Jesus Christus hat für alle Menschen aller Zeiten etwas vollbracht, was kein Mensch von sich aus leisten kann.
Jesus Christus hat für alle Menschen aller Zeiten etwas vollbracht, was kein Mensch von sich aus leisten kann.
Dogmatik-Professor Karl-Heinz Menke (am 2. März in Wien) über die Einzigkeit des Christentums und die Mitte des Christseins. Ein Interview des SONNTAG.
Worin besteht kurz gesagt die Einzigkeit des Christentums?
Karl-Heinz Menke: Das Christentum steht und fällt mit der Überzeugung, dass Jesus mehr war als ein bloßer Prophet, mehr als ein bloßes Medium oder Sprachrohr, nämlich die Offenbarkeit Gottes selbst; und dass er deshalb imstande war, Gott auch dahin zu tragen, wo die Sünde Hölle bedeutet und sich als kreuzigender Hass erweist.
Christen bekennen mit dem Alpha und dem Omega, das sie auf die Osterkerze zeichnen, dass Jesus Christus für alle Menschen aller Zeiten – seien sie Christen oder Nichtchristen – etwas vollbracht hat, was kein Mensch von sich aus leisten kann.
Warum zeigt sich in der Sakramentalität der Kirche das Wesen des Katholizismus?
Karl-Heinz Menke: Luthers Schlüsselerlebnis war die Befreiung von dem Versuch, sich selbst vor Gott durch Verdienste und Werke rechtfertigen zu wollen. Der Reformator hat etwas Urkatholisches wiederentdeckt: die Freude, von dem in Christus offenbaren Gott unbedingt geliebt zu sein.
Katholiken betonen im Unterschied zu den Protestanten, dass der Erlöser den Sünder nicht zum passiven Empfänger seiner Vergebung degradiert, sondern zum sichtbaren Zeugen und Darsteller (Sakrament) seiner Liebe erhebt.
Anders gesagt: Wir dürfen sein, was wir empfangen. Deshalb ist die Kirche (die Gemeinschaft der Getauften) nicht nur Empfängerin, sondern auch Mittel und Werkzeug (Sakrament) des Erlösers.
Deshalb spricht das von Papst Johannes Paul II. zur Jahrtausendwende veröffentlichte Dokument „Dominus Iesus“ nicht nur von der Einzigkeit und Heilsuniversalität Jesu Christi, sondern auch von der Einzigkeit und Heilsuniversalität der Kirche.
Wie lässt sich zeigen, dass auch heute der Gott Jesu Christi in ein Menschenleben hineinwirken kann?
Karl-Heinz Menke: Würde man das Handeln Gottes im Sinne eines Beweises „zeigen“ können, dann gäbe es keine Leugnung Gottes. Nicht alle Menschen, die vor zweitausend Jahren Jesus in Palästina begegnen durften, haben seine Einzigkeit erkannt. Dieses Erkennen setzt den Glauben voraus, der täglich mit Gott spricht.
Ich habe schwerkranke Menschen erlebt, die betend Christus so in ihre Schwäche „hinein-gelassen“ haben und überzeugt sind, im Vertrauen auf Ihn z. B. den Krebs besiegt zu haben.
Und es gibt auch heute noch Menschen, die – obwohl außerordentlich erfolgreich im Sinne einer weltlichen Karriere – alles hinter sich lassen, weil sie überzeugt sind, Christus habe sie – zum Beispiel durch eine bestimmte Begebenheit oder durch einen bestimmten Menschen –in seine besondere Nachfolge gerufen.
Was ist die Mitte des Christseins?
Karl-Heinz Menke: Ein Christ weiß sich mit dem einzigen Geschöpf verbunden, das für immer untrennbar ist von Gott, nämlich mit dem Menschen Jesus. Die Mitte des Christseins wird sichtbar, wo immer ein Mensch den sakramental gegenwärtigen Erlöser in sich selbst Gestalt annehmen lässt.
Ein Beispiel für solche „Eingestaltung“ ist für mich ein befreundetes Bonner Ehepaar. Die beiden können keine eigenen Kinder bekommen. Deshalb haben sie sich vor einigen Jahren entschlossen, ein Kind zu adoptieren – nicht ein Kind nach eigenen Maßstäben und Begriffen, nach eigenen Wunschvorstellungen und Leistungsidealen, sondern ein neurotisch auf sich selbst fixiertes Kind.
Die beiden sind überzeugt: In der gemeinsamen Verbundenheit mit Christus können sie dieses Kind „un-bedingt“ lieben und dadurch mehr bewirken als alle Ärzte und Psychologen zusammen.
Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Menke
lehrt Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.
ERKLÄRUNG "DOMINUS IESUS" ÜBER DIE EINZIGKEIT UND DIE HEILSUNIVERSALITÄT JESU CHRISTI UND DER KIRCHE
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„Theologischer Tag“
Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Menke (Professor für Dogmatik in Bonn) sprach beim „Theologischen Tag“ (2. März, 9.30 bis 16 Uhr) im Wiener Don Bosco-Haus zum Thema „Christentum als Stellvertretung. Zu Fragen nach dem Wesen und der Mitte unseres Christseins“.
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