Gruppenfoto: Sr. Beatrix Mayrhofer, Stephanie Schebesch-Ruf, Judith Pühringer, Franz Küberl.
Gruppenfoto: Sr. Beatrix Mayrhofer, Stephanie Schebesch-Ruf, Judith Pühringer, Franz Küberl.
Jungschar-Vorsitzende Schebesch-Ruf warnt vor Folgen von Kinderarmut.
"Es braucht eine klare Entscheidung in der Politik heute: Wollen wir eine Ansammlung von 'Ich-AGs' oder eine 'Wir-AG' bilden?": Das hat der frühere österreichische Caritas-Präsident Franz Küberl am Freitagabend, 25. Mai 2018 in Wien bei einer Diskussion zu den Anliegen der Initiative "Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage" im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen" betont. "Wenn jeder Mensch gleich viel Wert ist, schaue ich, dass ich die Menschen am Rand ein wenig mehr in die Mitte hereinhole. Das ist der Maßstab der Gerechtigkeit", sagte Küberl im Gespräch mit Frauenorden-Präsidentin Beatrix Mayrhofer und der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik-Expertin Judith Pühringer mit Blick auf die heimische Sozialpolitik.
Jede Regierung habe sich um Gerechtigkeit zu kümmern, so der Ex-Caritas-Chef bei der Veranstaltung im Begegnungszentrum "Quo Vadis" am Stephansplatz. Ohne diesen Anspruch wäre der Staat nur eine "Räuberbande", zitierte er den heiligen Augustinus. Eine Aufforderung Küberls ging auch an die Kirche. Wolle sie in den ihr wichtigen politischen Fragen eine Rolle spielen, müsse sich die Kirche besser aufstellen. "Es reicht nicht aus, wenn Bischöfe eine SMS an die Politiker schicken. Das ist noch nicht Politik." Die Kirche solle sich diesen Themen in einem neuen Sozialhirtenbrief widmen, forderte Küberl.
"Das Thema Arbeit muss neu verhandelt, neu definiert und neu bewertet werden", verortete Judith Pühringer die soziale Frage am Arbeitsmarkt. Für die Geschäftsführerin von "arbeit plus", einem Netzwerk sozialer Unternehmen, die auch in der Armutskonferenz engagiert ist, ist der Wandel der Arbeitswelt in den vergangenen Jahrzehnten zentral. Das alte Versprechen, wonach Leistung zu sozialer Sicherheit führe, sei heute "ins Wanken geraten". schilderte Pühringer. Sie ortet auch eine Abwertung von arbeitslosen Menschen. "Es ist alles sehr brüchig geworden und Menschen werden gegeneinander ausgespielt." Besonders schwierig sei die Lage für ältere Arbeitssuchende, die oft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen würden und keine gesellschaftliche Teilhabe mehr hätten.
Die neue Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar, Stephanie Schebesch-Ruf, hob vor allem die Perspektive von Kindern in der sozialen Frage hervor. "Spuren der Kinderarmut sind ein ganzes Leben lang spürbar", betonte die Vertreterin von Österreichs größter Kinderorganisation. Kinder bräuchten ein soziales Netz. Umso schwerer wiege, dass auch laut Statistik Austria auch in Österreich rund jedes fünfte Kind armuts- bzw. ausgrenzungsgefährdet sei, sagte die Jungschar-Vorsitzende.
Sr. Beatrix Mayrhofer wiederum blickt aus der Perspektive einer Ordensfrau auf die Armut. Ordensfrauen hätten auch in der Geschichte "immer wieder geschaut, wo die Not ist und was es für eine Antwort braucht", erinnerte die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs. In diesem Sinn sei es nach wie vor wichtig, "die Stimme für die zu erheben, die am Rande sind".
Mayrhofer plädierte dafür, "genau hinzuschauen, wer arm macht und wer und was die Räuber zu Räubern macht". Den Dienst speziell von Ordensfrauen sieht sie darin, "in einem einfachen, gemeinsamen und wachen Lebensmodell ein Gegenmodell zum jetzt gängigen neoliberalen Wirtschaftsmodell einzubringen".