Es wird Situationen geben, in denen es angebracht ist, als Priester erkennbar zu sein. Da kann das priesterliche Gewand eine Brücke zu den Menschen sein: Man erkennt, dass man sich vertrauensvoll an jemanden wenden kann.
Es wird Situationen geben, in denen es angebracht ist, als Priester erkennbar zu sein. Da kann das priesterliche Gewand eine Brücke zu den Menschen sein: Man erkennt, dass man sich vertrauensvoll an jemanden wenden kann.
„Die Kutte macht nicht den Mönch“, hat das Konzil von Trient vor gut 450 Jahren festgestellt. Dennoch gibt es auch heute noch kirchliche Kleidungsregeln nicht nur für Ordensleute, sondern auch für Weltpriester. Aber welchen Sinn haben Vorschriften für priesterliche Kleidung außerhalb des Gottesdienstes heute noch?
Die Ansichten gehen auseinander.
Beim Aufräumen im Pfarrhaus-Keller taucht sie auf: Die schwarze Soutane, die ein früherer Pfarrer getragen haben muss. Sie erinnert heute mehr an ein Filmkostüm als an eine Amtskleidung. Das liegt daran, dass die Soutane „aus der Mode“ gekommen ist. Priesterliche Kleidung kennt man aber auch heute: Kollar, Oratorianerkragen oder ein Kreuz am Revers.
Wie Priesterkleidung außerhalb der Gottesdienste aussieht, muss laut Kirchenrecht die jeweilige Bischofskonferenz festlegen. Die letzte Regelung für Österreich stammt aus dem Jahr 1991: „Bei liturgischen Funktionen soll grundsätzlich der Talar getragen werden, sonst für gewöhnlich das Priesterzivil, besonders in der Schule.“
Weggefallen ist offenbar der 1969 enthaltene Halbsatz: „in begründeten Fällen Laienzivil (dunkle Kleidung) mit einem Kreuz auf dem Kragenaufschlag.“
Im Direktorium der Kleruskongregation für Dienst und Leben der Priester (1994) heißt es, Priester sollten Kleidung tragen, die „verschieden von der Art der Kleidung der Laien zu sein hat“. In den „Augen der Gemeinde“ solle die Priesterkleidung „unmissverständliches Zeichen seiner (des Priesters, Anm.) Hingabe“ sein.
Interessiert die Gläubigen, was der Pfarrer anhat? „Das hängt davon ab, welches Bild sie von den Amtsträgern haben“, sagt der Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner. „Für die einen ist es ein Stück der göttlichen Welt, die dort repräsentiert wird: der heilige Mann oder der göttliche Außenseiter, wie Adolf Holl gesagt hat. Auf der anderen Seite gibt es eine Theologie, welche die Gemeinschaft des Gottesvolkes betont: Der Priester ist ein Bruder unter Brüdern und Schwestern, er ragt nicht hervor – eher ist er der Fußwascher, welcher der Gemeinde dient. Sein Markenzeichen ist die Schürze, nicht der Talar oder das Kollar. Die eine Entwicklung zeugt von einem Standesdenken, die andere davon, keine klerikalen Unterschiede zu machen“, erläutert Zulehner. Für zwingend durchsetzbar hält er Kleidervorschriften nicht mehr: „Es gibt Dinge, bei denen das Leben stärker ist als die Vorschriften.“
Roland Buemberger, Regens des Priesterseminars Innsbruck-Feldkirch, differenziert: Es sei einerseits gut, Vorschriften und den Sinn dahinter zu kennen: „Andererseits ist es wichtig, angehende Priester zu einem pastoralen Gespür zu führen. Es wird Situationen geben, in denen es angebracht ist, als Priester erkennbar zu sein. Da kann das priesterliche Gewand eine Brücke zu den Menschen sein: Man erkennt, dass man sich vertrauensvoll an jemanden wenden kann. In anderen Situationen kann die priesterliche Kleidung hinderlich sein, weil sie auch zu große Distanz oder Abgehobenheit ausdrücken kann und dann jemand meint: Der ist anders als wir.“
In großen Seelsorgeräumen und in der Stadt sei Sichtbarkeit durch priesterliche Kleidung nützlich. „Mein Ideal ist freilich, dass man im eigenen Dorf den Pfarrer am Gesicht erkennt“, sagt Buemberger.
