"Als christliche Kirchen wollen wir wachsam sein gegenüber jeglicher Form von Politik, die auf Abwertung oder Ausgrenzung von Minderheiten setzt", so Bischof Manfred Scheuer.
"Als christliche Kirchen wollen wir wachsam sein gegenüber jeglicher Form von Politik, die auf Abwertung oder Ausgrenzung von Minderheiten setzt", so Bischof Manfred Scheuer.
Die "tiefe Verbundenheit" zwischen Christentum und Judentum betonte Bischof Scheuer beim Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen zum Tag des Judentums.
Vor jeder Form von Antisemitismus haben die christlichen Kirchen aus Anlass des "Tags des Judentums" gewarnt. Christen seien aufgefordert, "gegen Antisemitismus jeglicher Form aufzustehen", sagte der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer bei einem Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) am Freitag, 17. Januar 2014, in Wien. "Als christliche Kirchen wollen wir wachsam sein gegenüber jeglicher Form von Politik, die auf Abwertung oder Ausgrenzung von Minderheiten setzt. Insbesondere müssen wir hellhörig sein im Hinblick auf jede Form von Antisemitismus, dem wir entgegentreten möchten", so Scheuer, der zugleich stellvertretender ÖRKÖ-Vorsitzender ist, wörtlich.
Es dürfe nicht noch einmal geschehen, dass Christen bei Antisemitismus und dessen gewaltsamen Folgen wegschauen, warnte Scheuer unter Verweis auf die Geschichte und Entwicklung des Nationalsozialismus. Dagegen müsse heute umso mehr betont werden, wie viel das Christentum dem Judentum zu verdanken habe. Daher könne das Judentum auch als "großer Bruder" des Christentums angesehen werden. Juden und Christen stünden heute in einer "tiefen Verbundenheit" zueinander.
Betont wurde diese Verbundenheit auch vom evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker, der auf theologische Gemeinsamkeiten etwa im Blick auf das christliche Zentralgebet, das "Vater unser", verwies. Dies könne nach Art und Inhalt durchaus auch als ein jüdisches Gebet betrachtet werden könne, so Bünker.
Gefeiert wurde der ÖRKÖ-Gottesdienst in der evangelisch-methodistischen Kirche in Wien-Fünfhaus. Neben Bischof Scheuer und Bischof Bünker nahm auch der Pastor der methodistischen Gemeinde Fünfhaus Stefan Schröckenfuchs, der Bischof der altkatholischen Kirche John Okoro sowie der Superintendent der evangelisch-methodistischen Kirche und derzeitiger ÖRKÖ-Vorsitzende Lothar Pöll an dem Gottesdienst teil.
ÖRKÖ-Vorsitzender Pöll erinnerte bei dem Gottesdienst daran, dass Wien vor der Schoah maßgeblich durch das jüdische Leben mitgeprägt wurde. Man müsse daher dafür beten, dass die jüdische Gemeinde in Wien in Zukunft wieder zu dieser Stärke finde.
Auf eine Mitschuld des christlichen Antijudaismus an der NS-Judenvernichtung hat der Bibelwissenschaftler und Theologe Christoph Dohmen hingewiesen. "Wenn sich die Christen im 20. Jahrhundert bewusst gemacht hätten, dass das Christentum untrennbar mit dem Judentum verbunden ist, wäre so etwas wie der Holocaust nicht möglich gewesen", zeigte sich Dohmen im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überzeugt. Dohmen referierte auf Einladung der "Theologischen Kurse" in Wien über das Verhältnis von Altem und Neuem Testament.
Wichtige Schritte auf dem Weg der Annäherung zwischen Christen und Juden erkannte Dohmen unter anderem in der Konzilserklärung "Nostra Aetate", aber vor allem in Äußerungen und Gesten von Papst Johannes Paul II. Dieser habe in vielen Äußerungen klargestellt, "dass die Verbindung zum Judentum im 20. Jahrhundert nicht mehr ohne Schuldbekenntnis im Hinblick auf den Holocaust gesehen werden kann". Dies sei ein "wirklicher Durchbruch" gewesen, so Dohmen. Lobend äußerte sich Dohmen zum in Österreich begangenen "Tag des Judentums". In Deutschland erwäge man derzeit die Einführung eines solchen Tages.
Der 17. Jänner wird von den Kirchen Österreichs - aber auch u.a. Italiens, Polens und der Schweiz - als "Tag des Judentums" begangen. Der Gedenktag geht der "Weltgebetswoche für die Einheit der Christen" voran, die am von 18. bis 25. Jänner begangen wird.
Vortrag von Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister
anschließend Gespräch und Begegnung bei kleinem Imbiss
Dienstag, 21. Jänner 2014, 19.30 Uhr
Pfarrsaal St. Johann Nepomuk, Rotensterngasse 33-35
Weitere Veranstaltungen finden Sie unter www.christenundjuden.org, der Website des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit
Christlich-jüdische Beziehungen "gut aufgestellt"
Zum Artikel in der Wiener Zeitung
"Antisemitismus ist absolutes No-Go"
Klare Aussagen des deutschen Theologen Christoph Dohmen
von Heiner Boberski