Tausende Frauen, Männer und Jugendliche waren in der „Langen Nacht“ im Einsatz.
Tausende Frauen, Männer und Jugendliche waren in der „Langen Nacht“ im Einsatz.
Mehr als 330.000 Menschen kamen am 23. Mai in Österreich und Südtirol in die 762 Kirchen, es gab 3.200 „Veranstaltungen“. Blitzlichter einer „Langen Nacht der Kirchen“ in der Erzdiözese Wien.
Allein in Wien wurden mehr als 130.000 Kirchenbesucher gezählt, Tausende waren auch bei den Veranstaltungen in den Vikariaten Nord und Süd. Beim „meet and greet" im Arkadenhof des Erzbischöflichen Palais nahm sich Kardinal Christoph Schönborn Zeit für viele persönliche Gespräche. Wiens Bischofsvikar Dariusz Schutzki sagte in seinem Resümee: „Die 10. Lange Nacht der Kirchen hat nicht nur bewiesen, dass die Veranstaltung zum fixen Programm in den österreichischen Kalendern gehört, sondern sie beweist Jahr für Jahr, dass Glaube und Kirche Themen in der Gesellschaft sind."
Europa hat starke christliche Wurzeln und wäre gut beraten, dieses Faktum auch anzuerkennen. Diesen Befund teilten Politiker verschiedener Parlamentsparteien bei einer Diskussion mit dem Titel „Europa, quo vadis" in der Wiener Franziskanerkirche. Initiator des Polit-Talks war der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, der mit Gernot Blümel (ÖVP), Stefan Wallner (Grüne), Marcus Franz (Team Stronach) und Feri Thierry (Neos) teilnahm.
Zwei konträre Sichtweisen auf die Papst-Aussagen zum Kapitalismus im Schreiben „Evangelii gaudium" sind im Rahmen einer Diskussion zu „Ein Jahr Papst Franziskus – Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft" in Wien im Mittelpunkt gestanden. Während der frühere Wirtschaftsredakteur der Tageszeitung „Die Presse", Franz Schellhorn, die ablehnenden Äußerungen des Papstes in dem Schreiben zum Kapitalismus als „unhaltbare ökonomische These" zurückwies, hob der Provinzial der österreichischen Jesuitenprovinz, Gernot Wisser, diese als Anfrage an das Individuum und seine Lebensführung hervor. „Dem Papst geht es nicht darum, ein Wirtschaftssystem zu ändern", so Wisser.
In der evangelischen Markuskirche in Ottakring war das Thema des Abends „Das Lebendige in der Schöpfung". Universitätsprofessorin Heidrun Karlic erklärte in einem Vortrag, wie Umwelt, Ernährung und Lebensstile Gene steuern und erworbene Eigenschaften weitervererbt werden können.
Der Kaplan der Pfarrkirche St. Josef zu Margareten (Wien 5), der Moraltheologe und Mediziner Matthias Beck, diskutierte mit den Physikern Helmut Rauch und Gerald Badurek über das Verhältnis von Naturwissenschaft und Glaube. Beck: „Theologie und Naturwissenschaft ergänzen sich. Die Naturwissenschaft stellt sich die Frage: Wie hat sich die Welt entwickelt? Die Theologie fragt grundsätzlich, warum es überhaupt etwas gibt."
Im Palaiskindergarten St. Stephan, dem Betriebskindergarten der Erzdiözese Wien, drehte sich in der „Langen Nacht der Kirchen" alles um Noah und seine Arche. Kindergartenleiterin Karin Lehner und Kindergartenpädagogin Yvonne Bildsteiner ließen gemeinsam mit den Kindern mit Tüchern, Bausteinen und Holztieren die Geschichte so richtig lebendig werden. Da wurde stellvertretend für alle Tiere, die auf die Arche kamen, gemuht und gemäht und mit den Händen auf den Boden getrommelt, um den immer stärker werdenden Regen nachzuahmen.
Das Orgelkomitee in Niederrußbach hat mit vielen Freiwilligen ein „Lange-Nacht der Kirchen"-Programm zusammengestellt: Kinder-Rätselrallye, Kirchenbesichtigung, Einblick in die Orgel, Turmbesteigung, Fotoschow, Dämmerschoppen und Nachtgebet. Anlässlich der dringend anstehenden Orgelsanierung wurde ein „Orgel-Wein" kreiert.