Ursprünglich unterschieden sich Priester in ihrer Alltagskleidung nicht von Laien. Im Mittelalter entstanden erste Vorschriften für das Gewand, das außerhalb der Messe getragen wird – und das mit der Gelehrtenkleidung verwandt ist.
Die Warnungen der Konzile von Vienne (1311–12) und Trient (1545–1563) gehen – neben einer Abgrenzung zur Laiensphäre – in die Richtung, Bescheidenheit zu betonen. Für Regens Buemberger ist Bescheidenheit heute noch ein Thema: „Die priesterliche Kleidung hat etwas mit dem Versprechen der Einfachheit zu tun. Als Priester brauche ich keinen vollen Kleiderschrank mit Markenkleidung oder mit Kleidung für alle möglichen Anlässe. Das Kollar genügt. Es gehört aber mehr dazu: Ich kann nicht Kollar tragen und gleichzeitig das teuerste Auto fahren.“
Das Kollar sei für alle Anlässe geeignet: „Ob bei den Armen, beim Trauergespräch, bei einer Hochzeit, in der Schule oder auf einem Ball: Es passt immer.“ Die Soutane aber ist in Mitteleuropa kaum mehr verbreitet, sagt der Regens: „Sie drückt sehr viel Distanz aus. Und ein Mann in langen Kleidern auf der Straße ist im Orient passend, wirkt aber bei uns heute unnatürlich.“
Der dahinter stehende Gedanke, man gehöre einem anderen Stand an, sei heute zu hinterfragen. Bei Ordenspriestern spreche – sehr passend – ihr Habit zeichenhaft dafür, von welcher Ordensgemeinschaft sie kommen. Das Kollar für Diözesanpriester sei weniger exotisch aber deutlich, sagt Buemberger. In der Kirche war eine Zeit lang zum Teil die Haltung zu spüren, dass Kollarträger eher konservativ eingestellt seien. Professor Zulehner warnt in diesem Zusammenhang vor Generalisierungen: „Helmut Schüller, der Obmann der Pfarrer-Initiative und damit ein als aufgeschlossen bekannter Priester, tritt immer wieder mit Kollar auf, auch im Fernsehen.
Er will wohl demonstrieren: Das Kollar lässt sich nicht durch konservative Positionen vereinnahmen, sondern ist eine legitime Art, die Kirche in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.“ Unbedingt hält das Zulehner selbst nicht für notwendig: „Die Kirche hat auch andere Möglichkeiten, präsent zu sein.“
Roland Buemberger spricht aus seiner Erfahrung: „Als ich Pfarrer war, brauchte ich im Ort nicht durch eine spezielle Kleidung erkennbar sein, weil die Leute wussten, wer ich bin. In einem fremden Umfeld merke ich aber: Die Menschen haben ein ganz anderes Vertrauen, wenn man in Priesterkleidung unterwegs ist. Mit einem Blick ist man erkennbar und es braucht nicht viele Worte.“
Rang und Ehre
Bei allen Aufrufen zur Bescheidenheit darf nicht vergessen werden, dass Klerikerkleidung auch als Rangabzeichen dienen.
Bischof und Monsignores haben rote Knöpfe und Knopflöcher an ihrer Soutane und violette Zinguli. Die Farbe der Kardinäle ist Purpur.
Darüber hinaus gibt es viele weitere Unterscheidungsmerkmale, die Klerikerkleidung zu einer Wissenschaft für sich machen.
Einige wurden im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils abgeschafft, aber manche historische Sonderrechte überlebten: So dürfen zum Beispiel Salzburger Erzbischöfe als ständige Päpstliche Legaten Purpur tragen, ohne Kardinal zu sein.
Einem Vorstoß von Papst Paul VI., dies abzuschaffen, hat Erzbischof Karl Berg einst durch „Aussitzen“ widerstanden.
Priester der Diözese Würzburg bekamen das Ehrenrecht, an der Soutane auch dann eine violette Knopfleiste tragen zu dürfen, wenn sie nicht Monsignori sind.
Hintergrund dafür ist, dass 1818 Bamberg und nicht die ältere Diözese Würzburg Erzbistum wurde. Die Knopfleiste war quasi der „Trost“.
Über die Sinnhaftigkeit dieser Rechte darf wohl diskutiert werden.
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at