"Leider zu Shopping-Tag umgewandelter" Festtag Maria Empfängnis soll Anlass zum Nachdenken über eigenes Lebensgeheimnis sein, unterstreicht Kardinal Schönborn bei Hochamt im Stephansdom.
"Leider zu Shopping-Tag umgewandelter" Festtag Maria Empfängnis soll Anlass zum Nachdenken über eigenes Lebensgeheimnis sein, unterstreicht Kardinal Schönborn bei Hochamt im Stephansdom.
Kardinal Schönborn in Festmesse zu Maria Empfängnis am 8. Dezember 2014 im Wiener Stephansdom.
Der Mensch steht in einer Schuld- und zugleich in einer Heilsgeschichte. Darauf hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, in der Festmesse zum Hochfest Maria Empfängnis am Montag, 8. Dezember 2014 im Stephansdom hingewiesen.
Mit dem in der Lesung des Tages beschriebenen Sündenfall im Paradies beginne nach biblischem Zeugnis eine Verstrickung in eine Unheilsgeschichte, die seit den Anfängen der Menschheit tagtäglich anschaulich werde.
Zu dieser unausweichlichen Verwobenheit gehöre aber auch untrennbar der Dank an Gott, der jeden Menschen "wunderbar geschaffen" habe und mit ihm "vertraut auf all seinen Wegen" sei. Der Apostel Paulus spreche im Neuen Testament davon, dass der Mensch von Gott "erwählt vor der Grundlegung der Welt" sei - und somit gewollt, bejaht, geliebt, wie Schönborn sagte.
Diese Dualität von Schuldverstrickung und Heilszusage finde sich im genetischen Code jedes Menschen, ja im gesamten Universum, wie der Kardinal betonte. Maria, unbefleckt empfangen von ihrer Mutter Anna und nach christlicher Überzeugung somit "ganz und gar in der Gnadengeschichte Gottes", setze mit ihrem unbedingten Ja einen Neuanfang der Heilsgeschichte. Dies solle am Festtag der Immaculata, der "leider zu einem Shopping-Tag umgewandelt" worden sei, Anlass zum Nachdenken über das eigene Lebensgeheimnis sein, rief Schönborn auf.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst im Stephansdom u.a. mit Anton Bruckners Messe in e-Moll, Ausführende waren der Wiener Domchor, das Bläserensemble der Dommusik St. Stephan sowie Ernst Wally unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Landerer. Zum Einsatz kam auch erstmals das neue Podest für den Domchor.
Der kirchliche Feiertag Maria Empfängnis am 8. Dezember wurde in allen katholischen Pfarren und Diözesen Österreichs festlich begangen. Ein vielfältiges Brauchtum kennzeichnet das Marienfest, wobei mehrere der Traditionen erst in den vergangenen Jahren neu eingeführt oder wiederentdeckt wurden und teils rege Beteiligung erfahren. Segensfeiern für Schwangere gehören dazu ebenso wie Weihen der Diözese an die Gottesmutter oder "Immaculata"-Feiern mit Lichterprozessionen, die es auch in der Wiener Innenstadt gab.
Der Wiener Marien-Umzug, den Kardinal Schönborn am Montagnachmittag leitete, begann bei der Mariensäule vor der Kirche Am Hof, ehe die Mitfeiernden - darunter mehrere hundert Ministranten und Fackelträger aus der ganzen Erzdiözese Wien - mit Blasmusik-Begleitung über den Graben zum Stephansdom zogen. Nach dem Einzug in den Dom mit der Maria-Pocs-Ikone folgte eine Marienvesper mit Weihbischof Stephan Turnovsky mit abschließendem Pontifikalsegen.
Sowohl die Wiener Mariensäule - als Ausgangspunkt der Prozession - wie auch der Maria-Empfängnis-Tag allgemein gehen auf den Dreißigjährigen Krieg zurück: Kaiser Ferdinand gelobte 1645, als die protestantischen Schweden vor der Toren Wiens standen, die besondere Verehrung der Unbefleckten Empfängnis in seinen Ländern in Form eines öffentlichen Feiertages sowie die Errichtung einer Gnadensäule, sofern die Gefahr abgewendet würde - was auch geschah. Die Säule am Hof wurde daraufhin 1647 errichtet und der Feiertag am 8. Dezember eingeführt. Von 1938 bis 1953 ausgesetzt, wurde der Feiertag im Jahr 1954 in Österreich nach einer Unterschriftenaktion mit 1,5 Millionen Unterstützern wieder eingeführt.