Moderator Josef Norys Can Reg eröffnete im Rahmen der „Langen Nacht der Kirchen" eine Jubiläumsausstellung in der Donaufelder Pfarrkirche (Floridsdorf). Zeitgenössische Fotografien und Dokumente lassen die Geschehnisse der letzten 100 Jahre lebendig werden. Die Ausstellung – zu sehen bis zum 22. Juni – ist Teil des Festprogrammes zum 100. Geburtstag der dritthöchsten Kirche Wiens.
Mit einem österreichweiten Läuten der Kirchenglocken ist am 23. Mai die 10. „Lange Nacht der Kirchen" eröffnet worden. Der zentrale Eröffnungsgottesdienst mit Vertretern aller christlichen Kirchen in Österreich fand im Stephansdom statt. Die Kirchen bemühten sich in dieser Nacht, „alle und jeden zum Schwärmen zu bringen", kündigte der evangelische Bischof Michael Bünker an, der die Gläubigen als „Nachtschwärmer" bezeichnete. Die Vielfalt der Angebote solle „Gottes vielfältiges Sprechen zum Ausdruck bringen", betonte Wiens Domdekan Karl Rühringer.
Kardinal Christoph Schönborn zeigte sich beeindruckt von der zehnjährigen Erfolgsgeschichte des Projekts. Die Kirchen hätten damit ein drängendes Bedürfnis vieler Menschen getroffen. Auch wenn viele nur selten Gottesdienste besuchten, würden sie die Chance nützen, einmal im Jahr, „einfach so in eine Kirche hineinzugehen oder hineinzuschnuppern". Die Lange Nacht zeige einmal mehr, „dass wir die Kirchen noch viel mehr und länger offen halten müssen; vor allem am Tag, in der Stadt aber auch in der Nacht", sagte der Kardinal.
Alle 16 im heimischen Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRKÖ) vertretenen Konfessionen beteiligten sich auch heuer wieder an der Veranstaltung .
Der Kirchenraum ist erfüllt von Weihrauchduft, Gitarrenklänge und Lieder erzeugen eine feierliche, mystische Stimmung. In der Kirche St. Georg-Kagran knien an die 20 junge Mädchen und Burschen vor dem ausgesetzten Allerheiligsten, als Wiens Bischofsvikar P. Dariusz Schutzki CR die Kirche betritt und sich einreiht in die Schar der Betenden. Vor dem Altar werden kleine Teelichter entzündet, jede und jeder kann ein Bibelwort aus einem Körbchen nehmen.
Nach dem Lied „Ich will von deiner Liebe singen" wird dem Bischofsvikar, der von einigen Jugendlichen erkannt worden ist, das Mikrofon gereicht. „Herr, ich danke dir für diese Jugend hier in dieser Stadt. Ihr gehört die Zukunft, die Jugendlichen gehören dir", betet der Bischofsvikar.
Schutzki war mit dem „Sonntag" in der „Langen Nacht der Kirchen" gleichsam undercover, unangemeldet, in Pfarren der Stadtdekanate 2 und 22 (u. a. in der Kirche „Christus, Hoffnung der Welt"/Donaucity-Kirche und in der Kirche Donaustadt/ Mexikoplatz) als Besucher unterwegs. In der U-Bahn wird er meist freundlich begrüßt, manche kennen ihn, manche schauen auch nur, irritiert von seiner priesterlichen Kleidung.
Beim U-Bahn-Abgang in der Vorgartenstraße mühen sich ein paar türkische Frauen mit Kindern und Kinderwagen die Stufen hinunter, der Bischofsvikar packt den Kinderwagen und trägt ihn. Dann verabschiedet er sich auf Türkisch, die Frauen staunen.
In St. Othmar unter den Weißgerbern (Wien 3) strömen die Menschen durch das in bunten Farben erleuchtete Portal in das Kircheninnere. Die Kirche ist gut besetzt, als die Stadtkapelle Wolkersdorf „the very best from Broadway und Hollywood" spielt, darunter u. a. „Das Phantom der Oper", „A Chorus Line" und Filmmusik aus „Der Pate". „Da wird dann fast der Putz von der Decke rieseln", sagte der Bischofsvikar kurz zuvor noch zum „Sonntag".
In der Pause um 22.30 Uhr, kurz vor „Das Paradies liegt in Al Andalus", steht der Bischofsvikar wieder vor der Kirche. Plötzlich tauchen wie aus dem Nichts sieben, acht Männer auf. Es folgen eine herzliche Begrüßung und Umarmung. Sie kommen von der nahen Tuna-Moschee und statten an diesem Abend dem Pfarrer und Bischofsvikar ihren Besuch ab.