Johanna Stummer: „Früher, da hab’ ich auch oft mit Gott gestritten. Wenn das Leben nicht so leicht war.“
Johanna Stummer: „Früher, da hab’ ich auch oft mit Gott gestritten. Wenn das Leben nicht so leicht war.“
Auf ihr langes Leben blickend, findet Johanna Stummer, dass es gut ist, wie es ist. Besonders vom Gleichnis vom Barmherzigen Samariter ist sie inspiriert.
Dass der liebe Gott mit gezücktem Pfeil da steht und auf alle Ungläubigen schießt – nein, das hat Johanna Stummer nie geglaubt. Auch wenn das der Pfarrer in der Kirche damals, als sie jung war, gepredigt hat. „Nein, das gibt’s nicht, hab’ ich mir gedacht“, erzählt die heute 87-Jährige.
„Für mich war Gott immer der Barmherzige Samariter.“ Johanna, von allen Hansi genannt: Im 4. Bezirk geboren, als Kind den Krieg erlebt, dann den Wandel in der Kirche. 1955 Hochzeit mit ihrem Mann. In der Wohnung in der Theresianumgasse, die das junge Ehepaar bezogen hat, wohnt sie immer noch.
Zu Fuß ist die Wohnung nur ein paar Minuten von der Kirche entfernt, die ihr schon ihr Leben lang Heimat ist: St. Elisabeth. Ihr Mann und sie gehören zum Urgestein von St. Elisabeth. „Auf der Straße hat mich einmal der Pfarrer angesprochen, ob ich nicht in den Pfarrgemeinderat will.“
Hansi ist Lektorin, bereitet Gottesdienste vor, besucht Kranke, kocht Kaffee und bäckt Kuchen. Ihr Herz schlägt für den „Klub“, eine Runde, die sich einmal im Monat trifft und meistens ein religiöses Thema bespricht. Dort hält sie auch Vorträge, wenn der Pfarrer verhindert ist.
Heute ist Hansis Radius kleiner geworden. Viel kleiner. Gestützt auf Krücken, bewegt sie sich langsam durch ihre Wohnung, in der sie seit dem Tod ihres Mannes vor zwanzig Jahren alleine lebt. Ohne Hilfe kann sie die Wohnung nicht mehr verlassen, für den Besuch der Heiligen Messe wird sie abgeholt.
Einmal in der Woche betet sie mit drei Frauen zu Hause den Rosenkranz. „Wir stellen die Muttergottes auf den Tisch und beten“, sagt Hansi. Die Muttergottesstatue aus Holz, die ihren Platz sonst auf einem kleinen Holzregal über dem Esstisch hat, steht schon seit ihrer Hochzeit in ihrer Wohnung.
Gekauft auf der Hochzeitsreise mit dem wenigen Geld, das das junge Paar damals zur Verfügung hatte. „Wir haben bei der Hochzeit tausend Schilling von der Verwandtschaft bekommen und sind in die Berge gereist. Dort haben wir die Muttergottes bei einem Holzschnitzer gesehen.“ Hansi und ihr Mann beschließen, ihr Geld für die Statue auszugeben. „Wäsche können wir uns immer kaufen, die Muttergottes nicht“, sagen sie sich.
Einmal hat Hansi den Eindruck, die Muttergottes sagt zu ihr, sie soll nicht nur bitten, sondern auch Danke sagen. Sie nimmt sich vor, öfter zu danken. „So oft wird einem geholfen, aber man denkt nicht dran!“
Nach einem so aktiven Leben in der Pfarre, stets in Kontakt mit anderen, fällt es Hansi schwer, immer an die Wohnung gebunden und viel alleine zu sein. Die Tage zu Hause werden ihr oft lang.
Heute bittet Hansi Gott vor allem um eines: „Dass ich bald in den Himmel kommen darf. Auf den Himmel freu’ ich mich!“ Ihr Mann, Freunde, Bekannte aus der Pfarre – fast alle sind schon gestorben. „Ich bin überzeugt, dass ich sie alle dort wiederfinden werde“, sagt Hansi.
„Früher, da hab ich auch oft mit Gott gestritten. Wenn das Leben nicht so leicht war.“ Auf ihr langes Leben blickend, findet Johanna Stummer, dass es gut ist, wie es ist: „Gott hat mir gezeigt, was wichtig ist. Nicht der Posten auf der Arbeit, sondern die Einstellung des Barmherzigen Samariters.“
Der Barmherzige Samariter war ihr das ganze Leben lang Richtschnur und Vorbild. „Glaube ist für mich, das zu tun, was gerade notwendig ist“, sagt sie. „Ich bin ein sehr praktischer Mensch.“
Auch in der Pfarre hat Hansi immer das getan, was zu tun war: Kaffeejause herrichten, die Lesung lesen, oder im „Klub“ den Vortrag vorbereiten.
Johanna Stummer: „Auf den Himmel freu’ ich mich! Ich bin überzeugt, dass ich sie alle dort wiederfinden werde.“
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