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10.01.2019 · Aus der Diözese · Glaubenswissen

„Nicht über die Juden, sondern mit den Juden reden“

Elisabeth Lutter mit der Dokumentation der bisherigen „Einstimmungen in den Tag des Judentums“ und dem wichtigen Buch über das Judentum – „Von Abba bis Zorn Gottes“.

Am 17. Jänner wird der „Tag des Judentums“ begangen, vom 18. bis 25. Jänner die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“. Elisabeth Lutter („Vernetzte Ökumene Wien West“) über die „Einstimmung in den Tag des Judentums“ auf Dekanatsebene, die seit Jahren schon am 16. Jänner stattfindet. 

 

 

Das Gebet um die Einheit (18. bis 25. Jänner) ist dringender denn je, wie auch die kirchliche orthodoxe Ukraine-Krise zeigt.

 

Auch für die Katholische Kirche sei die aktuelle Situation sehr schwierig, erläuterte Kardinal Christoph Schönborn in seinem Weihnachts-Interview mit den Medien der Erzdiözese Wien: „Wie soll der Vatikan mit der neuen autokephalen orthodoxen Kirche in der Ukraine umgehen? Wenn er sie anerkennt, kommt es zum Konflikt mit dem Moskauer Patriarchat. Tut er es nicht, gibt es einen Konflikt mit dem Ökumenischen Patriarchat.“ Der eigentlich innerorthodoxe Streit führe deshalb auch zu einer tiefen Wunde für die Ökumene.

 

Vor der „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ wird seit dem Jahr 2000 in Österreich am 17. Jänner der „Tag des Judentums“ begangen.

 

Elisabeth Lutter von der „Vernetzten Ökumene Wien West“ über den Hintergrund der „Einstimmung in den Tag des Judentums“ und warum dieser Gedenk- und Lern-Tag noch immer nicht wirklich an der sogenannten kirchlichen Basis angekommen ist.


Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema „Judentum“ und warum?

 

Wir beschäftigen uns im Rahmen der „Vernetzten Ökumene Wien West“, das sind die Dekanate 12 bis 19, seit ungefähr sieben, acht Jahren mit dem Thema „Tag des Judentums“.  Es ist uns eigentlich erst damals aufgefallen, dass wir im Rahmen der Vernetzung etwas Gemeinsames zu diesem Tag machen wollen.

 

Bei der Vorbereitung haben wir überlegt, wie wir das gemeinsam mit den Juden machen können, und nicht nur so wie bisher, wie der „Ökumenische Rat der Kirchen“, am „Tag des Judentums“ einen christlichen Gottesdienst zu feiern.

 

Und so gestalten wir jetzt, Christen und Juden, eine gemeinsame Veranstaltung an einem Gedenk-Ort, der für Juden bedeutsam ist, meist am Ort einer ehemaligen Synagoge. Das ist in Wien sehr einfach, denn da hat es sehr viele Synagogen und Bethäuser vor der Pogromnacht 1938 gegeben.

 

Das sind Orte, wo man das christliche Schuldbekenntnis mit Überzeugung sprechen kann, denn diese Orte gibt es nur mehr als Gedächtnisstätten, nicht mehr als Gebäude; Orte, wo man auch das jüdische Totengebet aus vollem Herzen nachvollziehen kann.

 

Hier kommen wir mit den Juden, möglichst auch mit Zeitzeugen der Zerstörung, ins Gespräch, um neues Vertrauen und ein neues Verständnis füreinander aufzubauen.


Wann haben Sie vom „Tag des Judentums“ erstmals erfahren?

 

Vor etwa acht Jahren, und seit sieben Jahren machen wir diese Veranstaltung, diese Einstimmung gemeinsam mit den Juden.

 

Bevor die sechzehn im „Ökumenischen Rat der Kirchen“ vertretenen christlichen Kirchen vom 18. bis 25. Jänner in der Weltgebetswoche um ihre Einheit beten, besinnen sie sich am Tag davor, am 17. Jänner, am „Tag des Judentums“, dass sie alle ihre Wurzeln im Judentums haben.

 

Wenn man sich aber auf die Wurzeln besinnt, dann muss man sich auf die gemeinsamen Wurzeln besinnen.

 

Wie konnte es passieren, dass seit fast 20 Jahren der „Tag des Judentums“ kaum an der Basis begangen wird, sondern fast nur von am Dialog Interessierten?


Ich fürchte, dass es deshalb so ist, weil dieser „Tag des Judentums“ nur im Rahmen eines Ökumenischen Gottesdienstes, veranstaltet vom „Ökumenischen Rat der Kirchen“, für an der Ökumene Interessierte begangen wird.

 

Wir wussten vorher nichts vom „Tag des Judentums“, obwohl beispielsweise mein Mann und ich gemeinsam seit 2002 für das Dekanat 19 ökumenisch tätig sind und inzwischen auch für das Vikariat Wien-Stadt. Wir haben früher einfach nichts davon gewusst und ihn darum nicht wahrgenommen.


Was schätzen Sie am Judentum, was haben Sie dabei für Ihren Glauben gelernt?


