Nachkriegserinnerungen stehen im Mittelpunkt des Programms zur Langen Nacht der Kirchen der Pfarre Schmelz "Zum Heiligen Geist" in Wien-Ottakring.
Nachkriegserinnerungen stehen im Mittelpunkt des Programms zur Langen Nacht der Kirchen der Pfarre Schmelz "Zum Heiligen Geist" in Wien-Ottakring.
Noch gibt es Menschen, die diese Zeit tatsächlich auch miterlebt haben – und davon berichten können.
Magdalena Wolfik weiß, wie Fliegeralarm klingt. Und sie weiß auch, wie es sich anfühlt, wenn der Gemüsekeller zu einem Luftschutzbunker wird. Als der Zweite Weltkrieg dem Ende zuging und Wien bombardiert wurde, floh sie dutzende Male gemeinsam mit ihrer Familie in den Keller des Hauses in der Thaliastraße im 16. Bezirk. Magdalena Wolfik war damals noch ein Kind, sieben, acht Jahre alt: „Ich habe mir nicht viel gedacht dabei“, erzählt die 78-jährige Dame, „ich habe meine Puppe mitgenommen und gemeinsam mit den anderen Mädchen des Hauses im Keller gespielt“. Angst habe sie damals keine gehabt, umso mehr aber ihre Eltern, denn ihr Vater arbeitete auf der Werft und damit einem „kriegswichtigen Betrieb“: „Wenn er in der Früh zur Arbeit gegangen ist, hat meine Mutter nicht gewusst, ob er abends wieder nachhause kommt.“ Und auch umgekehrt habe der Vater auf seinem Nachhauseweg gehofft, dass das Haus in der Thaliastraße noch steht.
Das Haus steht heute noch. Und auch Magdalena Wolfik wohnt heute nicht weit entfernt im selben Bezirk, ganz in der Nähe ihrer Pfarre, der Pfarre Schmelz „Zum Heiligen Geist“. Sie ist dort Pfarrgemeinderätin und kümmert sich jeden Mittwoch um den Seniorennachmittag. Ihr Sohn ist längst erwachsen und hat selbst Kinder. Ihre zwei Enkelkinder sind 30 und 32 Jahre alt. Und auch ein dreijähriges Urenkelkind hat sie bereits. Ob sie ihren Nachkommen von ihren Erlebnissen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und danach schon einmal erzählt hat? „Naja“, sagt sie, „manchmal ist es vorgekommen, dass mein Sohn beim Mittagessen gesagt hat, das will ich nicht essen. Dann habe ich zu ihm gesagt: Als ich so alt war wie du musste ich hungern. Wir hatten nur Erbsen und Bohnen zu essen.“ Aber sonst habe sie ihre Erinnerungen eher für sich behalten. Das wird sich bei der Langen Nacht der Kirchen ändern, wenn es ab 19.30 Uhr heißt: „Großeltern erzählen“. Auch Frau Wolfik wird dann ihre Erinnerungen von damals wieder hervorholen.
Die Idee dazu ist im Pfarrcafé entstanden, als am Tisch von Krystian Kozubek, Pastoralassistent der Pfarre Schmelz, ein älterer Herr saß, der sich darüber beschwert hat, wie unruhig die Erstkommunionkinder in der Kirche sind: „Als wir jung waren hätte es so etwas nicht gegeben. Da hat uns der Pfarrer einmal schief angesehen, und wir waren alle ruhig.“ Krystian Kozubek fragte genauer nach, hörte den Erlebnissen des Mannes zu und dachte sich, dass mehr Menschen diesen Schatz an Erfahrungen hören sollten. Und so wurde die Lange Nacht der Kirchen als geeignetes Umfeld dafür gewählt. Fünf Zeitzeugen werden am 29. Mai 2015 bei der Langen Nacht der Kirchen insgesamt zu Wort kommen und erzählen, vom täglichen Überlebenskampf etwa oder dem Kirchenleben damals.
Auch Franziska Krizek ist mit dabei, „falls es die Gesundheit erlaubt“, fügt die 84-jährige Dame an. Sie erinnert sich noch gut an die sonntäglichen Kirchgänge, an Messen in lateinischer Sprache, die ihr nichts sagten. Und an den Pfarrer, vor dem sie Angst hatte: „Wir sind sehr streng erzogen worden“, so Frau Krizek. Da habe sich heute einiges geändert. „Die jungen Leute sagen heute „Du“ zum Pfarrer, das hätte ich mich nicht getraut. Ich musste sogar zu meinen Eltern „Sie“ sagen.“ Eines zeigen die Erzählungen der Zeitzeugen von damals auch: Nicht alles ist früher besser gewesen.
Lange Nacht der Kirchen: