Besonders die 13 Schlusssteine im Chor des Stephansdoms, welche die Jochbögen halten, erregten Hubers Aufmerksamkeit: In 22 Metern Höhe über dem Kirchenboden kaum erkennbar, zeigen sie Szenen der Menschwerdung und aus dem Alten Testament.
Besonders die 13 Schlusssteine im Chor des Stephansdoms, welche die Jochbögen halten, erregten Hubers Aufmerksamkeit: In 22 Metern Höhe über dem Kirchenboden kaum erkennbar, zeigen sie Szenen der Menschwerdung und aus dem Alten Testament.
Mehr als 900 Veranstaltungen am Freitagabend allein in Wiener christlichen Kirchen. Kunstinstallation im Stephansdom ein Höhepunkt des bunten Programms mit Musik, Kultur und spirituellen Angeboten. Diskussionen und Lesungen u.a. mit Kardinal Schönborn, Bischof Bünker, Franz Küberl und der Schriftstellerin Friederike Mayröcker.
Wenn sich in der "Langen Nacht der Kirchen" am Freitag (25. Mai) österreichweit die Kirchen mit Diskussionen, Lesungen, Musik, Theater, Tanz, Gebeten, Kulinarik und Kultur präsentieren, wird in der Bundeshauptstadt besonders der Stephansdom ein Besuchermagnet sein. Die Wiener Kathedrale bietet zu diesem Datum bereits traditionell - die Kirchennacht wird heuer zum 14. Mal begangen - eine Kunstinstallation, die heuer von der in Berlin lebenden Kärntner Künstlerin Lisa Huber stammt. Unter dem Titel "Lebendiger Stein" sind von 19 bis 1 Uhr überdimensionale, präzise beleuchtete Holzschnitte in 18 Meter Höhe zu sehen.
Lisa Huber, die in den 1980er Jahren in Wien an der Universität für Angewandte Kunst studierte, beschreibt den Stephansdom als "Landschaft, die ich durchquere, durchwandere, in der ich verweile, in der ich zu mir komme". Viele Details der Kirche wie etwa die Skulpturen, architektonischen Übergänge oder etwa die Arbeiten des Bildhauers Alfred Hdrlicka in der Barbarakapelle habe sie "intensiv angesehen", noch immer jedoch finde sie neues, erklärt die Künstlerin, die 2017 in Klagenfurter Dom das Fastentuch "Davids Harfe" gestaltet hatte.
Besonders die 13 Schlusssteine im Chor des Stephansdoms, welche die Jochbögen halten, erregten Hubers Aufmerksamkeit: In 22 Metern Höhe über dem Kirchenboden kaum erkennbar, zeigen sie Szenen der Menschwerdung und aus dem Alten Testament. Absicht der Künstlerin war es, "diese Schönheiten auch anderen sichtbar zu machen" - durch eine Nachschaffung mit eigenen Mitteln. Ihre Holzschnitte sollten dem Dom nichts Bleibendes hinzufügen, sondern "nur verweisen, den Blick nach oben lenken" und die Schlusssteine für aufmerksame Besucher wieder sichtbar machen. Die Installation wird ein Monat lang im Stephansdom verbleiben.
Unter den Holzschnitten finden Stephansdom-Besucher in der "Langen Nacht der Kirchen" ein dazu passendes spirituell-meditatives Programm: Ab 19 Uhr gastiert der 80-köpfige Chor Longfield Gospel Workshop mit Gospels und Spirituals, ab 20.30 Uhr findet eine "Stunde der Barmherzigkeit" mit Musik und Anbetung statt. Um 22 Uhr folgt die vom Domchor und -orchester dargebotene Cäcilienmesse von Charles Gounoud zu dessen 200. Geburtstag, ehe ab 23 Uhr das Blechbläser-Ensemble "Brassissimo" Hubers "Lebendige Steine" mit Klängen der "Rolling Stones" vertont. Bis zum Ende der Kirchennacht um 1 Uhr werden Psalmen mit Dvorak-Klängen musikalisch und mit Filmen der Regisseurin Dorothee Frauenlob auch filmisch interpretiert.
Vor und unter dem Dom gibt es bis 22 Uhr Einblicke in die Dombauhütte und in die Katakomben sowie die Möglichkeit zur Südturm-Besteigung, während im "Club Stephansplatz 4" im Stundentakt ORF-Dokus über Österreichs wichtigste Kirche gezeigt werden - begleitet von Hintergrundinformationen der Historikerin Annemarie Fenzl und der Produzentin Eva-Maria Berger. In einem schon ab Donnerstag zum "Tag der Lehrlinge" geöffneten Zelt auf dem Stephansplatz werden die Handwerker des Stephansdoms in ihre Kunst einführen. Gegenüber gibt es in der Curhauskapelle (Stephansplatz 3, 1. Stock) stündlich Barockkonzerte der Ensembles "Opus Ultimum" und "Suoni Volanti", u.a. unter dem Titel "Italian affairs".
