Während auf der einen Seite der Gedanke eines einzigen und einzelnen Gottes dominiert, der die Welt erschafft und den sich der Menschen als Gegenüber vorstellt, sind so geartete Fragestellungen für den Buddhismus prinzipiell irrelevant.
Während auf der einen Seite der Gedanke eines einzigen und einzelnen Gottes dominiert, der die Welt erschafft und den sich der Menschen als Gegenüber vorstellt, sind so geartete Fragestellungen für den Buddhismus prinzipiell irrelevant.
Warum der Buddhismus mehr als „nur“ ein „Selbsterlösungs“-Weg ist: Privatdozent DDr. Franz Winter im Gespräch.
Gemeinhin wird dem Buddhismus „Selbstbezogenheit“ und „Selbsterlösung“ zugeschrieben. Warum?
Winter: Eines der klassischen Klischees im Zusammenhang mit dem Buddhismus (und oft allgemein mit den „asiatischen“ Religionen, die – viel zu oft – pauschal in einen Topf geworfen werden) ist der Gedanke, dass sich jeder in erster Linie um sein eigenes „Nirvana“ = seine eigene Erlösung kümmern würde.
Der in der Meditation mit sich selbst Beschäftigte wird in diesen holzschnittartigen Vorstellungen oft dem Konzept des „für die anderen“ aktiv sich Einsetzenden, des liebend Tätigen kontrastiert, wie es beispielsweise das Christentum im Konzept der „caritas“ verwirklicht.
Verkürzt begegnet hier oft das Bild von „mystischer Religion“ (= Buddhismus) versus „prophetischer“ Religion (Christentum, Islam, Judentum). Diese Klischees entspringen vielfach einer verkürzten Wahrnehmung des Buddhismus und sind in einem sehr großen Ausmaß im Rahmen der westlichen Rezeption des Buddhismus entstanden.
Bei näherer Beschäftigung mit der ursprünglichen Lehre des Buddha (soweit diese rekonstruierbar ist) wie auch mit der gelebten Realität des Buddhismus in den mehrheitlich buddhistisch dominierten Ländern (v. a. Südostasiens, aber auch Ostasiens) ist aber bald zu erkennen, dass der Buddhismus um vieles mehr ist als „nur“ ein „Selbsterlösungs“-Weg.
So spielt beispielsweise der Gedanke der „liebenden Wahrnehmung“ aller Lebewesen („maitri“, meist mit „Güte“ übersetzt) bzw. das Konzept einer „Barmherzigkeit“ („karuna“) von Anfang an im Selbstverständnis des Buddha eine ganz hervorragende Rolle.
Besonders deutlich wird dieses Konzept dann in weiteren Ausformungen des Buddhismus herausgearbeitet, so beispielsweise in der so genannten „bodhisattva“-Vorstellung des „Großen Fahrzeugs“ („Mahayana“ = Buddhismus in Ostasien).
Buddhisten glauben, vereinfacht gesagt, nicht an Gott. Wie und worüber ist dann ein Dialog möglich?
Winter: Die Frage nach einem „Gott“ ist in der Tat einer der fundamentalen Unterschiede zwischen Christentum (bzw. überhaupt den „abrahamitischen“ Religionen) und den meisten buddhistischen Traditionen (aber auch vieler anderer Religionen dieser Welt).
Während auf der einen Seite der Gedanke eines einzigen und einzelnen Gottes dominiert, der die Welt erschafft und den sich der Menschen als Gegenüber vorstellt, sind so geartete Fragestellungen für den Buddhismus prinzipiell irrelevant.
Das hat mit völlig anderen Wirklichkeitszugängen und kosmologischen (Lehre von der Welt) und anthropologischen (Lehre vom Menschen) Konzepten zu tun, die aus andersgearteten sozioreligiösen Kontexten zu erklären sind.
Hier stellt sich übrigens die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines „Dialogs“, der zum Ziel haben soll, eine wie auch immer geartete „Einheit“ zu schaffen. Das ist meines Erachtens weder erreichbar noch in irgendeiner Weise sinnvoll.
Am ehesten finden sich in einzelnen buddhistischen Traditionen Ostasiens (so z. B. im so genannten „Reinen Land“-Buddhismus; auch Amida-Buddhismus genannt) Formen eines Zugangs zum Buddhismus, die explizit mit christlichen Konzepten zu vergleichen wären (übrigens bis hinein in Details einer „Gnadenlehre“).
Unabhängig davon bleibt natürlich die Frage, ob man einen Dialog nicht in erster Linie in einer gegenseitigen Achtung und einem Respekt vor der je anderen Tradition verorten kann, zumal die Frage nach „richtiger“ oder „falscher“ Religion wohl schwer zu beantworten ist und sicher nicht in einer vermeintlichen „Einheitsreligion“ gefunden werden kann.
Ein „gemeinsames Nebeneinander“ ist m. E. sinnvoller als ein krampfhaft konstruiertes „Miteinander“.
Privatdozent DDr. Franz Winter
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