Ich bin mit dem Judentum als Schülerin bekannt geworden, weil ich neben einem nach dem Krieg nach Österreich zurückgekehrten jüdischen Mädchen in der Schulbank gesessen bin.

 

Ich habe dabei die tiefe Verwurzelung jüdischer Menschen in ihrem eigenen Glauben kennengelernt, trotz und wegen allem, was geschehen ist, das hat mich sehr beeindruckt. Ich habe von diesem Mädchen auch viel Inhaltliches erfahren, ich bin seither immer am Judentum interessiert gewesen.

 

Es ist viel Gemeinsames übriggeblieben, trotz der Trennung von Juden und Christen, die ja schon bald nach Christi Tod stattgefunden hat.

 

Wie kann der „Tag des Judentums“ ein echter Lern-, Gedenk- oder Feiertag werden?


Das ist genau unser Anliegen, und deshalb haben wir unsere bisher sechs Veranstaltungen der „Einstimmung in den Tag des Judentums“ in einem eigenen Handbuch dokumentiert. Damit dieser Tag in allen Pfarren bekannter wird.

 

Damit man sehen kann, wie man einen solchen Gedenk- und Lerntag jeweils im engeren pfarrlichen Umkreis, in Wien in Verbindung mit den Bezirksämtern, abhalten kann, damit auch die Nicht-Kirchgänger und Außenstehenden mit diesem Gedankengut und Wissen vertraut werden.

 

In diesem Sammelband finden sich nicht nur die Grundsätze unserer Gestaltung und die Abläufe, sondern auch all das, was notwendig ist für die Zusammenarbeit.

 

Wir machen unsere Gedenkabende jedes Jahr in einem anderen Bezirk, und wir wollen das reihum in ganz Wien so machen, damit man erstens auf die Gedenkstätten aufmerksam wird und damit man zweitens am Ort der Gedenkstätten etwas erfährt: einiges über das Judentum speziell und auch über die Verbindung zwischen Judentum und Christentum.

erstellt von: Der SONNTAG / Stefan Kronthaler
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Weitere Informationen:

Gedenken und Feiern

Mittwoch, 16. Jänner, 19 Uhr, „Einstimmung in den Tag des Judentums 2019 in Ottakring“, Gedenken an den Huber-Tempel und an Familie Kuffner,

 

Bezirksvorstehung Ottakring,

Richard Wagner-Platz,

1160 Wien.


Donnerstag, 17. Jänner, 18 Uhr, Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zum „Tag des Judentums“, Predigt: Serb.-orth. Bischof Andrej Cilerdzic.
 

Pfarrkirche Am Tabor

Am Tabor 7,

1020 Wien.


Freitag, 25. Jänner, 18 Uhr, Festgottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zur „Gebetswoche für die Einheit der Christen“, Predigt: Bischof Manfred Scheuer. Im Anschluss Agape.

 

Evangelische Weinbergkirche

Bömergasse 16,

1190 Wien,

 


Checkliste für Einstimmungen

Elisabeth Lutter hat mit der „Vernetzten Ökumene Wien West“ einen Leitfaden erstellt, damit und wie die Gestaltung einer „Einstimmung in den Tag des Judentums“ gelingen kann. Und worauf man unbedingt achten soll.

 

  • Vereinbarung des Ortes/Bezirks, Besprechung mit den dortigen christlichen Kirchen, die mitwirken wollen.  
     
  • Definition einer Gedenkstätte an einstiges (zerstörtes) jüdisches Glauben und Leben (z.B. Synagoge, jüdische Wohnviertel/Steine des Gedenkens“, jüdische Friedhöfe, jüdische Sozialeinrichtungen (Krankenhaus, Altersheim).
     
  • Nominierung eines kompetenten Referenten über diesen Gedenkort (z.B. Pierre Genée, Wiener Synagogen; ders., Die zerstörten Synagogen Wiens).
     
  • Finden eines geeigneten „Parallel-Themas“ aus dem christlichen Bereich. Nominierung eines kompetenten Referenten, Auffinden eines Zeitzeugen/In (oder Nachfahren).
     
  • Einbindung des Bezirksamtes (Veranstaltungsräume), Briefing des/r Bezirksvorstehers/vorsteherin (z.B. durch einen Handzettel).
     
  • Einbindung des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit und/oder der Kultusgemeinde (Kurzreferat, Nominierung eines Kantors für das Totengebet).
     
  • Spiritueller Teil: Texte aus dem gemeinsamen Ersten (Alten) Testament; Formulierung von Friedensbitten und Nominierung der Sprecher (möglichst Vertreter der verschiedenen christlichen Kirchen im Bezirk, mit besonderer Rücksichtnahme auf jüdische Teilnehmer (evtl. diese selber formulieren lassen!).
     
  • Organisieren der musikalischen Umrahmung und Organisieren der Moderation. Organisieren der Agape.


Kontakt: Dr. Elisabeth Lutter, E-Mail: elisabeth.lutter@gmx.at


 


 

Der SONNTAG

die Zeitung der Erzdiözese Wien

Stephansplatz 4/VI/DG

1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63

E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at

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ERZDIÖZESE WIEN
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