Insbesondere "Personen, die mit Theologie noch wenig am Hut haben", wollen die Theologischen Kurse mit einem Vortragsmarathon in der Langen Nacht erreichen: Bekannte Theologen referieren im Curhaus (Stephansplatz 3) ab 17 Uhr über die Johannes-Offenbarung sowie die zuletzt heftig debattierte Vaterunser-Bitte "Und führe uns nicht in Versuchung" (Oliver Achilles), über die Hebräische Sprache (Hanneke Friedl), das "Christentum in 60 Minuten" (Peter Zeilinger) sowie über "Schöpfung oder Evolution?" (Hubert Philipp Weber). An der gleichen Adresse organisiert die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems Vorträge zum Thema "Mensch und Welt als Schöpfung Gottes" (Hermann-Josef Röhrig) und "Wie kommt Pontius Pilatus ins Glaubensbekenntnis?" (Franz Ochenbauer).
Besonders bietet die "Lange Nacht" jedoch auch Raum für Diskussion. In der Pfarre Aspern (22. Bezirk) etwa gibt es um 20 Uhr ein Podiumsgespräch mit vier engagierten Christinnen zum Thema "Frauen(t)räume": Direktorin Magdalena Holztrattner von der Katholischen Sozialakademie Österreichs, Gertraud Dangl-Zlabinger von der diözesanen Kontaktstelle für Alleinerziehende, Martina Greiner-Lebenbauer von der Katholischen Frauenbewegung und die ÖVP-Nationalrätin Gudrun Kugler sprechen dabei über Gerechtigkeit, politischen Einsatz und die Rolle der Frauen in Kirche und Gesellschaft, moderiert von der Publizistin Gabriele Neuwirth. Auch in katholischen Gemeinden sei nach der #MeToo-Diskussion und das Frauenvolksbegehren die Situation von Frauen wieder Thema, heißt es im Programmheft.
Im von den Orden betriebenen Begegnungszentrum "Quo vadis" (Stephansplatz 6, Zwettlerhof) beginnt die Kirchennacht um 18 Uhr mit einem prominent besetzten Podium: Der ehemalige Caritas-Präsident Franz Küberl, Frauenorden-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer, Jungschar-Bundesvorsitzende Stephanie Schebesch-Ruf und Judith Pühringer vom Koordinationsteam der Armutskonferenz diskutieren dann im Rahmen der Initiative "Christlich geht anders" sozialpolitische Themen. Konkret geht es u.a. um soziale Gerechtigkeit, Sozialstaat, Steuerpolitik, Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung, Armut und die Not geflüchteter Menschen.
Die beiden Spitzenvertreter der katholischen und evangelischen Kirche in Österreich, Kardinal Christoph Schönborn und der evangelische Bischof Michael Bünker, setzen ihre bereits in den Vorjahren begonnene Tradition eines Langen-Nacht-Gesprächs fort: In der Deutschordenskirche (Singerstraße 7) sprechen sie ab 20.15 Uhr über "100 Jahre Republik", eingeleitet von einem Eröffnungsreferat des Historikers Oliver Rathkolb.
Einblicke in die Vielfalt des gesellschaftlichen Einsatzes der Kirche gibt es bei etlichen anderen Veranstaltungen: So findet in der Alten Burse bei der Jesuitenkirche (1., Sonnenfelsgasse 19) ab 18 Uhr ein Vortrag der in Kenia tätigen NGO-Gründers Radoslaw Malinowski sowie und des Ordensmanns Jean de Dieu aus Mozambique zum Thema Menschenhandel und Kindersoldaten statt. In der Pfarre St. Johann der Evangelist (11., Keplerplatz) organisieren die Steyler Missionare ein Podiumsgespräch zum Thema "Afrika und Europa im Dialog", wobei in Wien tätige Mitbrüder des Ordens, Vertreter der Stadt Wien und des Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) miteinander diskutieren.
"Missio Österreich" (1., Seilerstätte 12) öffnet seine von einem haitianischen Künstler gestaltete "Licht der Völker"-Kapelle der Nationaldirektion. Projektpartner aus Afrika und Asien werde hier ebenso aus erster Hand berichten wie Nationaldirektor Pater Karl Wallner; es gelte bei der Langen Nacht, "Schwellenangst vor kirchlichen Veranstaltungen zu nehmen", erklärte der Zisterzienserpater vorab.
