Aus dem Buch Exodus, Kapitel 20, Vers 4: „Du sollst dir kein Gottesbild machen.“
Aus dem Buch Exodus, Kapitel 20, Vers 4: „Du sollst dir kein Gottesbild machen.“
Warum wir uns kein konkretes Bild von Gott machen dürfen und warum es dennoch „Bilder“ (Ikonen) von Jesus Christus geben darf. Der Jesuit Dominik Markl, Bibliker in Rom, ist demnächst in Wien.
Was heißt es, dass wir uns kein Bild von Gott machen dürfen?
Markl: Das Alte Testament verbietet konkrete Bilder von Göttern, die in der alten Welt üblich waren: Statuen oder Symbole aus Holz, Stein, Metall.
Das bedeutet, dass kein materielles Ding in der Welt Gott darstellen oder göttliche Macht haben kann.
Es bedeutet auch, dass Gott, der Schöpfer des Universums, nicht in unserer kleinen Welt eingesperrt und verzweckt werden kann, auch nicht in einem Tempel oder in der Kirche.
Das Bilderverbot bedeutet nicht, dass wir über Gott nicht ‚in Bildern‘ sprechen dürften. Die Bibel spricht über Gott in zahlreichen Bildern: Fels, Festung, Licht, verzehrendes Feuer, Mutter, Vater etc.
Spirituell bedeutet das Bilderverbot aber auch, dass wir Gott nicht auf ein bestimmtes Bild festlegen dürfen. Die Bibel hilft uns, in immer neuen Bildern von Gott zu sprechen, um unsere Wahrnehmung der göttlichen Gegenwart in unserem Leben immer weiter werden zu lassen.
Warum können wir von Gott nur in bildhafter Sprache reden?
Markl: Philosophen haben seit der Antike versucht, von Gott in theoretischer Weise zu sprechen, ohne Bilder.
Dabei landet man aber vor allem bei der Erkenntnis, dass wir über Gott nichts von dem sagen können, was wir über alle anderen Dinge aussagen können. Letztlich können wir dann kaum sinnvoll über Gott sprechen – das ist die sogenannte negative Theologie.
Die Bibel spricht über Gott, indem sie von spiritueller Lebenserfahrung ausgeht. In Geschichten und Gedichten bringen spirituelle Menschen zum Ausdruck, dass Gott nicht ein abstraktes, theoretisches Konstrukt, sondern in einer Beziehungswirklichkeit erfahrbar ist, die das ganze Leben, die ganze Welt, durchdringt.
Warum kann es „Bilder“ (Ikonen) von Jesus Christus geben?
Markl: Die Kirche hat sogar gewalttätige Auseinandersetzungen über diese Frage erlebt. Das zweite Konzil von Nizäa stellte im achten Jahrhundert fest, dass die Verehrung (im Gegensatz zu Anbetung) von Ikonen erlaubt ist.
Die lebendige Tradition besonders der östlichen Kirchen bezeugt, dass Ikonen, die aus der Betrachtung der Bibel heraus ‚geschrieben‘ sind, eine Hilfe auf dem Weg zur Begegnung mit Christus sein können.
Welchen Weg weist Kontemplation im Hinblick auf Bild und Bildlosigkeit?
Markl: Verschiedene kontemplative Traditionen weisen uns auf unterschiedliche Wege. In manchen Traditionen kommt es von vornherein darauf an, unsere Vorstellung und unser Denken ganz abzulegen, nur im Atem und im Moment offen und leer zu sein.
Andere Traditionen wie die Lectio Divina oder die ignatianische Betrachtung weisen der Phantasie und dem Denken eine wichtige, vorbereitende Rolle zu.
Aber auch sie führen zu einer Präsenz in der Gegenwart Gottes, jenseits jeder Vorstellung und jedes Gedankens.
2. Symposium Kontemplation im Kardinal König-Haus:
„Bild und Bildlosigkeit: Kontemplation als Weg der Befreiung“, u. a. mit Dominik Markl und Christoph Benke.
22. 5. 2015, 15 Uhr bis 23. 5., 15 Uhr.
Tel.: 01/804 75 93 oder
E-Mail: office@kardinal-koenig-haus.at
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