Weihnachten 2015. Am 27. Oktober: Flüchtlinge an der slowenisch-österreichischen Grenze warten in der Nacht auf die Erlaubnis zum Grenzübertritt.
Anselm Grün:
Was Gott durch den Adventkranz sagt
Wenn es einmal ganz still wäre
Weihnachten 2015. Am 27. Oktober: Flüchtlinge an der slowenisch-österreichischen Grenze warten in der Nacht auf die Erlaubnis zum Grenzübertritt.
Anselm Grün:
Was Gott durch den Adventkranz sagt
Wenn es einmal ganz still wäre
Weihnachten 2015: Was Gott uns zutraut
Wir können in diesem Jahr nicht Weihnachten feiern, ohne an all die Menschen zu denken, die auf der Flucht sind, die zu uns gekommen sind, um bei uns Zuflucht zu suchen oder gar eine neue Heimat zu finden.
Als Jesus geboren wurde – so sagt uns der Evangelist Matthäus – mussten seine Eltern mit ihm vor der tödlichen Gewalt des Königs Herodes nach Ägypten fliehen.
Jesus hat als Kind das gleiche Schicksal erlebt, das heute viele Menschen erleben, die vor der Gewalt von Terroristen fliehen.
Jesus selbst war Fremdling in einem unbekannten Land. Er hat die Not der Flüchtlinge am eigenen Leib erlebt. So ist er zur Hoffnung für alle geworden, die wie er aus ihrer Heimat vertrieben werden.
Gott hat – so berichtet uns der Evangelist Matthäus – nach der Anbetung der Weisen aus dem Osten dem Josef einen Engel im Traum geschickt. Der Engel befiehlt dem Josef, das Kind und seine Mutter zu nehmen und nach Ägypten zu fliehen. Der Engel befreit das Kind aus dem Machtbereich des grausamen Herodes und führt es sicher nach Ägypten. Ägypten ist das Land der Fremde.
Israel hatte 400 Jahre als Fremdling in Ägypten gelebt. Jetzt macht Jesus diese Erfahrung eines Flüchtlings. Er wird solidarisch mit all den Menschen, die heute vor der Gewalt fliehen müssen.
Das göttliche Kind hatte seine Eltern, die ihm einen Schutzraum bieten konnten, auch in der Fremde.
Heute traut uns Gott zu, dass wir dem einen oder anderen Fremden auch so einen Schutzraum bieten können, dass wir ihm vermitteln dürfen: „Du bist willkommen. Ich erkenne in dir den Bruder und die Schwester Jesu Christi, auch wenn du einen anderen Glauben hast.“
Wir feiern Weihnachten in einer unruhigen Welt. Aber genauso unruhig war die Welt auch, als Jesus in Bethlehem geboren wurde. Gott ist Mensch geworden. Er ist der Bruder aller Menschen geworden.
Er hat diese scheinbar so gottlose Welt aufgesucht, um auf ihr eine andere Botschaft zu verkünden, die Botschaft der Liebe und des Friedens.
Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest, ein Fest, an dem Sie erfahren dürfen: Die Liebe ist stärker als der Hass. Das Licht vertreibt alle Dunkelheit. Der Friede überwindet den Hass.
Und ich wünsche Ihnen, dass Sie die Geborgenheit, die Maria ihrem göttlichen Kind schenkt, an Weihnachten erfahren dürfen.
Wenn Gott mitten unter Ihnen ist und wenn er in Ihnen geboren wird, dann wird die Welt für Sie Heimat.
Denn dort, wo Gott, das Geheimnis, unter uns ist, da entsteht für uns Heimat. Und da werden wir fähig, auch für andere zu einem Ort zu werden, an dem sie sich daheim fühlen.
„Heute traut uns Gott zu,
dass wir dem einen oder anderen Fremden auch so
einen Schutzraum bieten können, dass wir ihm vermitteln dürfen:
Du bist willkommen.“
Anselm Grün OSB (*14. Januar 1945 in Junkershausen als Wilhelm Grün) ist ein deutscher Benediktinerpater, Autor spiritueller Bücher, Referent zu spirituellen Themen, geistlicher Berater und Kursleiter für Meditation, Kontemplation, geistliches Leben etc. Er ist einer der meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher wurden in mindestens dreißig Sprachen übersetzt.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
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