Der soziale Einsatz der Kirchen in Österreich steht in der Kapuzinerkirche (1., Tegethoffstraße 2) im Zentrum. Dort präsentiert die Caritas unter musikalischer Umrahmung des "Brunnenchores" ihre Tätigkeiten und labt Gäste mit Suppe der mobilen Ausspeisung "Canisibus". Ebenso zeigt die evangelische "Diakonie Eine Welt" in einem Jubiläumsfest zum 50-jährigen Bestehens ihr Wirken (17., Steinergasse 3). Zu einem Pilgerweg zu sozialen Brennpunkten und karitativen Einrichtungen der Kirche in Wien laden Professoren der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems; der Weg nimmt bereits um 15 Uhr beim Stephansplatz 3/3 seinen Ausgang.
Aspekten und Personen der Bibel sind viele "Lange Nacht"-Veranstaltungen gewidmet: Das Don-Bosco-Haus in Hietzing (13., St.-Veit-Gasse 25) lädt zur "Expedition Bibel - Entdeckungsreise mit allen Sinnen", das Bibelzentrum beim Museumsquartier (7., Breite Gasse 4-8) rückt die Frauen um Mose ins Licht, in der koptisch-orthodoxen Kirche St. Mina in Wien-Favoriten (11., Leebgasse 61) geht es um die "Echtheit der Bibel" und in der Lutherischen Stadtkirche in der Innenstadt (1., Dorotheergasse 18) wird unter dem Motto "Da David und sei Pantscherl" das Alte Testament auf Wienerisch von Roland Kadan gelesen. Im Katholischen Bibelwerk (1., Bräunerstraße 3) werden Zusammenhänge von Wort und Bild in der Bibel unter die Lupe genommen.
Wie die Orthodoxie das Umweltengagement versteht, legt Madalina Diaconu in der rumänisch-orthodoxen Antionius-Kirche (15., Phoutongasse 16) dar, während in der ukrainischen griechisch-katholischen Barbara-Kirche (1., Postgasse 8-12) ein Vortrag mit Ausstellung über die Märtyrer der Sowjetzeit stattfindet. Die Christliche Lehrerschaft Wiens diskutiert ab 20.30 Uhr (1., Stephansplatz 5, 4. Stock), ob und inwiefern spirituelle Nachhaltigkeit als Thema christlicher Bildung relevant ist.
Eine Auswahl der zahlreichen weiteren Vorträge der Kirchennacht: In der Pfarrkirche der Wienerwald-Gemeinde Hinterbrühl spricht der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl ab 20.30 Uhr über "Die Kirche, von der ich träume"; bereits zuvor ist am gleichen Ort der Bestseller-Autor und Kolumnist Georg Markus im Gespräch mit Heinz Nußbaumer zum Thema "Unter uns gesagt.." zu hören. Der Genetiker und Theologe Johannes Huber stellt in der Marienpfarre sein Buch "Es existiert" vor, während in der St. Johannes-Nepomuk-Kapelle der Architekt und Historiker Friedrich Hauer das Wirken des Wiener Stararchitekten Otto Wagner zu dessen 100.
Todestages nachzeichnet. Auch die Schriftstellerin Friederike Mayröcker beteiligt sich an der "Langen Nacht": Die Autorin liest um 19 Uhr in der evangelischen Gustav-Adolf-Kirche (6., Lutherplatz) eine Auswahl älterer und neuerer Texte, gerahmt von Bach-Musik.
Ein ganz besonderer Veranstaltungsort ist bei der "Langen Nacht der Kirchen" der 2016 eröffnete interreligiöse Andachtsraum im Allianz-Stadion des SK Rapid: Rapid-Pfarrer Christoph Pelczar und "Rapideum"-Koordinator Laurin Rosenberger beleuchten dabei die zahlreichen Parallelen und Verbindungen zwischen Glaube und Fußball. Der Glaube der Profifußballer und die Erfahrungen der Fußball-Seelsorge stehen dabei im Mittelpunkt.
Insgesamt 923 Veranstaltungen bieten allein die 165 Kirchen in der Erzdiözese Wien in der "Langen Nacht der Kirche", darunter 350 Konzerte verschiedenster Musikrichtungen von Klezmer über Gospel bis hin zu Musik aus Burkina Faso, 250 Führungen, Lesungen, Vorträge und Diskussionen bis hin zu einem umfangreichen Kinder- und Jugendprogramm.
Österreichweit beteiligen sich 620 Gotteshäuser mit knapp 2.500 Programmpunkten an dem ökumenischen Großevent der 15 christlichen Konfessionen, zu dem im Vorjahr knapp 350.000 Besucher kamen. Ähnlich viele Besucher werden auch heuer erwartet.