor als Ein-Mann-Unternehmen gegründet und Bio-Kräuter verkauft. Sie waren damals Anfang zwanzig und Bio steckte noch in den Kinderschuhen. Ihr Umfeld hat Sie oft einen Spinner geheißen, den „Spinner in der Lederhose“. Wie sind Sie mit der Kritik umgegangen?
“Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“, hat Wilhelm Busch schon gesagt. Also, mir ist es super gegangen, weil ich wusste genau, das gefällt mir, den Bio-Bauern geht’s gut damit, mir geht’s gut damit und wir haben etwas für die Umwelt getan.
Im ersten Jahr war mein Ziel, davon leben zu können. Ich hab’ 300 bis 400 Euro pro Monat verdient, vorher in der Arbeitslosikeit hatte ich umgerechnet auch knapp 300 Euro. Und ich war glücklich, von Anfang an.
Gut 30 Jahre später macht Sonnentor einen Umsatz von 44,5 Millionen Euro, beschäftigt 500 MitarbeiterInnen und vertreibt 900 Produkte – Kräuter, Gewürze, Tee, Kaffee, Kakao. Angebaut werden sie vom Waldviertel bis nach Neuseeland. Ist das noch nachhaltig, Lebensmittel so weit zu transportieren?
Bei uns im Waldviertel wächst halt nicht alles. Die Leute fragen auch nach anderen Dingen, die nicht bei uns wachsen. Damit ist ein Anbauprojekt ums andere dazugekommen. Alles, was wir verkaufen, ist bio, von Anfang an.
Wenn Sie nach dieser Transportnachhaltigkeit fragen: Wir haben uns von Anfang an nicht nur Gedanken gemacht, wie man diesen CO2-Ausstoß beim Transport kompensieren kann, sondern wir haben es auch getan. Denn jeder Bauer, der bio wirtschaftet, sorgt für CO2-Bindung.
Wenn wir also zusammenzählen, was wir über unsere 1.500 Hektar Anbaufläche weltweit an CO2 kompensieren, dann ist das drei Mal so viel, wie wir an CO2 über Transporte und die Produktion ausstoßen.
Eine Tonne Humus bindet 2,6 Tonnen CO2. Das ist der Schlüssel für die zukünftige Klimakatastrophe, die uns droht. Wir müssen uns eigentlich jetzt schon Gedanken machen, wie wir dieses CO2 wieder binden können, wie wir es und auch andere Gase, zur Fruchtbarkeitsmehrung wieder in den Boden hineinbringen.
Und das geht – auf jedem Quadratmeter Garten, jedem Balkon und jedem Bio-Feld, wenn man im Kreislauf wirtschaftet.
Sie zahlen sich im Monat ein Chef-Gehalt von 2.500 Euro. Wie widerstehen Sie der Versuchung, immer mehr zu wollen?
Das geht ganz einfach. Wenn Sie erkennen, was Sie nicht brauchen, dann geht’s Ihnen gut. Status ist eigentlich nur ein Vorgaukeln, ein Sich-selbst-beweihräuchern. Das hat nichts mit wirklichen Werten zu tun. Das hab’ ich eigentlich nie gebraucht.
Wo finden Sie Halt, was gibt Ihnen Kraft?
Ich bin christlich erzogen worden, das war am Dorf so – Gott sei Dank. Wir machen das auch mit unseren Kindern. Für mich war es immer wichtig, an etwas zu glauben.
Ich hab’ Erfahrungen gemacht, die mich immer wieder auf diese christlichen Grundsätze zurückgeleitet haben. Wenn du dich christlich sozial verhältst, dann geht es dir nicht nur gut, sondern du wirst glücklich in deinem Leben. Und du kannst diesen Glauben auch weitergeben.
Man sagt auch: Der Glaube kann Berge versetzen. Wenn man an etwas glaubt, dann kommt etwas zurück. Viele messen das heute in Geld, aber Erfolg kann in vielen Dingen messbar sein.
Ich kann jedem nur raten, glauben Sie an etwas. Zuerst glauben Sie an sich, an das Gute in der Welt, und wenn Sie das auch weitergeben und danach leben, dann werden Dinge passieren, von denen Sie nur träumen können.
In voller Länge können Sie das Sommergespräch mit Johannes Gutmann
am Montag, 15. Juli, um 17.30 Uhr,
sowie im DaCapo am Sonntag, 21. Juli, 17.30 Uhr,
auf radio klassik Stephansdom hören.
Als er den Stephansdom über den Dächern des Deutschordenshauses aufragen sieht, macht Johannes Gutmann vor Freude einen Luftsprung.
Johannes Gutmann
Geboren: 1965 als jüngstes Kind einer Waldviertler Bauernfamilie. In Zwettl besucht er die Handelsakademie, erlebt beim Bundesheer eine Sinnkrise und studiert 14 Tage lang an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Als Ein-Mann-Unternehmen verkauft er biologische Kräuter und gründet 1988 die Firma „Sonnentor“.
500 Mitarbeiter_Innen beschäftigt er heute und vertreibt 900 Produkte, 70 Prozent davon werden im Ausland verkauft. Der Umsatz beträgt 44,5 Millionen Euro.
Im Waldviertel lebt er mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern.
Leben ist…
ein riesiges Geschenk - es wurde mir geschenkt und ich möchte etwas daraus machen.
Sonntag ist…
für mich ein Ritual.
Den siebten oder ersten Tag in der Woche feiern wir mit unseren Kindern.
Wir sind auch öfter in der Kirche, nicht jeden Sonntag, aber ich versuche das mit meiner Frau zu pflegen.
Glaube ist…
für mich die Basis.
Wer an sich glaubt, der glaubt auch an das Gute in der Welt.
weitere Informationen zu
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at